Sharon: die Frau, die zweimal starb
Alzheimerschen Krankheit?«
»Was?«
»Man trifft jeden Tag neue Leute. Ist das nicht fürchterlich? Hat mein Boss mir erzählt. Glaubst du, dass er mir damit noch irgendetwas sagen wollte?«
»Wahrscheinlich.«
»Das glaube ich auch. Der Hundesohn.«
»Olivia, du musst mir einen Gefallen tun!«
»Und ich dachte schon, du bist hinter meinem Körper her.«
Ich dachte an Olivias Körper, der demjenigen Alfred Hitchcocks ähnelte, und musste lachen.
»Das auch«, sagte ich.
»Große Worte! Was brauchst du, Liebling?«
»Hast du immer noch Zugang zu den Krankenhausberichten?«, fragte ich.
»Machst du Witze? Wir haben verschiedene: Medi-Cal, Medicare, Short-Doyle, Workman’s Comp, CCS, AFDC, FDI, ATD - jede Art von Liste, die du dir vorstellen kannst, die ganze Alphabetsuppe durch. Diese Jungs verstehen was von Geld, Alex. Die wissen, dass sie quetschen können, bis es quietscht, die holen den letzten Cent raus aus einem Anspruch. Mein Boss ist nach dem Praktikum zurück auf die Schulbank und hat sich seinen Magister in Betriebswirtschaft geholt.«
»Ich versuche herauszubekommen, wo eine frühere Patientin von mir sich heute befindet. Sie war behindert, brauchte ständig Hilfe und lebte in einem kleinen Rehabilitationskrankenhaus in Glendale - auf South Brand. Der Laden ist nicht mehr da, und ich kann mich nicht mehr erinnern, wie er hieß. Klingelt’s bei dir da irgendwie?«
»Brand Boulevard? Nein. Viele solcher Häuser gibt’s nicht mehr. Alles wird zu Gesellschaften - diese schlauen Jungs haben es sicher einfach an irgendein Konglomerat in Minneapolis verkauft. Wenn sie völlig behindert ist, wäre das ATD. Falls teilweise und sie noch gearbeitet hat, könnte sie in FDI sein.«
»ATD«, sagte ich. »Käme auch Medi-Cal in Frage bei ihr?«
»Klar. Wie heißt diese Person?«
»Shirlee Ransom, mit zwei ›e‹. Vierunddreißig Jahre alt, mit einem Geburtstag im Mai. 15. Mai 1953.«
»Diagnose?«
»Sie war mehrfach behindert. Die Hauptdiagnosen waren wahrscheinlich neurologischer Art.«
»Wahrscheinlich? Ich dachte, sie war eine Patientin von dir?«
Ich zögerte. »Es ist kompliziert, Olivia.«
»Aha. Du begibst dich aber nicht aufs Glatteis?«
»Nichts dergleichen, Olivia. Es sind hier nur ein paar vertrauliche Mitteilungen im Spiel. Tut mir leid, ich darf dir nichts erzählen, und wenn es zu viel verlangt ist -«
»Hör auf mit diesen Redereien. Du forderst mich hier nicht zu einem Verbrechen auf.« Pause. »Stimmt’s?«
»Stimmt.«
»Okay, was das Rankommen an die Daten angeht: Unser Online-Zugang ist auf in Kalifornien behandelte Patienten beschränkt. Wenn diese Miss Ransom immer noch irgendwo in Kalifornien in Behandlung ist, kann ich dir die Information sofort beschaffen. Wenn sie heute außerhalb des Staates lebt, müßte ich mich an die Zentralkartei in Minnesota wenden, und das würde vielleicht sogar bis zu einer Woche dauern. Jedenfalls: Wenn sie Geld von der Regierung kriegt, besorge ich dir ihre Adresse.«
»So einfach?«
»Klar. Jeder ist im Computer. Wir stehen alle bei irgendwem auf der Liste. So ein Boss mit einem großen Zentralcomputer hat alles über dich - was du heute Morgen zum Frühstück gegessen hast, Liebling.«
»Privatleben, der letzte Luxus«, sagte ich.
»Das ist deine Theorie. Pack sie ein, bring sie auf den Markt. Verdien eine Milliarde damit.«
16
Am Freitagmorgen bestellte ich bei Sky West einen Flug nach San Luis für Samstag. Um neun Uhr morgens rief Larry Daschoff an und sagte, er hätte eine Kopie des Pornovideos.
»Ich habe mich geirrt. Kruse hat es gemacht - muss eine Art persönlicher Befriedigung für ihn dabei sein. Wenn du sie immer noch sehen möchtest: Ich habe eineinhalb Stunden Zeit zwischen den Patienten«, sagte er. »Von zwölf Uhr bis halb zwei. Triff mich in dem Laden, und wir gucken uns’ne Matinee an.«
Er nannte eine Adresse in Beverly Hills. Jetzt war es Zeit, die Wahrheit ans Tageslicht zu bringen. Mir war übel. Ein unreinliches Gefühl.
»Alex?«
»Ich komme.«
Die Adresse war am North Crescent Drive in den Beverly Hills Flats - der teuren Gegend, die sich vom Santa Monica Boulevard bis Sunset und von Doheny West bis zum Beverly Hilton Hotel erstreckt. Häuser in den Flats gibt es von abbruchreifen Zweiraumwohnungen, die in einer Arbeitersiedlung kaum auffallen würden, bis zu Herrenhäusern, groß genug, ein abgebrühtes Politikerego zu begeistern. Die abbruchreifen Wohnungen gehen für anderthalb Millionen weg. All
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