Sharpes Festung
bereits geflüchtet waren, was darauf schließen ließ, dass sie nervös waren, war dies der Tag, an dem sich die Götter endlich gegen die Briten wenden würden.
»Ich habe heute Morgen zwei Adler vor der Sonne gesehen«, sagte Bappu nachdenklich.
Na und?, dachte Dodd. Die verdammten Inder sind großartig im Weissagen. Sie starren immer in Töpfe mit Öl oder konsultieren heilige Männer oder machen sich Sorgen wegen eines unerwartet herabfallenden Blattes, doch es gab keine bessere Weissagung des Sieges als der Anblick eines Feindes, der die Flucht ergriff, bevor er auch nur das Schlachtfeld erreicht hatte.
»Ich nehme an, die Adler bedeuten den Sieg?«, fragte Dodd höflich.
»So ist es«, stimmte Bappu zu. Und die Weissagung legte nah, dass der Sieg seiner sein würde, ganz gleich, welche Taktik er benutzte, was ihn dazu veranlasste, nichts Neues auszuprobieren. Prinz Manu Bappu hatte noch nie gegen die Briten gekämpft, aber ebenso wenig hatten die Briten den Löwen Allahs in einer Schlacht gegenübergestanden. Und die zahlenmäßig größere Anzahl sprach zu Bappus Gunsten. Er blockierte den britischen Vormarsch mit vierzigtausend Mann, während die Rotröcke nicht mal ein Drittel dieser Anzahl aufbieten konnten. »Wir werden warten«, entschied Bappu, »und den Feind näher kommen lassen.« Er würde ihn erst mit Kanonenfeuer zerschmettern und dann mit Musketenfeuer vernichten. »Vielleicht werde ich die Löwen Allahs einsetzen, wenn die Briten näher heran sind, Colonel«, sagte er, um Dodd zu beruhigen.
»Ein Regiment wird nicht reichen«, sagte Dodd. »Nicht einmal Ihre Araber. Werfen Sie jeden Mann nach vorne, die gesamte Linie.«
»Vielleicht«, sagte Bappu vage, obwohl er nicht vorhatte, seine Infanterie vor den kostbaren Geschützen vorrücken zu lassen. Er hatte es nicht nötig. Die Vision der Adler hatte ihn vom Sieg überzeugt, und er glaubte, dass seine Kanoniere diesen Sieg erringen würden. Er stellte sich tote Rotröcke auf dem Ackerland vor. Er würde Vergeltung für Assaye üben und beweisen, dass die Rotröcke wie jeder andere Feind sterben konnten. »Reiten Sie zu Ihren Männern, Colonel Dodd«, sagte er ernst.
Dodd zog sein Pferd herum und galoppierte zur rechten Seite der Linie, wo seine Kobras in vier Reihen warteten. Es war ein feines Regiment, hervorragend ausgebildet. Dodd hatte es aus der Belagerung von Ahmadnagar befreit und dann aus dem Chaos von Assaye herausgeholt. Zwei Niederlagen, doch Dodds Männer hatten nie mit der Wimper gezuckt. Das Regiment war ein Teil von Sindhias Armee gewesen, doch nach Assaye hatten sich die Kobras mit der Infanterie des Radschas von Berar zurückgezogen, und Prinz Manu Bappu, aus dem Norden gerufen, um das Kommando über Berars arg mitgenommene Truppen zu übernehmen, hatte Dodd überredet, seine Loyalität gegenüber Sindhia auf den Radscha von Berar zu übertragen. Dodd hätte seine Loyalität ohnehin gewechselt, denn der entmutigte Sindhia suchte nach einer Möglichkeit, Frieden mit den Briten zu schließen. Bappu hatte zudem der Überredung Dodds mit Gold, Silber und einer Beförderung zum Colonel Nachdruck verliehen. Dodds Männern, allesamt Söldner, war es gleichgültig, welchem Herrn sie dienten, solange ihre Geldbeutel voll waren.
Gopal, Dodds Stellvertreter, begrüßte die Rückkehr des Colonels mit einem bekümmerten Blick. »Wir rücken nicht vor?«
»Er will, dass die Geschütze die Arbeit erledigen.«
Gopal hatte Zweifel in Dodds Stimme gehört. »Und das werden sie nicht?«
»Das haben sie schon in Assaye nicht geschafft«, sagte Dodd mürrisch. »Verdammt! Wir sollten hier überhaupt nicht gegen sie kämpfen! Gib Rotröcken nie offenes Terrain. Wir sollten die Bastarde auf Wälle klettern und Flüsse durchqueren lassen.«
Dodd war nervös, weil er eine Niederlage befürchtete, und er hatte auch Grund dazu, denn die Briten hatten einen Preis auf seinen Kopf ausgesetzt. Dieses Kopfgeld betrug jetzt siebenhundert Guineen, fast sechstausend Rupien, und all das wurde in Gold demjenigen versprochen, der William Dodd tot oder lebendig bei der East India Company ablieferte. Dodd war Lieutenant in der Armee der Company gewesen, doch er hatte seine Männer angestiftet, einen Goldschmied zu ermorden. Vor dem Prozess war Dodd desertiert und hatte hundert Sepoys auf die Fahnenflucht mitgenommen. Das hatte dazu geführt, dass ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt wurde, und der Preis auf seinen Kopf war gestiegen, nachdem Dodd und seine
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