Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sharpes Festung

Titel: Sharpes Festung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
von Fahnen auf der vom Feind gehaltenen Horizontlinie stand. Langsam zählte er bis sechzig, dann zählte er wieder und erkannte, dass das Geschütz fünf Schuss in zwei Minuten geschafft hatte. Er konnte nicht sicher sein, wie viele Geschütze am Horizont waren, denn eine große Wolke von Pulverrauch verbarg die Sicht darauf, doch er versuchte die Mündungsblitze inmitten des grauweißen Nebels zu zählen und schätzte, dass fast vierzig Kanonen dort feuerten. Vierzig mal fünf Schuss, das waren zweihundert. Also wurden hundert Schuss pro Minute gefeuert, und jeder Schuss, wenn gut gezielt, konnte zwei Mann töten, einen in der vorderen Reihe und einen dahinter. Wenn der Angriff nahe war, würden die Bastarde natürlich Kartätschen verwenden, und dann konnte jeder Schuss ein Dutzend Männer aus der Linie ausschalten. Jetzt stapften die Rotröcke noch schweigend vorwärts, und der Feind schickte Kanonenkugeln den sanften Hang hinab. Viele davon gingen daneben. Einige flogen über die Linie hinweg, ein paar schlugen davor auf, aber die feindlichen Kanoniere waren gut. Sie richteten ihre Kanonen mit der Zeit so aus, dass die Kugeln vom Boden vor der Linie der Rotröcke abprallten, und dann mehrfach hüpften und schließlich in Hüfthöhe oder tiefer doch noch ein Ziel fanden, es »streiften«, wie es die Kanoniere nannten. Wenn der erste Aufschlag zu weit vor der Linie des Feindes erfolgte, verlor die Kugel an Schwung, und die Rotröcke jubelten, wenn sie vor ihnen harmlos ausrollte, und wenn das erste Auftreffen zu nahe an der Angriffslinie geschah, konnte die Kugel über die Rotröcke hinwegfliegen. Die Kunst war, die Kugel so tief zu zielen, dass sie den Rotröcken die Beine wegriss.
    Sharpe ging an einer verschossenen Kanonenkugel vorbei, die zwanzig Schritte vom Opfer entfernt lag und klebrig vom Blut war, auf dem es von Fliegen wimmelte.
    »Aufschließen!«, brüllten die Sergeants, und Männer füllten die Lücken. Die britischen Geschütze feuerten in die Pulverrauchwolke des Feindes, doch ihre Geschosse schienen keine Wirkung zu haben, und so wurden die Geschütze weiter vorwärts befohlen. Die Ochsengespanne wurden herangebracht, die Geschütze aufgeprotzt und die Sechspfünder den Hang hinaufgezogen.
    »Wie Kegeln.« Ensign Venables war an Sharpes Seite aufgetaucht. Roderick Venables war mit sechzehn Jahren der 7. Kompanie zugeteilt worden. Er war der jüngste Offizier des Bataillons gewesen, bis Sharpe hinzugekommen war, und Venables sah es als seine Aufgabe an, Sharpe beizubringen, wie sich Offiziere benehmen sollten. »Sie räumen uns ab wie auf der Kegelbahn, nicht wahr, Richard?«
    Bevor Sharpe etwas erwidern konnte, warfen sich ein halbes Dutzend Männer zur Seite, als eine Kanonenkugel hart und tief auf sie zu hüpfte. Sie peitschte harmlos durch die Lücke, die sie geschaffen hatten. Die Männer lachten, weil sie ihr ausgewichen waren, und dann wurden sie von Sergeant Colquhoun in ihre Reihen zurückbefohlen.
    »Sollten Sie nicht auf der Linken Ihrer Kompanie sein?«, fragte Sharpe Venables.
    »Sie denken immer noch wie ein Sergeant, Richard«, sagte Venables. »Schweineohren ist es gleichgültig, wo ich bin.«
    »Schweineohren« war Captain Lomax. Er hatte seinen Spitznamen nicht wegen irgendeiner Besonderheit seiner Ohren erhalten, sondern weil er eine Leidenschaft für kross gebratene Schweineohren hatte. Lomax war unbeschwert, nicht wie Urquhart, der sich streng an die Vorschriften hielt. »Außerdem«, fuhr Venables fort, »ist dort verdammt wenig zu tun. Die Jungs kennen ihren Job.«
    »Es ist vertane Zeit, ein Ensign zu sein«, sagte Sharpe.
    »Blödsinn! Ein Ensign ist nur ein Colonel in der Ausbildung«, sagte Venables. »Unsere Pflicht, Richard, ist es, eine Zierde zu sein und lange genug am Leben zu bleiben, um befördert zu werden. Aber keiner erwartet von uns, dass wir nützlich sind! Guter Gott! Ein rangniedriger Offizier soll nützlich sein? Das wäre ja ein Hammer.« Venables brach in Gelächter aus. Er war ein aufgeblasener, eitler Junge, aber einer der wenigen Offiziere im 74., die Sharpe Kameradschaft boten. »Haben Sie gehört, dass eine Ersatztruppe nach Madras gekommen ist?«, fragte er.
    »Urquhart hat mir das gesagt.«
    »Frische Männer. Neue Offiziere, dann werden Sie kein Neuling mehr sein.«
    Sharpe schüttelte den Kopf. »Das kommt auf das Datum an, an dem die neuen Männer ihr Patent bekommen haben, nicht wahr?«
    »Nehme ich an. Ganz recht. Und sie müssen von

Weitere Kostenlose Bücher