Sharpes Gefecht
doch er spürte nichts, sondern schwang seine Muskete weiter wie einen Streitkolben. Donaju hatte schon lange keine Kontrolle mehr über seine Männer. Stattdessen kämpfte er genauso wie sie, und ein furchtbares Grinsen verzerrte sein blutverschmiertes Gesicht.
»Haben Sie Runciman gesehen?«, fragte Sharpe.
»Nein.«
»Na ja, er wird schon überleben«, sagte Sharpe. »Er ist nicht der Typ, der in der Schlacht stirbt.«
»Sind wir das?«, fragte Donaju.
»Das weiß Gott allein.« Sharpe ruhte sich kurz an einer Wand aus. Er atmete schwer. »Hast du Loup gesehen?«, erkundigte er sich bei Harper.
»Nein, Sir«, antwortete Harper. »Es ist keine Spur von dem Kerl zu sehen. Aber ich habe das hier für ihn aufgespart.« Er klopfte auf die Läufe seines Salvengewehrs, das er auf dem Rücken trug.
»Nein«, sagte Sharpe. »Der Bastard gehört mir.«
Ein Jubelschrei kündigte einen weiteren Vorstoß irgendwo im Dorf an. Die Franzosen wichen überall zurück, und Sharpe wusste, dass jetzt die Zeit gekommen war, um den Feind davon abzuhalten, sich neu zu formieren. Er führte einen Trupp Männer durch ein Haus, stieg über zwei französische Leichen und einen toten Highlander hinweg und gelangte auf der anderen Seite in einen kleinen Hinterhof. Er trat die Hoftür auf und sah nur wenige Yards entfernt Franzosen.
»Vorwärts!«, schrie er, rannte auf die Straße hinaus und führte seine Männer gegen die Überreste einer Barrikade. Musketen flammten auf, und irgendetwas schlug gegen Sharpes Gewehr, das er auf dem Rücken trug. Dann hackte er sich mit seinem Säbel einen Weg über die Barrikade frei, und die Gardisten wuchteten Karren, Bänke und brennende Strohballen beiseite. In der Nähe brannte ein Haus, und der Rauch ließ Sharpe husten, als er den letzten Rest des Hindernisses wegtrat und ein Bajonett parierte, mit dem ihn ein kleiner, drahtiger Franzose aufspießen wollte. Harper erledigte den Kerl mit seiner Pike. Ein französisches Geschütz feuerte ein Traubengeschoss die Hauptstraße hinauf und warf damit ein Dutzend Highlander zur Seite, doch dann konnten die französischen Kanoniere nichts mehr sehen, denn eine Flut ihrer eigenen Leute versuchte, dem wütenden Gegenangriff der Alliierten über den Dos Casas zu entkommen.
Rechts von Sharpe brüllte jemand, und als er sich umdrehte, sah er Loup höchstpersönlich, der versuchte, die Franzosen wieder zu sammeln. Der Brigadier stand auf den Überresten der alten Steinbrücke, und er verfluchte die fliehenden Franzosen und versuchte, sie mit seinem Säbel zurückzutreiben.
Harper nahm sein Salvengewehr von der Schulter, doch Sharpe drückte es herunter. »Der Scheißkerl gehört mir, Pat.«
Ein paar Rotröcke verfolgten die Franzosen über den Fluss, als Sharpe zur Brücke rannte.
»Loup! Sie Bastard! Loup!«, schrie er. »Loup!«
Der Brigadier drehte sich um und sah den blutüberströmten Rifleman, der auf ihn zurannte. Loup sprang im selben Augenblick von der Brücke, als Sharpe in den Fluss watete. Die beiden Männer trafen sich auf halbem Weg. Bis zu den Oberschenkeln standen sie im blutroten Wasser, das von einer Wand aus Leichen gestaut wurde. Die Säbel schlugen aufeinander. Loup stieß nach Sharpe, doch der parierte und griff seinerseits an. Aber auch sein Hieb wurde abgewehrt. Er trat nach Loups Knie, doch das tiefe Wasser behinderte ihn, und fast wäre er gestürzt. Loup nutzte die Gelegenheit und schlug zu, aber Sharpe fing sich im letzten Augenblick, wehrte den Schlag ab und stieß mit dem Heft nach dem Glasauge des Brigadiers. Der Brigadier sprang rasch zurück, stolperte, erlangte sein Gleichgewicht aber auch rasch wieder und griff erneut an.
Die eigentliche Schlacht ging ebenfalls weiter, doch sowohl die Briten als auch die Franzosen ließen die beiden Fechter in Ruhe. Die Franzosen suchten hinter den Mauern der Gärten am Ostufer Deckung, wo die ersten Angriffe begonnen hatten, und die Briten und Portugiesen jagten die letzten Reste des Feindes aus dem Dorf. Und gleichzeitig droschen im Fluss zwei Berserker aufeinander ein und führten ihre Säbel wie Knüppel.
Der Kampf war ausgeglichen. Loup war zwar der bessere Fechter, doch es fehlte ihm an Sharpes Größe und Reichweite. Außerdem war er es gewohnt, vom Pferd aus zu kämpfen und nicht zu Fuß. Die beiden schlugen, stachen und parierten, doch was sie boten, war keine Fechtkunst, sondern ein groteskes Zerrbild davon. Ihre Bewegungen wurden vom Fluss gebremst, und sie waren müde.
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