Sharpes Gefecht
unverletzten Franzosen so sehr, dass er unwillkürlich die flache Hand ausstreckte, als wolle er den jungen Rifleman anflehen, ihn nicht zu erschießen.
»Ich werde mich um die Bastarde kümmern, Sir«, sagte Perkins und steckte sein Schwertbajonett auf das Gewehr.
Sharpe sah die Kleider des Mädchens, die irgendjemand unter einen grob zusammengezimmerten Tisch geworfen hatte. Er sammelte die verdreckten Sachen ein und gab sie dem Mädchen zurück. Sie war bleich, verängstigt, und sie weinte. Es war ein junges Ding, kaum dem Kindesalter entwachsen.
»Bastarde«, knurrte Sharpe die beiden Gefangenen an. Dann lief er hinaus. Eine Musketenkugel zischte über ihn hinweg, als er sich neben Harper in Deckung warf.
»Die Froschfresser sind gut, Sir«, bemerkte der Ire reumütig.
»Ich dachte, ihr hättet sie im Griff.«
»Na ja, die sehen das offenbar anders«, sagte Harper, lugte aus der Deckung hervor, zielte, schoss und duckte sich wieder. »Die Bastarde sind gut, wirklich gut.« Er lud nach.
Und die Franzosen waren tatsächlich gut. Sharpe hatte erwartet, dass so ein kleiner Trupp Franzosen vor dem Gewehrfeuer fliehen würde, doch stattdessen hatten sie eine Plänklerformation gebildet, und aus einer leicht zu treffenden, dicht marschierenden Kolonne waren viele schwere Ziele geworden. Das halbe Dutzend Dragoner, das die Infanteristen begleitete, war abgesessen und kämpfte nun zu Fuß. Ein Mann hatte rasch die Pferde außer Schussweite geführt, und jetzt drohten die vereinten Karabiner der Dragoner und die Musketen der Infanteristen Sharpes Riflemen zu überwältigen.
Die Baker Rifles waren zwar wesentlich genauer als die Karabiner und Musketen der Franzosen, und sie konnten auf fast viermal so große Entfernung töten, doch sie ließen sich nur langsam laden. Die Kugeln, die allesamt in Leder gewickelt waren, um an den Zügen im Lauf Halt zu finden, mussten förmlich in die Waffe gezwungen werden, während man Musketenkugeln einfach in die glatten Läufe rammen konnte.
Sharpes Männer verzichteten bereits auf die Lederflicken, um schneller laden zu können, doch ohne das Leder konnten die Gewehre ihren größten Vorteil nicht mehr ausspielen: die tödliche Genauigkeit. Hagman und seine drei Kameraden feuerten noch immer vom Hügel hinab, doch sie waren zu wenige, um einen großen Unterschied zu machen, und so bewahrten nur die steinernen Wände des Dorfes Sharpes Riflemen vor der Vernichtung.
Sharpe holte eine kleine Pfeife aus der Tasche an seinem Bandolier. Er pfiff zweimal. Dann nahm er sein eigenes Gewehr vom Rücken, lugte um die Ecke des Hauses und zielte auf eine kleine Rauchwolke weiter unten im Tal. Er schoss. Der Rückschlag trieb ihm das Gewehr im selben Augenblick in die Schulter, als eine französische Musketenkugel die Wand neben seinem Kopf zerfetzte. Ein Steinsplitter schlug in seine vernarbte Wange und riss sie auf. Der Splitter verfehlte das Auge nur um einen halben Zoll.
»Die Bastarde sind wirklich gut«, wiederholte Sharpe widerwillig, was Harper schon anerkennend festgestellt hatte. Dann kündigte eine laute Musketensalve die Ankunft von Harry Price und seinen Rotröcken auf der Hügelkuppe an.
Und bereits Prices erste Salve brachte die Entscheidung. Sharpe hörte eine französische Stimme Befehle schreien, und eine Sekunde später löste sich die Gefechtslinie der Franzosen auf, und sie verschwanden. Harry Price hatte nur noch Zeit für eine weitere Salve, bevor der grauuniformierte Feind außer Reichweite war.
»Green! Horrell! McDonald! Cresacre! Smith! Sergeant Latimer!«, rief Sharpe seinen Riflemen zu. »Geht fünfzig Schritt das Tal runter und bildet eine Sicherungslinie, aber nehmt die Beine in die Hand, wenn sich die Kerle noch einmal umentscheiden und zurückkommen. Und jetzt – Bewegung! Der Rest bleibt hier!«
»Himmel, Sir, Sie sollten mal einen Blick hier reinwerfen.« Harper hatte die Tür der nächsten Hütte mit dem Lauf seines Salvengewehrs aufgestoßen. Die Waffe, ursprünglich für den Enterkampf entworfen, bestand aus sieben Halbzoll-Läufen, die über eine einzige Zündpfanne gezündet wurden. Es war eine Art Miniaturkanone, und nur die größten und stärksten Männer konnten die Waffe abfeuern, ohne sich schwer die Schulter zu verstauchen. Und Harper war einer der stärksten Männer, die Sharpe je gekannt hatte, aber auch einer der sentimentalsten, und jetzt war der große Ire den Tränen nahe. »Oh, Himmel Herr Jesus, der du für uns gelitten hast«,
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