Sharpes Gefecht
sagte Harper und bekreuzigte sich. »Diese Bastarde.«
Sharpe hatte das Blut bereits gerochen, und jetzt schaute er an dem Sergeant vorbei, und vor lauter Ekel bildete sich ein Kloß in seinem Hals. »O Gott«, keuchte er.
Denn das kleine Haus war voller Blut. Die Wände waren damit bespritzt und der Boden damit durchtränkt, und darauf lagen die leblosen Körper von Kindern. Sharpe versuchte, die kleinen Leichen zu zählen, doch er konnte kaum erkennen, wo ein blutüberströmter Körper endete und der nächste begann. Die Kinder waren offensichtlich ausgezogen worden, und dann hatte man ihnen die Kehlen durchgeschnitten. Und man hatte auch einen kleinen Hund getötet und den bepelzten, vom Blut getränkten Kadaver auf die Kinder geworfen, deren Haut auf dem schwarz-roten Blut unnatürlich weiß wirkte.
»Oh, gütiger Herr Jesus«, sagte Sharpe, wich aus den stinkenden Schatten zurück und schnappte nach Luft. Er hatte schon viele schreckliche Dinge in seinem Leben gesehen. Er war in der Londoner Gosse als Sohn einer verarmten Hure geboren worden, und er war den britischen Trommeln von Flandern bis nach Madras gefolgt. Er hatte in den Indischen Kriegen gekämpft und jetzt an den Stränden Portugals und der Grenze zu Spanien, doch noch nie hatte er Kinder gesehen, die man wie abgeschlachtetes Vieh auf einen Haufen geworfen hatte, noch nicht einmal in den Folterkammern des Tippu Sultan in Seringapatam.
»Hier sind noch mehr, Sir!«, rief Corporal Jackson. Jackson hatte sich gerade in der Tür einer Hütte übergeben, wo ein altes Ehepaar blutig auf einem Haufen lag. Sie waren auf nur allzu offensichtliche Art gefoltert worden.
Sharpe dachte an Teresa, die gerade gegen eben diesen Abschaum kämpfte, der seine Opfer folterte und ausweidete, und die Gedanken, die ihm dabei kamen, konnte er einfach nicht ertragen. Also legte er die Hände um den Mund und rief den Hügel hinauf: »Harris! Komm runter!«
Rifleman Harris war der gebildetste Mann der Kompanie. Früher war er mal Schulmeister gewesen, sogar ein respektabler, doch die Langeweile hatte ihn zum Trinker gemacht, und das war sein Ruin gewesen oder zumindest der Grund, warum er zur Armee gegangen war. Allerdings liebte er es noch immer, seine Gelehrsamkeit zur Schau zu stellen.
»Sir?«, sagte Harris, als er im Dorf ankam.
»Sprichst du Französisch?«
»Jawohl, Sir.«
»In dem Haus da sind zwei Froschfresser. Finde heraus, zu welcher Einheit sie gehören und was die Bastarde hier zu suchen hatten. Und, Harris …!«
»Sir?« Der schwermütige, rothaarige Harris drehte sich noch einmal um.
»Du musst mit diesen Bastarden nicht sanft umgehen.«
Selbst Harris, der Sharpe gut kannte, schien vom Tonfall seines Captains entsetzt zu sein. »Jawohl, Sir.«
Sharpe ging über den winzigen Dorfplatz zurück. Seine Männer hatten die beiden Hütten auf der anderen Seite des Bachs durchsucht, dort aber keine Leichen mehr gefunden. Offenbar war das Massaker auf die drei Hütten beschränkt, neben denen Sergeant Harper stand, das Gesicht düster und voller Schmerz.
Patrick Harper war ein Ulsterman aus Donegal. Hunger und Armut hatten ihn einst in die Reihen der britischen Armee getrieben. Er war ein Riese, vier Zoll größer als Sharpe, und der maß schon sechs Fuß. Im Kampf war Harper eine Furcht erregende Gestalt, dabei war er in Wahrheit eher freundlich, humorvoll und gutmütig. Und diese Gutmütigkeit war es dann auch, die den größten Widerspruch in seinem Leben überdeckte, nämlich die Tatsache, dass er den König, für den er kämpfte, nicht gerade liebte, und er hatte auch nicht viel für das Land übrig, das er verteidigte. Dennoch gab es kaum einen besseren Soldaten in der Armee von König George und niemanden, der seinen Freunden gegenüber so loyal war wie Harper. Und diese Freunde waren es dann auch, wofür Harper kämpfte, und der engste dieser Freunde war Sharpe und das trotz ihres unterschiedlichen Rangs.
»Das waren doch nur kleine Kinder«, sagte Harper nun. »Wer tut so was?«
»Die da.« Sharpe deutete mit dem Kopf das schmale Tal hinab, wo sich der Bach mit dem kleinen Fluss vereinte. Die grauen Franzosen hatten dort angehalten. Sie waren zu weit weg für die Gewehre, aber immer noch nahe genug, um zu sehen, was in dem Dorf geschah, das sie geplündert und dessen Bewohner sie massakriert hatten.
»Ein paar der Kleinen sind auch noch vergewaltigt worden«, sagte Harper.
»Das habe ich gesehen«, erwiderte Sharpe tonlos.
»Wie konnten die
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