Sharpes Sieg
»Gab es irgendwelche Probleme?«
»Nein«, antwortete Dodd. »Wir haben keinen einzigen Verlust, nicht mal einen Verletzten, während kein einziger feindlicher Soldat überlebt hat.« Er lächelte, und die Staubschicht auf seinem Wangen bekam Risse. »Kein Einziger.«
»Ein voller Erfolg! Wir müssen den Triumph feiern!« Polmann wies zum Zelt. »Wir haben Wein, verschiedene Sorten. Außerdem Rum, Arrak und sogar Wasser. Kommen Sie, Major.«
Dodd rührte sich nicht. »Meine Männer sind müde, Sir«, gab er zu bedenken.
»Dann sollten Sie sie wegtreten lassen, Major. Sie können in meinem Küchenzelt Erfrischungen zu sich nehmen.«
Dodd ging, um seine Männer zu entlassen. Er war ein schlaksiger Engländer mit länglichem, blassem Gesicht, das verdrossen wirkte. Dodd war einer der äußerst seltenen Offiziere, die von der East India Company desertiert waren, obendrein mit hundertdreißig seiner eigenen Sepoy-Soldaten. Vor drei Wochen war er zu Pohlmann gekommen, und einige von Pohlmanns europäischen Offizieren waren überzeugt gewesen, dass Lieutenant Dodd ein Spion sei, geschickt von den Briten, dessen Armee sich auf einen Angriff des Marathen-Bündnisses vorbereitete, doch Pohlmann war sich dessen nicht so sicher gewesen.
Es stimmte, dass kein anderer britischer Offizier jemals desertiert war wie Dodd, doch wenige hatten Gründe wie Dodd, und Pohlmann hatte ebenfalls Dodds Ehrgeiz, seine Unbeholfenheit, seinen Zorn und sein Können erkannt. Lieutenant Dodds Personalakte zeigte, dass er kein gewöhnlicher Soldat war, seine Sepoys mochten ihn, und er hatte enorme Ambitionen. Pohlmann hatte die Überzeugung gewonnen, dass Dodds Überlaufen sowohl halbherzige als auch echte Gründe hatte. Er hatte Dodd zum Major befördert und ihn dann einem Test unterzogen, indem er ihn nach Chasalgaon geschickt hatte. Wenn Dodd sich als fähig erwies, seine alten Kameraden zu töten, dann war er kein Spion, und Dodd hatte die Prüfung triumphal bestanden, und Sindhias Armee war jetzt mit dreiundsiebzigtausend erbeuteten Patronen bedeutend besser dran.
Dodd kehrte zur Markise zurück und erhielt den Ehrenstuhl auf der rechten Seite von Pohlmanns Diwan. Der Stuhl links davon war von einer Frau besetzt, einer Europäerin, und Dodd konnte kaum den Blick von ihr nehmen, was verständlich war, denn sie war ein außergewöhnlicher Anblick in Indien. Sie war jung, kaum älter als achtzehn oder neunzehn, hatte ein blasses Gesicht und hellblondes Haar. Ihre Lippen waren vielleicht eine Spur zu dünn und ihre Stirn vielleicht ein wenig zu breit, doch es war etwas sonderbar Attraktives an ihr.
Sie hat ein Gesicht, bei dem die Unzulänglichkeiten zur Schönheit werden, dachte Dodd, und sie wirkt verletzlich. Zuerst nahm Dodd an, die Frau sei Pohlmanns Mätresse, doch dann sah er, dass ihr weißes Leinenkleid am Saum ausgefranst und die Spitze an ihrem bescheidenen Kragen geflickt war, und er sagte sich, dass Pohlmann seiner Mätresse niemals erlauben würde, so schäbig gekleidet zu sein.
»Lassen Sie mich Ihnen Madame Joubert vorstellen«, sagte Pohlmann, der bemerkt hatte, wie fasziniert Dodd die Frau angestarrt hatte. »Dies ist Major William Dodd.«
»Madame Joubert?« Dodd dehnte das »Madame«, erhob sich halb und deutete eine Verneigung an.
»Major«, sagte sie mit leiser Stimme und lächelte nervös. Dann senkte sie den Blick auf den Tisch, der mit Mandelgerichten gedeckt war.
Pohlmann schnippte mit den Fingern nach einem Diener und lächelte dann Major Dodd an. »Simone ist verheiratet mit Captain Joubert, und das dort ist Captain Joubert.« Er wies in den Sonnenschein, wo ein kleiner Captain vor dem Bataillon stand, das in der glühenden Sonne stillstand.
»Joubert befehligt das Bataillon, Sir?«, fragte Dodd.
»Niemand befehligt das Bataillon«, antwortete Pohlmann. »Aber bis vor drei Wochen wurde es von Colonel Mathers geführt. Da hatte es fünf europäische Offiziere. Jetzt hat es Captain Joubert und Lieutenant Sillière.« Er wies auf einen zweiten Europäer, einen jungen Mann, der groß und dünn war, und Dodd, ein aufmerksamer Beobachter, bemerkte, dass Simone Joubert bei der Erwähnung des Namens Sillière errötete. Dodd war amüsiert. Joubert musste mindestens zwanzig Jahre älter als seine Frau sein, während Sillière nur ein, zwei Jahre älter als sie war. »Und wir müssen Europäer haben«, fuhr Pohlmann fort und streckte sich auf dem Diwan aus, der unter seinem Gewicht knarrte. »Die Inder sind feine
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