Sharpes Zorn (German Edition)
Frieden in seiner Welt. Sharpe konnte in die Normandie und zu Lucille zurückkehren, während ich mich an anderen Stoffen versuchen würde. Sharpe war beendet.
Dann wurde es kompliziert. Tatsächlich war es schon ein paar Jahre zuvor kompliziert geworden, als eine Fernsehproduktionsfirma angekündigt hatte, aus Sharpe eine TV-Serie machen zu wollen. Natürlich hat mich das gefreut, obwohl ich nie geglaubt habe, dass es so weit kommen würde. Aber es bestand die Chance, dass eine spanische Produktionsgesellschaft in das Projekt investierte. Was die Produzenten daher brauchten, war eine neue Story für den Beginn von Sharpes Karriere, eine Story mit einem spanischen Helden. Ich glaubte noch immer nicht, dass das Projekt verwirklicht werden würde, aber es wäre dumm von mir gewesen, die Chance zu ignorieren, also schrieb ich Sharpes Aufstieg mit Blas Vivar als dem Spanier, der die gewünschte Rolle übernahm. Das Buch wurde veröffentlicht, und ich hörte nichts mehr von einer Fernsehserie, sodass ich zu dem Schluss kam, dass die Sache im Sande verlaufen war. Doch ich sollte mich irren. Die Filme sollten gedreht werden. Ein Team war schon in der Ukraine und auch die Schauspieler waren dort, und dann war alles genauso schnell wieder vorbei. Der Schauspieler, der Sharpe spielen sollte, hatte einen furchtbaren Unfall bei einem Fußballspiel gegen die ukrainischen Statisten. Es hieß, dass er sechs Monate lang nicht mehr würde laufen können, und damit schien das ganze Projekt zum Scheitern verurteilt zu sein. Doch irgendwie retteten sie es, aber jetzt brauchten sie einen neuen Schauspieler für Sharpe und das kurzfristig. Für ein Casting war keine Zeit mehr, und der einzige freie Schauspieler war Sean Bean, der sich plötzlich in einem Flugzeug nach Simferopol wiederfand. Das war ein glücklicher Zufall, denn ich kann mir niemand anderen mehr als Sharpe vorstellen. Wenn ich schreibe, höre ich Seans Stimme. Es ist eine wunderbare Übereinstimmung von Schauspieler und Charakter.
Davor, als ich schon nicht mehr an eine Verfilmung von Sharpe geglaubt hatte, habe ich mit den Starbuck-Büchern begonnen, der Geschichte eines jungen Nordstaatlers, der auf Seiten der Konföderierten im Amerikanischen Bürgerkrieg kämpft. Ich habe diese Bücher genossen, doch als die Dreharbeiten zu Sharpe begonnen hatten, wurde klar, dass ich weiter Sharpe schreiben sollte, und das hieß, dass ich ihn zurück nach Indien führen musste.
Indien war schon immer Teil von Sharpes Hintergrundgeschichte gewesen. Schon im ersten Buch, Sharpes Trophäe , wurde Indien erwähnt. Es half, Sharpe zu erklären – wie er Lesen und Schreiben gelernt hatte, und vor allem wie er Wellington das Leben gerettet hatte und zum Offizier befördert worden war. So war Indien also immer sehr nützlich gewesen, aber ich hatte nie die Absicht, die Geschichten zu erzählen. Ich wusste nur wenig über Indien, und die Quellen zu Sir Arthur Wellesleys Feldzügen in Indien, wie Wellington damals noch hieß, waren eher dürftig im Vergleich zu den Unmassen an Literatur, die über seine Feldzüge auf der iberischen Halbinsel und bei Waterloo geschrieben worden sind. Außerdem war ich der festen Überzeugung, dass ich eine Schlacht nicht überzeugend beschreiben konnte, wenn ich mir das Schlachtfeld nicht selbst angesehen hatte, und ich war noch nie in Indien gewesen und hatte Angst, dass die alten Schlachtfelder ohnehin nicht mehr zu erkennen waren. Tatsächlich hatten sich die Orte dort jedoch weit weniger verändert als alle Schlachtfelder, die ich bis dahin besucht hatte. Seringapatam, wo Sharpes Feuerprobe spielt, war schon eine recht große Stadt, als die Briten sie 1799 belagert haben. Ich nahm an, mich in den hintersten Gassen umschauen zu müssen, um auch nur einen Rest der Stadt zu finden, die Sharpe gekannt hatte, doch ich musste feststellen, dass Seringapatam zu einem Dorf geschrumpft war. Hinter den beeindruckenden Mauern liegt größtenteils freies Land. Es ist ein fantastischer Ort.
Zu den Freuden beim Schreiben historischer Romane gehört das »Erklären« kleiner, dunkler Ecken echter Geschichte. Eines dieser Mysterien ist die furchtbare Explosion bei Almeida, wie sie in Sharpes Gold beschrieben ist, ein anderes der Tod des Tippu Sultan in Seringapatam. Wir wissen, dass er am Wassertor erschossen worden ist, einem Tunnel, der durch die Mauer führte, doch der britische Soldat, der ihn getötet hat, blieb unbekannt. Er wäre ohne Zweifel belohnt worden, doch
Weitere Kostenlose Bücher