Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sharras Exil

Sharras Exil

Titel: Sharras Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
nicht ertrage …« Linnell rang nervös die Hände, kurz davor, in hysterisches Lachen oder Weinen auszubrechen, und Linnell gehörte nicht zu den Mädchen, die sich wegen Kleinigkeiten aufregen. Wenn etwas sie so angriff, war es ernst. Was geschieht, wenn Cherillys Duplikate sich begegnen?, fragte ich mich.
    Nun, bald würde ich es erfahren. Als der Tanz zu Ende war, ging Kathie auf Linnell zu, und wie ohne eigenen Willen begann Linnell, sich in ihre Richtung zu bewegen. Spielte Kathie meiner kleinen Cousine irgendeinen bösartigen mentalen Streich? Aber nein, Kathie hatte keine Ahnung von den darkovanischen Kräften, und auch wenn sie potenzielles Laran besaß, konnte nichts die Barriere durchdringen, die ich um ihren Geist gelegt hatte.
    Linnell berührte beinahe schüchtern Kathies Hand, und sofort legte Kathie einen Arm um Linnells Taille. So gingen sie eine oder zwei Minuten lang weiter, aber dann machte Linnell sich mit einer plötzlichen nervösen Bewegung los und kam zu mir.
    »Da ist Callina«, sagte sie.
    Die Bewahrerin in ihrem sternenbesetzten Kostüm schritt hochmütig durch das Gewimmel von Leuten, die neue Tanzpartner suchten oder unterwegs zum Büffet waren.
    »Wo bist du gewesen, Callina?«, fragte Linnell. Sie betrachtete das Kleid kummervoll, aber Callina dachte nicht daran, eine Erklärung oder Rechtfertigung abzugeben. Ich fasste nach ihren Gedanken, doch ich spürte nur die fremde, steinerne Wesenheit, die ich ein- oder zweimal in Callinas Nähe wahrgenommen hatte, eine geschlossene und verriegelte Tür, vor Eindringlingen gut geschützt.
    »Oh, Derik hat mich aufgehalten. Ich musste mir irgendeine lange, betrunkene Geschichte anhören – hast du mir nicht erzählt, er trinke niemals, Linnie? Er kam nie damit zu Ende … der Wein besiegte ihn schließlich. Möge er niemals vor einem schlimmeren Feind fallen! Ich beauftragte Merryl, seinen Leibdiener zu suchen und ihn in seine Räume bringen zu lassen. Deshalb wirst du für den Mitternachtstanz einen anderen Partner finden müssen, Darling.« Sie blickte gleichgültig im Saal rundum. »Ich werde wohl mit Beltran tanzen; Hastur winkt mir. Wahrscheinlich hat er vor, jetzt mit der Zeremonie zu beginnen.«
    »Soll ich mit dir kommen?«
    Callina antwortete, immer noch mit dieser eisigen Gleichgültigkeit: »Ich will dieser Farce in nichts den Anschein einer echten Eheschließung verleihen, Linnie. Und ebenso wenig will ich jemanden von meinen Verwandten mit hineinziehen … Was meinst du, warum ich dafür gesorgt habe, dass Merryl uns aus dem Weg ist?«
    »Oh, Callina …« Linnell wollte sie an sich ziehen, aber Callina trat zurück und ließ Linnell mit ausgebreiteten Armen, verletzt und betroffen, stehen.
    »Bemitleide mich nicht, Linnie«, erklärte sie schroff. »Ich … will es nicht haben.« Ich war überzeugt, dass sie in Wirklichkeit meinte: Ich kann es nicht ertragen .
    Was hätte ich gesagt oder getan, wenn sie ihren Blick in diesem Augenblick auf mich gerichtet hätte? Ich weiß es nicht, und sie ging schweigend an mir vorbei, von uns weg, die Augen vergrübelt, eisig blau wie die Asharas. Verbittert und hilflos sah ich sie durch die Menge schreiten, umwallt von dem Gewand, das ein Symbol des Todes, des Verhängnisses, des Schattenreichs war.
    Spätestens jetzt hätte mir alles klar werden müssen, als sie uns ohne ein Wort, ohne einen Händedruck verließ, fern und unerreichbar wie Ashara selbst, aus ihrer Tragödie eine einsame Insel machte und uns alle ausschloss. Beltran trat an Hasturs Seite vor, um sie zu begrüßen. Sie hatte für ihn nur eine förmliche Verbeugung, keine Umarmung. Nun wurden die Armbänder um ihre Handgelenke geschlossen.
    »Getrennt im Fleisch, möget ihr das nie im Geist sein; seid für immer eins«, sagte Hastur, und im ganzen Saal wandten sich verheiratete Paare und Liebende einander zu, um den rituellen Kuss auszutauschen. Von dem Augenblick an, als Hastur ihre Hand losließ, war Callina Beltrans Gattin, die Ehe eine gesetzliche Tatsache. Ich sah mich nicht um, ob Dio in meiner Nähe war. Die Wahrheit ist, dass ich in diesem Moment ihre Existenz vergessen hatte, so sehr nahm ich teil an Callinas Qual.
    Der Tanz, der auf eine Verlobung folgte, war der Tradition zufolge immer ein Tanz für verheiratete oder verlobte Paare. Callina führte Beltran auf die Tanzfläche, aber sie berührten sich nur mit den Fingerspitzen. Ich sah, dass Javanne und Gabriel lächelnd der Mitte des Saals zustrebten. Der Regent

Weitere Kostenlose Bücher