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Sharras Exil

Sharras Exil

Titel: Sharras Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Ich wollte zu ihr, ich brüllte tonlose Flüche, aber ich konnte mich nicht bewegen, ich konnte nicht richtig sehen.
    Kathie warf sich neben Linnell nieder. Ich glaube, sie war der einzige Mensch im Saal, der zu freier Bewegung fähig war. Als sie Linnell in ihre Arme nahm, sah ich, dass das gefolterte Gesicht glatt und frei von Entsetzen wurde. Für einen Augenblick lag Linnell ruhig, entspannt, dann zuckte ihr Körper in knochenzerbrechenden Krämpfen, erschlaffte. Ein zerbrochenes kleines Ding mit haltlos pendelndem Kopf, so lag sie an der Brust ihres Zwillings.
    Und über ihr wuchs für einen Augenblick von neuem das monströse Feuerbild empor, aus dessen Mitte die Gesichter von Kadarin und Thyra hervorflammten … sie verschwammen, und diese kalte, verdammenswerte Maske, die ich in Asharas Turm gesehen hatte, schwamm vor meinen Augen …
    … und dann war sie verschwunden. Nur ein leichtes Zittern der Luft, und auch Kadarin und Thyra waren verschwunden. Die Lichter gingen wieder an. Ich hörte Kathie schreien, ich hörte die Menge schreien, als ich mich mit den Ellenbogen wild zu Linnell durchkämpfte.
    Sie war natürlich tot, das wusste ich, noch ehe ich meine Hand über die Kathies legte und vergebens nach dem Puls des Lebens fühlte. Als schlaffes, klägliches Bündel lag sie über Kathies Schoß. Hinter ihr zeigten geschwärzte und verkohlte Bretter, wo das Feuer aus einer anderen Welt sich verzehrt hatte und Kadarin und Thyra verschwunden waren. Callina drängte sich durch die Menge und beugte sich über Linnell.
    Nach und nach verstummten die Festgäste. Gabriel schickte die Gardisten hinaus, die sich um ihn versammelt hatten. Sie würden sich vergeblich bemühen. Kadarin hatte die Burg nicht auf normale Art verlassen, und selbst wenn der terranische Legat seine Truppen mit unseren vereinte, um das Gelände nach dem Mann abzusuchen, in dem beide Parteien einen Verbrecher sahen, würden sie ihn nicht finden. Die Menge scharte sich um uns zusammen, und es stieg von ihr das schreckliche Geflüster des Grausens und der Neugier wie bei jeder Katastrophe auf. Hastur sagte irgendetwas, und die Leute begannen sich stumm zu entfernen. Ich dachte: Dies ist das erste Mal in Hunderten von Jahren, dass das Fest gestört worden ist .
    Regis stand immer noch da wie eine der Säulen der Burg, das Gesicht bleich, die Hand um seine Matrix geklammert. Die Hastur-Gabe . Wir wussten nicht, worin sie bestand, aber wir hatten ihre Macht jetzt zum zweiten Mal erlebt.
    Callina vergoss keine Träne. Sie stützte sich auf meinen Arm, so betäubt von dem Schock, dass sich nicht einmal in ihren Augen Kummer zeigte, sie blickte nur benommen drein. Meine Hauptsorge war jetzt, sie vor den Fragen der noch anwesenden Gäste in Sicherheit zu bringen. Merkwürdig, dass ich nicht einmal an Beltran dachte, obwohl das Heiratsarmband immer noch ihr Handgelenk umschloss.
    Ihre Lippen bewegten sich.
    »Also das war Asharas Absicht …«, hauchte sie.
    Ohnmächtig brach sie in meinen Armen zusammen.

 
Drittes Buch
Die Hastur-Gabe

 
Die Hastur-Gabe
 
1
     
    Nachdem Lew Callina aus dem Ballsaal getragen hatte, galt Regis Hasturs erster Gedanke seinem Großvater. Er eilte zu der Stelle, wo Lord Hastur den Tanzenden zugesehen hatte, und traf ihn dort auch an. Er war blass und erschüttert, aber unverletzt.
    »Linnell ist tot«, sagte Regis, und Danvan Hasturs Hand fuhr zum Herzen. Er keuchte: »Was ist mit dem Prinzen, mit Derik?« Er wollte aufstehen, fiel jedoch zurück, und Regis bat: »Bleibt still sitzen, Sir – ich werde mich darum kümmern.« Er winkte Danilo, der im Laufschritt durch den Saal rannte.
    »Bleib hier«, befahl Regis. »Pass auf, dass niemand dem Lord Hastur etwas antut …«
    Danilo öffnete den Mund, um zu widersprechen, tat es aber nicht. Er sagte: » A, veis ordenes …« , und Regis drängte sich durch die Menge. Er bemerkte, dass Gabriel auf Beltran zuschritt, der mit offenem Mund bewegungslos dastand.
    »Lord Aldaran«, sagte Gabriel Lanart-Hastur, »ich bitte, gebt mir Euer Schwert.«
    »Was? Ich habe nichts getan …«
    »Trotzdem«, erklärte Gabriel ruhig. »Ihr habt einmal zu denen gehört, die Sharra in unsere Mitte bringen wollten. Euer Schwert, Sir.« Ein halbes Dutzend Gardisten mit blanken Waffen rückten näher. Beltran holte tief Atem, sah von einem Gardisten zum anderen und berechnete offensichtlich seine Chancen. Dann zuckte er die Schultern und reichte Gabriel sein Schwert, das Heft voran.
    »Bringt ihn

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