Sheriff Tod
seine Freundin an, senkte die Stimme und flüsterte: »Du siehst toll aus, Tina.«
Die Einundzwanzigjährige runzelte die Stirn. So schaute sie ihren um drei Jahre älteren Freund an. »Wem hast du das schon alles erzählt, mein Lieber?«
»Hm… da muß ich überlegen. Ich studiere zwar Mathematik, aber selbst ich muß da nachrechnen.«
Sie schlug ihm auf die Hand. »Lügner, Lügner, so viele können es nicht gewesen sein.«
»Ach – warum denn nicht?«
»Weil ich mich erkundigt habe.«
»Bei wem?«
»Sage ich nicht.«
»Was hat man dir gesagt?«
Tina spitzte die Lippen. »Die Wahrheit.«
»Sehr schön. Wie sieht sie aus?«
»Das behalte ich für mich, aber du müßtest sie schließlich auch wissen. Außerdem will ich über denjenigen informiert sein, mit dem ich in Kalifornien die Ringe tauschen soll.«
»Du bist aber schlimm.«
»Überhaupt nicht. Man kauft eben nicht die Katze im Sack.«
Marcus deutete auf den leeren Becher seiner Freundin. »Möchtest du noch einen Nachschlag?«
»Nein.«
»Ich brauche auch keinen Kaffee mehr.«
»Dann laß uns zahlen.«
Der junge Mann nickte. Er drehte sich auf dem Stuhl und hielt nach der Kellnerin Ausschau. Marcus war froh, mit Tina unterwegs sein zu können, und er war auch froh darüber, daß die beiden Elternpaare die vierwöchige Reise mitfinanziert hatten. Und er war froh darüber, Tina zu haben. Sie war wirklich seine Traumfrau gewesen. Er mochte ihr Haar, auch wenn sie es jetzt der Mode entsprechend ziemlich kurz geschnitten hatte. Wie helles Gras stand es auf ihrem Kopf. Das tat dem feingeschnittenen Gesicht mit den vollen Lippen keinen Abbruch. Sie schminkte sich nur wenig, war ziemlich schlank, aber an den richtigen Stellen gut bestückt, besonders was den Po anging. Da saßen die Jeans immer stramm. Auch heute, wo sie sich für eine rote Hose entschieden hatte. Ein weißes T-Shirt mit dem knallroten Aufdruck JAUUU auf der Brust bildete das Oberteil, und über ihre Schultern hatte sie eine leichte Strickjacke gehängt, denn in den klimatisierten Räumen war es oft ziemlich kühl, im Gegensatz zu draußen.
Die Bedienung, eine junge Farbige, hatte das Handzeichen gesehen. Sie kassierte für Essen und Trinken, erhielt ein gutes Trinkgeld, und ihr Lächeln wurde noch strahlender.
»Ihr wollt heute noch weiter?« fragte sie.
»Ja«, antwortete Marcus.
»Wohin?«
»So weit, wie wir kommen. Wenn wir müde sind, schlafen wir in der Prärie und träumen von Indianern und Cowboys, die uns umreiten. Winnetou und Old Shatterhand werden uns besuchen und…«
»Ohhh – sorry, wer sind Winnetou und Old Shatterhand?«
»Kennst du sie nicht?«
»Nein.«
»Auch nicht den guten alten Karl May?«
»No! Wer ist das schon wieder?«
Marcus verdrehte die Augen. »Lassen wir das, es hat keinen Sinn. – Das Essen war toll.«
»Freut mich. Vielleicht sehen wir uns mal wieder.«
»Ja, kann sein.« Marcus Richter griff nach seiner Jacke und stand auf.
Auch Tina erhob sich von ihrem Stuhl und lächelte der Schwarzen zu.
»Nette Leute hier, nicht?«
»Habe ich doch immer gesagt.« Marcus legte einen Arm um die Schultern seiner Freundin. In dieser Haltung verließen die beiden die Raststätte am Rande des Highway und mußten tief durchatmen, als sie in die normale Luft hineintraten.
Obwohl Kansas ein sehr weites Land war, wo der Wind kräftig über die von Horizont zu Horizont reichenden Weizenfelder blasen konnte, war von diesem kühlenden Wind nichts zu spüren. Es war warm, als käme der Wind direkt aus der Wüste. Der Himmel war noch nicht ganz dunkel.
Die Sonne stand tief im Westen und verzauberte die Landschaft durch ihr Abendrot.
Es war ein weiter, ein prächtiger Himmel, so wie auch das Land weit war.
Allerdings war es auch leer, und diese Leere spürten beide, als sie auf ihren Wagen zugingen. Sie hatten sich den silberfarbenen Ford Camaro in New Orleans geliehen und waren mit dem Fahrzeug bisher sehr zufrieden gewesen. In L.A. würden sie ihn wieder abgeben und danach in das Flugzeug steigen, das sie nonstop in Richtung Heimat bringen würde.
»Jetzt freue ich mich über die Klimaanlage im Wagen«, stöhnte Tina, als sie einstieg.
»Das kannst du laut sagen.«
Tina wartete, bis ihr Freund hinter dem Steuer saß, dann fragte sie:
»Haben wir noch genügend Benzin?«
»Haben wir.«
»Ist genug zu trinken da?«
»Ebenfalls.« Marcus drehte den Kopf nach rechts. »Sonst noch Wünsche, Madame?«
»Nein, du kannst fahren.«
»Wie nett –
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