Sheriff Tod
aufzukommen.
Den Aufprall spürte ich dennoch bis in die Haarspitzen, ich fiel auch nach vorn und rollte mich über die Schulter hinweg ab. Ein Vorteil, daß ich immer in Action und so beweglich blieb. Ich kam auf die Füße, spürte nur ein leichtes Ziehen im linken Fuß, mehr nicht, und vor mir tauchte das Gesicht der FBI-Agentin aus der Dunkelheit auf und starrte mich an.
»Er ist weg!«
»Ich weiß!«
»Wir müssen ihm nach!«
Sie hatte sich schon gedreht, um zu laufen, aber mein Arm war schneller, und ich hielt Doreen an der Schulter fest, um sie mit einem harten Ruck zurückzuzerren.
»Wir laufen nicht in die Falle. Dein Großvater wird auf uns warten, verdammt!«
»Ja, ja, aber…«
»Wir nehmen ein Fenster!«
»Oben?«
»Ja!«
Wir mußten beide schreien, denn draußen tobte das Unwetter mit vehementer Wucht.
Es blitzte oder donnerte nicht nur, jetzt hatte der Himmel seine Schleusen geöffnet, und was da auf die Erde niederfiel, das waren mächtige Sturzfluten. Das Wasser hämmerte mit gewaltigen Schlägen gegen das Kirchendach, und bald regnete es durch.
Wir waren auf dem Weg nach oben. Doreen hielt sich an meiner Seite.
Sie stand wie unter Drogen. Sie war zu einer Kämpferin geworden, die den Sieg wollte.
Ich mußte sie wieder einmal zurückhalten, sonst wäre sie direkt auf das zerstörte Fenster zugerannt, um nach draußen zu schauen, wo unter uns Duncan Pratt lauerte.
»Langsam, Lady, langsam…«
»Und wenn er flieht?«
Ich schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Nach allem, was wir gehört haben, hat er hier seine neue Heimat gefunden, und die wird er unter allen Umständen verteidigen und letztendlich auch behalten wollen. Es ist nur schade, daß ich ihn nicht erwischt habe, es ist einfach zu dunkel gewesen hier oben.«
Das traf nun nicht mehr zu.
Am Himmel spielten sich wahre Dramen ab. Gewaltige Blitze, gespeist von einer wahnsinnigen Energie, rasten der Erde entgegen.
Die Donnerschläge dröhnten in unseren Ohren. Mal peitschend, dann wieder grollend und wummernd.
Es war das Inferno!
Die Scheibe des Fensters war nicht mehr vorhanden. Bei seinem Sprung hatte Sheriff Tod die Reste zusammen mit seinem Körper nach außen gedrückt. Sie lagen irgendwo auf dem tiefen, schlammigen Boden, wo auch er sich aufhielt.
Von zwei Seiten näherten wir uns dem Fenster. Doreen rechts, ich links.
Ein Schwall Wasser traf die FBI-Agentin und näßte sie durch. Sie schob das klatschnasse Haar zurück und warf, ebenso wie ich, einen ersten Blick in die Tiefe. Viel war nicht zu sehen.
Dichte Regenschleier verdeckten das meiste. Sie hatten die warme, staubige und ausgetrocknete Erde getroffen und hatten durch ihre Kälte für Dunst gesorgt, der sich wolkenartig vor der kleinen Kirche verteilte.
Am Himmel tobten die Gewalten. Blitze bildeten immer neue, grelle Muster. Donnerschläge ließen die Erde erschüttern, und der Regen rauschte in einer nie abreißenden Melodie in die Tiefe, wobei er den Untergrund immer weiter aufwühlte.
Aber Duncan Pratt war nicht zu sehen. Unsere Rechnung war nicht aufgegangen. Wir konnten bis zum Mustang schauen, danach wurde es schwierig, und er hielt sich auch nicht nahe des Fahrzeugs auf.
»Scheiße, John, der hat das Weite gesucht!«
»Glaube ich nicht.«
Doreen hob die Schultern. »Hast du vorhin in der Kirche auch die Schreie gehört?«
»Ja, das waren die Überlebenden.«
»Ob er dort ist?«
Ich gab keine Antwort, weil ich sie auch nicht zu geben brauchte, denn von links nach rechts huschte geduckt die Gestalt des Sheriff Tod vor uns her.
Er wollte wieder zu seiner Kirche. Wir hörten ihn sogar schreien. Er war sich seiner Sache sicher.
»Pratt!« brüllte ich, wobei ich nicht glaubte, daß er mich wegen der Außengeräusche überhaupt gehört hatte. Aber er hatte den Schrei mitbekommen und blieb stehen.
»Pratt!« schrie ich noch einmal.
Diesmal änderte er seinen Blick und starrte nach oben, nicht mehr gegen die Kirchentür.
Ich verließ meinen Platz und brauchte zwei kleine Schritte, um auf der Veranda und damit auch im Regen zu stehen, der auf mich niederfuhr wie eine nie abreißende Woge.
Sheriff Tod sah mich.
Er sah auch die plötzlich neben mir stehende Doreen, seine Enkelin.
Beide hielten wir die Waffen so, daß die Mündungen schräg nach unten wiesen. Auch Pratt hielt seine Waffe fest, hatte sie aber noch nicht auf uns gerichtet.
»Weg mit dem Revolver!« brüllte ich.
Er schüttelte den Kopf und lachte böse.
»Können Sie auf
Weitere Kostenlose Bücher