Sherlock Holmes - Das Tal der Furcht
Douglas unter diesem Dach finden würden.«
»Und wie lange haben Sie uns an der Nase herumgeführt, Mr. Holmes?« fragte der Inspektor ärgerlich.
»Wie lange haben Sie zugesehen, daß wir unsere Zeit bei einer sinnlosen Suche vergeudeten?«
»Keinen Augenblick, mein lieber Mr. Mac. Ich habe mir erst gestern abend meine Ansicht über diesen Fall gebildet. Weil wir sie erst heute abend überprüfen konnten, habe ich Sie und Ihren Kollegen gebeten, einen Ferientag zu machen. Ich bitte Sie, was konnte ich noch tun? Als ich den Anzug im Burggraben fand, wurde mir sofort klar, daß die vorgefundene Leiche auf keinen Fall die von Mr. Douglas sein konnte. Es mußte der Radfahrer von Tunbridge Wells sein. Kein anderer Schluß war möglich.
Daher mußte ich feststellen, wo Mr. John Douglas sich aufhalten konnte, und die Wahrscheinlichkeit sprach dafür, daß er sich mit Hilfe seiner Frau und seines Freundes im Haus versteckt hielt,
das für solche Zwecke wie geschaffen ist, und ruhigere Zeiten abwartete, damit er schließlich endgültig fliehen konnte.«
»Ja, Sie haben das ganz richtig 'rausgekriegt«, gab Douglas anerkennend zu. »Ich wollte das britische Gesetz lieber umgehen, denn ich war mir nicht sicher, was es mir bringen würde, und ich sah außerdem eine Chance, die Bluthunde für immer von meiner Spur abzuschütteln. Wohlgemerkt: Ich habe nichts
getan, dessen ich mich schämen müßte, und nichts, was ich nicht wieder tun würde, aber das alles können Sie selber beurteilen, wenn Sie meine Geschichte gehört haben. Sie können es sich sparen, mich zu warnen, Inspektor, ich bleibe bei der Wahrheit, Ich werde nicht am Anfang anfangen, das steht alles da drin«, er zeigte auf mein Bündel mit Papieren. »Und Sie werden es eine sehr merkwürdige Geschichte finden. Wenn man alles zusammenfaßt, ist es so: Es gibt ein paar Männer, die haben guten Grund, mich zu hassen, und die würden ihren letzten Dollar hergeben, wenn sie mich kriegen könnten. Solange ich am Leben bin und sie am Leben sind, gibt es in dieser Welt keine Sicherheit für mich. Sie haben mich von Chicago nach Kalifornien gejagt, und ihretwegen bin ich aus Amerika geflohen. Aber als ich
heiratete und mich an diesem stillen Plätzchen niederließ, da dachte ich doch, daß meine letzten Jahre friedvoll sein würden.
Ich habe meiner Frau nie erklärt, wie die Dinge wirklich standen. Warum sollte ich sie da hineinziehen?
Sie hätte keinen ruhigen Augenblick mehr gehabt, sondern überall Gefahr gesehen. Ich nehme an, daß sie einiges wußte, denn sicher habe ich das eine oder andere Wort verlauten lassen, aber bis gestern, bis Sie, meine Herren, mit ihr darüber gesprochen hatten, kannte sie die wahren Tatsachen nicht. Sie hat Ihnen alles gesagt, was sie wußte, und das gleiche gilt für Barker, denn in der Nacht, als es passierte, war verflixt wenig Zeit für Erklärungen. Inzwischen weiß sie alles, und es wäre gescheiter gewesen, wenn ich es ihr früher anvertraut hätte. Aber es war eine schwierige Entscheidung, meine Liebe«, er nahm einen Augenblick lang ihre Hand in die seine—, »und ich habe gehandelt, wie es mir am besten erschien.
Also, meine Herren, am Tag, bevor dies hier passierte, war ich drüben in Tunbridge Wells und erblickte einen Mann auf der Straße. Ich bekam ihn nur ganz flüchtig zu sehen, aber das genügte mir. Ich hatte keinen Zweifel, wer es war. Es war der allerschlimmste meiner Feinde, einer, der in all den Jahren wie ein hungriger Wolf hinter mir her gewesen war. Ich wußte, was mir drohte, fuhr nach Hause zurück und
bereitete mich darauf vor. Ich nahm mir vor, ganz für mich allein die Sache durchzukämpfen. In den Staaten hatte ich um 76 herum mein sprichwörtliches Glück gemacht, warum sollte mir das Glück nicht auch jetzt noch treu bleiben?
Den ganzen nächsten Tag war ich auf der Hut und ging nicht einmal hinaus in den Park. Das war auch richtig so, oder er hätte mich aus dem Hinterhalt niedergeschossen, bevor ich ihn überhaupt
wahrgenommen hätte. Nachdem die Brücke hochgezogen war - ich fühle mich immer viel ruhiger, wenn
die Brücke hochgezogen ist—, schlug ich mir die Sache aus dem Kopf. Ich habe mir nicht träumen lassen, daß er ins Haus kommen und hier auf mich warten könnte. Aber als ich, wie es meine Gewohnheit ist, im Morgenmantel meine Runde durch das Haus machte, da witterte ich, kaum daß ich das Arbeitszimmer
betreten hatte,Gefahr. Ich denke mir, daß ein Mann, der in seinem Leben oft
Weitere Kostenlose Bücher