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Sherlock Holmes - Das Tal der Furcht

Sherlock Holmes - Das Tal der Furcht

Titel: Sherlock Holmes - Das Tal der Furcht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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gegenüberlag. Letztere war noch nicht
    hochgezogen. Holmes hockte sich hinter dem Lorbeergebüsch nieder, und wir drei anderen folgten
    seinem Beispiel.
    »Na, und was sollen wir jetzt tun?« fragte MacDonald ziemlich brummig.
    »Unsere Seelen in Geduld fassen und so leise wie möglich sein«, antwortete Holmes.
    »Warum sind wir überhaupt hier? Ich denke, Sie könnten wirklich etwas offener mit uns sein.«
    Holmes lachte. »Watson behauptet immer, daß ich ein Dramatiker des wirklichen Lebens bin«, sagte er.
    »Irgendwann packt mich ein künstlerischer Impuls und ruft sogleich nach einer bühnenreifen Aufführung.
    Sicherlich wäre unser Beruf traurig und langweilig, Mr. Mac, wenn wir nicht manchmal etwas in Szene setzten, damit unsere Ergebnisse eindrucksvoll herauskommen. Die grobe Anschuldigung und der brutale Schlag auf die Schulter — was kann man daraus schon machen? Aber das schnelle Ergreifen, die feine Falle, die weise Vorhersage von Ereignissen, die triumphale Bestätigung gewagter Theorien - ist das nicht alles der Stolz und die Rechtfertigung unserer Lebensarbeit? In diesem Augenblick spüren Sie die
    Erregung des Jägers. Wo bliebe aber diese vibrierende Erregung, wenn ich wie ein Fahrplan alles klar und genau angegeben hätte? Ich bitte Sie nur um ein bißchen Geduld, Mr. Mac, und alles wird Ihnen klar werden.«
    »Na gut, ich hoffe nur, daß der Stolz und die Rechtfertigung und der ganze Rest kommen, bevor wir uns bei dieser Kälte den Tod holen«, sagte der Londoner Detektiv in komischer Resignation.
    Wir hatten alle Grund genug, in diesen Wunsch miteinzustimmen, denn unsere Nachtwache zog sich hin.
    Langsam vertieften sich die Schatten, und es wurde dunkel über der düsteren Frontseite des alten Hauses.
    Eine kalte Feuchtigkeit, die aus dem Burggraben kam, ließ uns frieren bis ins Mark, so daß uns die Zähne klapperten. Über dem Eingangstor brannte eine einzelne Lampe, ebenso schimmerte ruhig ein
    Lichtglobus im schicksalhaften Arbeitszimmer. Alles übrige war dunkel und still.
    »Wie lange soll das noch dauern?« fragte der Inspektor schließlich, »und worauf warten wir eigentlich?«
    »Ich habe ebensowenig Ahnung wie Sie, wie lange es noch dauern wird«, antwortete Holmes etwas grob.
    »Wenn Kriminelle einen Fahrplan ihrer Unternehmungen herausgeben würden wie die Eisenbahn, wäre
    das zugegeben wirklich sehr viel bequemer für uns alle. Aber worauf wir nun warten — na bitte, da ist es ja schon! Das ist es, worauf wir gewartet haben!«
    Während er sprach, wurde das helle gelbe Licht im Arbeitszimmer von jemandem, der dort hin und her ging, verdunkelt,
    Das Lorbeergebüsch, in dem wir lagen, befand sich genau gegenüber diesem Fenster und war nicht mehr als dreißig Meter entfernt. Jetzt wurde das Fenster mit kreischenden Geräuschen aufgestoßen, und wir konnten undeutlich die dunklen Umrisse von Schultern und Kopf eines Mannes wahrnehmen, der hinaus ins Dunkel schaute. Er spähte ein paar Minuten hinaus, auf eine heimlich verstohlene Weise, wie einer, der sich vergewissern möchte, daß niemand ihn beobachtet. Dann beugte er sich vor, und in der Stille hörten wir das leise Plätschern des aufgerührten Wassers. Es schien, als suche er mit Hilfe eines Gegenstandes, den er in der Hand hielt, im Burggraben nach etwas. Dann plötzlich holte er etwas ein, so wie ein Fischer einen Fisch ins Boot zieht — einen großen, runden Gegenstand, der das Licht
    verdunkelte, als er durch das offene Fenster gezogen wurde.
    »Jetzt!« schrie Holmes. »Jetzt!«
    Wir waren alle auf den Beinen und stolperten mit steifen Gliedern hinter ihm her, während er behende über die Brücke lief und wild an der Klingel zog. Man hörte, wie innen der Riegel zurückgeschoben wurde, und der erstaunte Ames stand im Eingang. Holmes schob ihn ohne ein Wort zur Seite und lief, von uns gefolgt, in das Zimmer, in dem sich der Mann befand, den wir beobachtet hatten.
    Die Petroleumlampe auf dem Tisch, deren Schein wir von draußen gesehen hatten, war nun in der Hand von Cecil Barker, der sie uns entgegenhielt, als wir eintraten. Das Licht fiel auf sein kräftiges, resolutes, glattrasiertes Gesicht und seine drohenden Augen.
    »Was zum Teufel soll das alles bedeuten?« schrie er. »Was suchen Sie überhaupt hier?«
    Holmes sah sich schnell im Zimmer um und stürzte sich dann auf ein nasses, mit einem Bindfaden
    zusammengeschnürtes Bündel, das unter den Schreibtisch geschoben worden war.
    »Das suchen wir hier, Mr. Barker

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