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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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an.«
    »Jetzt durchaus nicht mehr. Ich muss die Sache so bald wie möglich der Polizei melden, aber wenn meine Wunde nicht einen sehr deutlichen Beweis lieferte, würde ich wahrscheinlich mit meiner Erzählung dort wenig Glauben finden, besonders da ich so gut wie keine sicheren Anhaltspunkte geben kann.«
    »Oho!«, rief ich. »Falls die Geschichte etwas rätselhafter Natur ist und einer Lösung bedarf, dann würde ich Ihnen eigentlich raten, zuerst mit meinem Freund Holmes zu sprechen, ehe Sie auf die Polizei gehen.«
    »Von diesem Herrn habe ich schon gehört«, sagte mein Patient, »und ich würde ihm nur zu gerne meine Angelegenheit übergeben, obgleich die Polizei natürlich auch benachrichtigt werden muss. Würden Sie so freundlich sein und mir einige Empfehlungsworte mitgeben?«
    »Mr Holmes wohnt hier im Haus, ich kann Sie gleich zu ihm führen«, antwortete ich.
    Wir gingen nach oben. Sherlock Holmes saß noch im Schlafanzug im Wohnzimmer und las die Polizeiberichte in der »Times«. Er rauchte seine Morgenpfeife, die er mit den sorgfältig gesammelten und auf dem Kaminsims getrockneten Stummeln und Endchen der Zigarren zu stopfen pflegte, die er tags zuvor geraucht hatte. Er empfing uns in seiner urgemütlichen Art und Weise und ließ frisch gerösteten Speck und Eier bringen, sodass wir uns bald recht behaglich fühlten. Als wir fertig waren, musste unser neuer Freund in einem bequemen Liegestuhl Platz nehmen, Holmes stützte seinen Kopf mit einem Kissen und stellte ihm ein Glas Wasser und Kognak in die Nähe.
    »Es scheint mir, Mr Hatherley, als wäre Ihre Angelegenheit nicht ganz gewöhnlicher Natur«, sagte er. »Bitte machen Sie es sich vollständig bequem und betrachten Sie sich ganz wie zu Hause. Erzählen Sie uns alles so genau wie möglich, aber halten Sie bei der geringsten Ermüdung ein, und gebrauchen Sie ab und zu dies kleine Stärkungsmittel.«
    »Besten Dank«, sagte mein Patient. »Nachdem Doktor Watson mir den Verband angelegt hat, fühle ich mich wieder ganz gut, und Ihr Frühstück hat die Kur vollendet. Ich will mich so kurz wie möglich fassen, um Ihre Zeit nicht übermäßig in Anspruch zu nehmen.«
    Holmes saß in seinem Lehnstuhl; sein gleichgültiges Gesicht mit den halb geschlossenen Augen verriet nichts von seiner scharfsinnigen Forschernatur. Ich saß ihm gegenüber, und wir hörten beide stillschweigend dem seltsamen Bericht des Fremden zu.
    »Zuerst muss ich Ihnen sagen«, begann er, »dass ich alleinstehender Junggeselle bin und in einer Mietwohnung in London lebe. Von Beruf bin ich Ingenieur und habe mir während der sieben Jahre, die ich bei der Ihnen sicher bekannten Firma Venner & Matheson in Greenwich beschäftigt war, gute Kenntnisse angeeignet.
    Als vor zwei Jahren meine Ausbildung beendet war und ich durch meines Vaters Tod in den Besitz seines Vermögens kam, beschloss ich, mich selbständig zu machen und ließ mich in der Victoria Street nieder. Vermutlich wird jeder Mensch bei diesem ersten Schritt auf die Bahn der Unabhängigkeit ziemlich trübselige Erfahrungen machen; mir ging es jedenfalls nicht anders. In zwei Jahren wurde mein Rat im Ganzen dreimal begehrt, und nur einmal wurde mir ein sehr unbedeutender Auftrag erteilt, das war alles! Meine Gesamteinnahmen beliefen sich auf 27 Pfund 10 Schillinge. Von neun Uhr morgens bis vier Uhr nachmittags lag ich täglich auf der Lauer, bis ich wirklich mutlos wurde und sich der Gedanke in mir festsetzte, dass ich es in einem selbständigen Geschäft nie zu etwas bringen würde. Gestern jedoch, als ich eben im Begriff stand, das Büro zu verlassen, meldete man mir, es wäre ein Herr draußen, der mich zu sprechen wünschte. Ich sah mir seine Karte an, sie trug den Namen Oberst Lysander Stark. Ich ließ den Oberst hereinbitten. Er war etwas über Mittelgröße und von erschreckender Magerkeit, ich entsinne mich nicht, jemals einen so hageren Menschen gesehen zu haben. Sein Gesicht bestand eigentlich nur aus Nase und Kinn, und die Haut war straff über die Backenknochen gespannt. Und doch sah er eigentlich nicht krank aus, denn seine Augen blickten völlig klar, sein Schritt war sicher und sein ganzes Benehmen sehr selbstbewusst. Seine Kleidung war ziemlich einfach, aber sauber; er mochte ungefähr vierzig Jahre zählen.
    ›Mr Hatherley?‹, fragte er mit deutschem Akzent. ›Sie sind mir als ein Mann empfohlen worden, der nicht nur in seinem Beruf sehr tüchtig ist, sondern auf dessen Verschwiegenheit man sich verlassen

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