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Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Titel: Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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letzten Gelegenheit nur noch einmal alles ins Gedächtnis zurückrufen, wie mir scheint. – Sie erwähnten ja auch eine Art Karte oder einen Plan, den er bei Ihrem Erscheinen in die Tasche steckte, nicht wahr?‹
    ›Ganz recht. Aber was ging denn Brunton unser alter Familienbrauch an, und was soll das Kauderwelsch überhaupt bedeuten?‹ –
    ›Das würde man wohl ohne allzu große Schwierigkeit herausfinden können‹, sagte ich. ›Wenn Sie nichts dagegen haben, fahren wir mit dem ersten Zug zusammen nach Sussex, um die Sache an Ort und Stelle etwas genauer zu untersuchen.‹
     
    Noch am selben Nachmittag trafen wir in Hurlstone ein. Vielleicht hast du einmal eine Abbildung des berühmten alten Schlosses gesehen und eine Beschreibung davon gelesen. Ich erwähne nur, daß es in Form eines lateinischen L, gebaut ist; der lange Arm ist der neuere Teil, während der kürzere den alten Bau als Flügel darstellt, an den das andere angebaut wurde. Über dem niedrigen, schweren Türgerüst in der Mitte des Flügels ist die Jahreszahl 1607 eingemeißelt, aber alle Sachverständigen stimmen darin überein, daß Balken und Mauerwerk in Wirklichkeit bedeutend älter sind. Die furchtbar dicken Wände und die winzigen Fenster des alten Schlosses veranlaßten die Familie im letzten Jahrhundert den Neubau zu unternehmen; der alte Flügel wurde überhaupt nur noch als Vorratshaus und Keller benützt. Ein prachtvoller Park mit herrlichen alten Bäumen umgab das Haus; der Weiher, von dem mein Klient gesprochen hatte, lag dicht an der breiten Allee, etwa zweihundert Meter vom Wohngebäude.
    Ich war bereits fest überzeugt, Watson, daß die drei Rätsel im Grunde nur ein einziges waren und wir bloß den Musgrave-Katechismus richtig zu verstehen brauchten, um Aufschluß darüber zu erhalten, was aus Rahel Howells und dem verschwundenen Hausmeister geworden sei. – So wandte ich denn meine ganze Aufmerksamkeit dem seltsamen Schriftstück zu. Warum lag wohl dem langjährigen Diener der Familie so viel daran, die alte Formel zu untersuchen? Offenbar, weil er etwas darin sah, was allen Gliedern dieses Adelsgeschlechts seit Jahrhunderten entgangen war und wovon er sich einen persönlichen Vorteil versprach. Was konnte das sein und welchen Einfluß hatte es auf sein Geschick gehabt?
    Beim Lesen des Katechismus war mir gleich klar geworden, daß die angegebenen Maße sich auf einen Platz beziehen müßten, auf den der übrige Inhalt der Urkunde hinwies. Ließ sich dieser Platz finden, so kam man vielleicht dem Geheimnis auf die Spur, welches die alten Musgraves auf so absonderliche Art verewigt hatten. Zwei Wegweiser halfen uns von Anbeginn der Untersuchung – eine Eiche und eine Ulme. Inbezug auf die Eiche war kein Zweifel möglich. Gerade dem Hause gegenüber, links von der Allee, erhob sich ein wahrer Patriarch unter den Bäumen, die herrlichste Eiche, die ich je gesehen habe.
    ›Sie wuchs gewiß schon hier, als der Katechismus aufgesetzt wurde‹, äußerte ich im Vorbeifahren.
    ›Vermutlich schon vor der Eroberung Englands durch die Normannen‹, versetzte mein Klient, ›der Baum hat einen Umfang von 23 Fuß 2 .‹
    Das war ein fester Punkt, von dem ich ausgehen konnte.
    ›Haben Sie auch ebenso alte Ulmen?‹, fragte ich.
    ›Eine uralte Ulme stand dort drüben, aber vor zehn Jahren wurde sie vom Blitz getroffen, und man hat den Stumpf abgehauen.‹
    ›Kann man die Stelle noch sehen?‹
    ›Jawohl.‹
    ›Andere Ulmen gibt es nicht?‹
    ›Nein, aber eine Menge Buchen.‹
    ›Bitte, zeigen Sie mir den Standort jener Ulme.‹
    Wir fuhren in unserem leichten Jagdwagen am Schlosse vor, und Musgrave ging mit mir nach dem Platz auf dem Rasen, wo die Ulme früher gestanden hatte; es war halbwegs zwischen dem Haus und der Eiche. Meine Untersuchung machte entschiedene Fortschritte.
    ›Wäre es wohl möglich, herauszufinden, wie hoch die Ulme gewesen ist?‹, fragte ich.
    ›Das kann ich Ihnen gleich sagen. Sie war 64 Fuß 3 hoch.‹
    ›Woher wissen Sie das?‹, fragte ich erstaunt.
    ›Mein alter Lehrer ließ mich bei den Aufgaben in der Trigonometrie immer Höhenmessungen anstellen. Als Knabe habe ich die Höhe eines jeden Baumes und sämtlicher Gebäude auf dem Gute ausgerechnet.‹
    Dies war ein unerwarteter Glücksfall. Ich hatte kaum gehofft, die Tatsachen so rasch ermitteln zu können.
    ›Bitte, sagen Sie mir, ob der Hausmeister je eine derartige Frage an Sie gestellt hat.‹
    Musgrave sah mich verwundert an. ›Nun, da Sie

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