Sherlock Holmes und der Fluch der Titanic (German Edition)
verhalten habe, und ich bitte dich, mir eine Chance zu geben. Eine letzte Chance.«
»Du hast mir auf dieser Schiffsreise die Augen geöffnet. Du hast nicht mich geheiratet, sondern unsere Firma. Ich bin ein lästiges Anhängsel bei diesem Geschäft. Und jede verrückte Alte, wie diese unmögliche Malerin, ist für dich interessanter, als ich es bin.«
»Ich entschuldige mich und bitte dich um einen Neuanfang.«
»Hast du etwas mit dem Verschwinden von Mrs. Oldman-Smythe zu tun, Graham?«, fragte ihn die junge Frau.
»Nein. Aber du vielleicht?«
»Ich auch nicht.«
»Gut. Das ist wichtig«, sagte der Einundzwanzigjährige. »Ich hatte nichts mit der Frau, im eigentlichen Sinn.«
»Was meinst du damit?«
»Du weißt schon.«
»Mit mir hattest du auch noch nichts im eigentlichen Sinn.«
»Es ist schwer, Linda.«
»Was ist schwer?«
»Darüber zu reden. Ich … ich hatte Angst vor dir.
Und ich meinte, die ältere, erfahrene Frau könnte mir den Weg ebnen.«
»Den Weg in mein Bett?«
Graham Hornby schwieg.
»Was ist so Furcht erregend an mir, Graham?«
»Ich weiß nicht. Ich habe bisher alles getan, was meine Eltern von mir wollten. Ich arbeite in der Firma, ich habe dich geheiratet. Ja, ich gebe zu, dass ich damit nur den Wunsch meiner Eltern erfüllt habe. Aber dann stand ich dir gegenüber, einer Frau aus Fleisch und Blut, einem seltsamen, rätselhaften Wesen, wie es mir bisher noch nicht untergekommen war. Einer Frau, die Interesse an mir zeigte.«
»Die dir keine Befehle gab und dir nicht sagte, wo es lang ging, sondern auf Vorschläge von dir wartete. Die darauf wartete, dass du zu ihr kommst.«
»Ja, ungefähr so. Ich bin ratlos und nun habe ich alles verdorben. Gib mir Zeit. Ich muss …«
»Du musst ein Mann werden, bevor du wie ein Mann handeln kannst.«
»Ja, so ist es. Ich bemühe mich, aber es ist nicht leicht. Gib mir bitte Zeit!«
»Heißt das, dass du bei mir bleiben willst?«
»Ja, unbedingt.«
»Gut. Auch ich will bei dir bleiben. Wie viel Zeit brauchst du?«
»Ein Jahr.«
»Was willst du in diesem Jahr machen?«
»Ich möchte ganz normal mit dir leben, ohne …«
»Ohne mit mir ins Bett zu gehen.«
»Ich weiß nicht. Nein, das ist es nicht. Ich …«
»Also, worauf soll ich in diesem Jahr verzichten?«
»Gib mir die Freiheit, Fehler zu machen und daraus zu lernen. Ich werde mich sehr bemühen. Wenn ich es nicht schaffe, gehe ich.«
»Du wirst es schaffen. Ich werde dich unterstützen.«
»Danke. Ich liebe dich, Linda.«
Donnerstag, der 15. April, begann ruhig. Holmes schlief lange und ließ das Frühstück in seine Kabine bringen.
Zum Mittagsmahl, das er mit Bruce Ismay in der Suite einnahm, hatte er Watson und die Bibliothekarin eingeladen, unter dem Vorwand, Details für die Lesung am Abend besprechen zu wollen.
»Länger als eine Stunde dürfen Sie nicht lesen, Watson«, riet der Detektiv. »Das hält kein Publikum aus.«
»Ich habe nicht vor, die Ohren der Passagiere zu quälen«, sagte der Doktor etwas gekränkt. »Und ich will auch die Zeit nicht beschneiden, in der Sie selbst über Ihre Arbeit als der Welt größter Detektiv berichten.«
»Entnehme ich Ihrer Stimme so etwas wie bitteren Sarkasmus, Watson? Wenn das so ist, ersuche ich Sie dringend, etwas direkter zu werden.«
»Gern. Aber nicht im Beisein einer Dame und von Mr. Ismay.«
»Nach dem Mahl und der Besprechung des Abendprogramms stehe ich für ein Vieraugengespräch zur Verfügung. Im Augenblick jedoch nicht«, wehrte Holmes ab.
»Ich werde Sitzplätze für etwa 50 Passagiere bereitstellen lassen«, schlug Irene Adler-Wolfe, alias Joyce Alexandra Ronstead, vor. »Sie, Mr. Holmes und Sie, Doktor Watson, werden gemeinsam mit mir an einem Lesetisch Platz nehmen. Ich werde Sie den Gästen vorstellen, dann wird Doktor Watson aus seinen Büchern lesen. Wir haben alle wesentlichen Bände in der Bibliothek. Auch ich glaube, dass eine Stunde Vortrag ein ideales Maß ist, um die Zuhörer nicht zu überfordern. Dann soll Sherlock Holmes berichten, was immer er dem Publikum erzählen will. Eine Frage noch, meine Herren. Soll den Besuchern die Möglichkeit gegeben werden, an Sie beide Fragen zu stellen?«
Watson sah Holmes Hilfe suchend an, dieser sagte: »Von meiner Seite besteht kein Einwand dagegen. Ja, ich würde die Kommunikation mit den Zuhörern sogar begrüßen.«
»Sie führen etwas Besonderes im Schilde, Mr. Holmes?«, fragte die Bibliothekarin interessiert.
»Nichts von Bedeutung, Miss
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