Sherlock Holmes und die Zeitmaschine (German Edition)
die er nun mit einiger Bestürzung betrachtete, war er selbst. Er war viel jünger und wirkte so naiv, weil er sich des Ausmaßes seines Verbrechens gegen die Menschheit überhaupt nicht bewusst war.
Alte Erinnerungen keimten wieder auf, von seiner Ankunft an der geflügelten Sphinx, nachdem er vor den Eloi geflohen war, und wie er daraufhin das Bronzetor geöffnet hatte. Er fühlte erneut die Hoffnung, die sich damals eingestellt hatte, als er auf die verloren geglaubte Maschine gestoßen war. Dann fiel ihm auch wieder ein, dass es eine Falle gewesen war.
Maddoc rief nach seinem jüngeren Ich, doch das Getöse, mit dem sich das Bronzetor schloss, übertönte seine Warnung. Morlocks strömten in die Dunkelheit und trachteten danach, ihn zu ergreifen. Sie stürzten sich auf den Zeitreisenden, der gerade die Hebel, die er zuvor entfernt hatte, in die Steuereinheit stecken wollte.
Maddoc kämpfte sich bis zur Maschine durch. Es war noch nicht zu spät, sich selbst vorzuwarnen. Vielleicht konnte er sogar gemeinsam mit seinem Alter Ego entkommen. Zwar würde es eng werden, zu zweit in einer Maschine, doch wenn sie wie Brüder dicht zusammenrückten, musste es funktionieren. Waren sie dann erst einmal in Sicherheit, konnten sie von einem früheren Zeitpunkt aus einen richtigen Angriff planen und die Funktionsweise der Maschine verbessern, um genau in dem Augenblick erneut in der Zukunft aufzutauchen, in welchem die Katastrophe ihren Lauf genommen hatte.
Er näherte sich dem hektischen Zeitreisenden und schickte sich an, den Apparat zu besteigen. Ein Morlock hielt ihn zurück. Maddoc trat nach ihm und wäre auch freigekommen, hätte sein anderes Ich nicht in diesem Augenblick eine Metallstange geschwungen, ohne richtig zu sehen, was er tat.
Maddoc wurde am Kopf getroffen, prallte gegen eine Wand und stand in seiner Benommenheit kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren. Er behielt die Zeitmaschine unter Schmerzen und wie durch einen roten Schleier hindurch im Auge, ehe sie mit ihrem Insassen nach einem kurzen Aufleuchten in die Vergangenheit entschwand.
Gierig stürzte sich die Horde der Morlocks auf den hilflos Zurückgelassenen.
»Mister Maddoc erzählte es uns im Zuge seiner Beschreibungen des Kampfes am Fuße der geflügelten Sphinx, nicht wahr?«, erinnerte sich Holmes.
»Ja, er verteidigte sich gegen alles und jeden, was immer auch in seine Nähe kam«, sprach Kent und sah sich um. »Er wird scheitern, weil er bereits versagt hat. Letztlich bringt sich der arme Kerl sogar selbst um, beziehungsweise hilft den Morlocks dabei, oder?«
»Das steht zu befürchten.«
»Paradoxon oder Ironie, Mister Holmes?«
»Ganz allmählich offenbart sich mir eine gewisse Logik hinter dem Zeitreisen«, sinnierte der Detektiv. »Aber wirklich nur ganz allmählich.«
»Dann haben Sie mir immerhin etwas voraus, Mister Holmes.«
»Nachdem die Mutter ihr angestammtes Jahrhundert erreicht hatte, suchte sie die Umgebung des einstigen Richmond auf, weil die Sümpfe um den Ort, der früher einmal London gewesen war, zum Gebiet der Eloi gehören.«
»Was können wir gegen die Morlocks aus der Zukunft unternehmen? Jede Wette, dass sie mittlerweile genug über Maddocs Maschine wissen, um eine zu bauen, mit der sie zurück in unsere Zeit gelangen.«
»Das müssen wir ihnen auch gestatten«, behauptete Holmes.
»Das meinen Sie doch nicht ernst!«
»Sogar sehr ernst, Inspektor. Wir müssen ihnen erlauben, diese Maschine zu bauen, und zwar genauso, wie Maddoc, der keine andere Wahl hatte, als in die Vergangenheit zurückzukehren.«
»So verhindern wir ein Zeitparadoxon, mit dem all unsere Bemühungen dahin wären.«
»So ist es.«
»Ich würde das Risiko in Kauf nehmen, alle möglichen Antinomien heraufbeschwören und selbst mein eigenes Leben aufs Spiel setzen, um zu verhindern, dass die Morlocks die Macht übernehmen«, schwor Kent. »Haben Sie die Gefangenen vergessen oder das, was denjenigen widerfahren ist, die wir nicht mehr retten konnten? Wir könnten dem jungen Dunning sowie allen anderen diese Erfahrung von vornherein ersparen.«
»Ich mag Ihr hehres Anliegen gar nicht bestreiten, weiß aber auch, dass wir nicht nachträglich Hand an Dinge legen dürfen, die sich bereits ereignet haben«, befand Holmes. »Die Zuversicht, die bei Ihnen in Hülle und Fülle vorhanden zu sein scheint, habe ich nicht, zumindest nicht in dem Maße, um nicht ohne Vorbehalte an einen allmächtigen Gott zu glauben. Ich bin mir allerdings
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