Sherlock von Schlotterfels 06 - Ein Gespenst unter Verdacht
er und Sherlock aneinander. Wochenlang hatte Hartfried durch Abwesenheit geglänzt. Doch jetzt kam er wieder angekrochen, um Geld zu erbetteln. Er ist dem Kartenspiel, den Weibern und dem Wein verfallen. Tausende von Talern hat er schon durchgebracht. Und jetzt kam er schon wieder, weil er hohe Spielschulden hatte. Er ist ein Tunichtgut, ein Schwerenöter, eine Schande für die Familie – auch wenn es mein Vaterherz schmerzt, das einzusehen.
Sherlock und ich konnten nicht länger mit ansehen, wie Hartfried seiner armen Mutter das Herz bricht und das Familienvermögen in Wirtshäusern und am Spieltisch verprasst. Unser Entschluss stand fest: Wir boten Hartfried eine sehr hohe Summe Geld. Er sollte sie nehmen und versprechen, nie mehr einen Fuß ins Schloss Schlotterfels zu setzen. Er zögerte nicht eine Sekunde, sondern stimmte augenblicklich zu, nahm das Geld und verschwand. Er muss große Angst vor seinen Gläubigern gehabt haben, sonst hätte er sich nie auf einen solchen Handel eingelassen .“
„Der Anfang der beiden Texte ist gleich, doch dann weichen sie total voneinander ab“, stellte Paula fassungslos fest. „Was hat das zu bedeuten?“ Paula riss überrascht die Augen auf. „Meint ihr, Professor Steinbrecher hat die Dokumente … gefälscht?“
Max strich sich über das Kinn. Sein Superhirn arbeitete auf Hochtouren. „Denken wir doch mal nach: Was wissen wir? Der Professor entdeckt auf dem Flohmarkt diese Schriftstücke.“ Er deutete auf das Blatt Papier in Sherlocks Händen. „In dem Text wird von Hartfried von Schlotterfels berichtet. Das ist natürlich ganz spannend, denn bis jetzt wusste keiner von ihm. Diese Minisensation kann er gut in seinem neuen Buch verarbeiten“, überlegte Max laut und tippte sich mit dem Zeigefinger gegen das Kinn. „Und dann kommt dem Professor die Idee, Sherlock einen Mord an seinem Bruder anzuhängen. Deshalb fälscht der Professor die Schriftstücke. Ja, Paula, ich denke, so könnte es gewesen sein. Aber warum? Nur um Papa eins auszuwischen?“
Plötzlich hüpfte Paula aufgeregt auf der Stelle. „Weil sich ein Buch, in dem es um Mord geht, viel besser verkauft, als ein Buch, das nur von Geschichtszahlen handelt.“
„Alles nur wegen des schnöden Mammons. Wie ordinär!“, näselte Freiherr von Schlotterfels.
„Aber wie hat er das gemacht?“, wunderte sich Paula. „Die Sache mit dem Fälschen?“
„Gute Frage!“, warf Sherlock ein. „Ich habe während der Lesung einen Blick in Professor Steinbrechers Buch werfen können. Ich habe auch die Seiten gesehen, die darin abgedruckt waren und die angeblich aus unserer Familienchronik stammen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich Stein und Bein darauf schwören, dass sie tatsächlich in der Handschrift meines Vaters verfasst worden sind!“
„Er muss die Handschrift Ihres Vaters gefälscht haben“, sagte Max. Unter den gespannten Blicken von Paula und Sherlock ging er zum Regal und zog ein Kästchen und ein Heft heraus. „Erinnert ihr euch? In dieses Kästchen hat der Professor bei unserem Besuch seinen Füller gelegt – zu ganz vielen anderen Stiften und Federn. Ganz bestimmten Federn!“ Max öffnete das Kästchen und hob eine Feder von dem purpurfarbenen Samt. „Mit dieser Feder kann man besonders schön schreiben. Mit solchen Federn wurde doch auch früher geschrieben, oder, Freiherr von Schlotterfels?“
Sherlock nickte bedächtig.
„Ah!“, rief Paula begeistert. „Professor Steinbrecher hat also mit diesem Dings da die Schrift von Wiprecht von Schlotterfels gefälscht!“
„Sapperlot noch eins, dieser Halunke!“, fauchte Sherlock und riss an seinem Jackett.
„Sherlock ist unschuldig! Sherlock ist unschuldig!“, sang Paula und tanzte vergnügt durch das Büro.
„Wie belieben?“, fragte das Gespenst mit hochgezogener Augenbraue nach.
Und schnell verbesserte Paula: „Freiherr von Schlotterfels ist unschuldig! Freiherr von Schlotterfels ist unschuldig!“
„Das sind natürlich bisher alles nur Vermutungen, aber ich finde, diese Papiere hier sprechen für sich“, sagte Max.
Genüsslich zwirbelte Sherlock seinen Schnurrbart. „Diese Dokumente gehören in die Hände der Polizei. Ich bin davon überzeugt, dass Kommissar Welkenrath sie ausgesprochen interessant finden wird.“ Mit diesen Worten wickelte Sherlock das Bändchen wieder um die Seiten.
Bestürzt rief Max: „Aber Freiherr von Schlotterfels, wir können doch diese Papiere nicht einfach so mitnehmen! Das wäre
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