Sherlock von Schlotterfels 06 - Ein Gespenst unter Verdacht
zurück.
„Dann könnten die Seiten, die Professor Steinbrecher auf dem Flohmarkt erstanden hat, also wirklich aus der Familienchronik stammen“, stellte Paula erschöpft fest und ließ sich in den Schreibtischstuhl plumpsen. „Aber eins verstehe ich nicht, Freiherr von Schlotterfels: Wenn Sie keinen Mord begangen haben, dann kann in der Chronik auch nichts von einem Mord drinstehen. Also wieso behauptet Professor Steinbrecher dann solche Dinge? Was sind das dann für Beweise, die er angeblich hat?“
„Finden wir es heraus!“, schlug das Gespenst vor und rieb sich tatendurstig die Hände. „Ich habe mit diesem sauberen Professor sowieso ein ziemlich fettes Hühnchen zu rupfen!“
Premiere
Die Buchhandlung am Markt erstreckte sich über zwei Etagen. Aus dem großen Schaufenster im Erdgeschoss lächelte das schmallippige Gesicht des Professors die Besucher von einem großen Poster aus an. In der Hand hielt er ein Buch. Es hieß „Geheimnisse unserer Stadt“.
„Froschauge!“, zischte Freiherr von Schlotterfels dem Schaufenster zu und starrte das Bild des Professors feindselig an.
„Kommen Sie, Freiherr von Schlotterfels, reißen Sie sich los, sonst bekommen wir keine guten Plätze mehr!“, drängte Paula leise und streckte die Hand nach Sherlocks Jackettärmel aus. Ein eisiges Prickeln ließ sie zurückschrecken. Schnell schob sie ihre Hand unter die Achsel, um die schockgefrorenen Fingerspitzen zu wärmen.
„Mann, diese Gespensterkälte ist aber echt nervig!“, brummelte sie.
„Aber sie gehört zu einem Gespenst wie die Soße zum Braten“, entgegnete Sherlock, während er Lilly vom einen Arm auf den anderen umbettete.
„Ich hätte nie gedacht, dass sich so viele Leute für ein Buch über Stadtgeschichte interessieren würden“, raunte Max seiner Schwester zu, als sie sich jetzt hinter ihrem Vater und Frau Hagedorn in die Besucherschlange einreihten.
Sie hatten fast den Eingang der Buchhandlung erreicht, als Max einen Ellenbogen im Rücken spürte. Ein blonder Mann im Trenchcoat kämpfte sich zu den Kuckelkorns durch. „Entschuldigung, Max, hab ich dich geschubst?“
„Oh prima, Verstärkung!“, rief Paula, bevor Max zu einer Antwort ansetzen konnte. „Toll, dass du da bist, Richard. Da wird Papa sich freuen!“
„Ehrensache!“, lächelte Kommissar Richard Welkenrath, der schon seit der Schulzeit Dr. Kuckelkorns bester Freund war. Er legte Dr. Kuckelkorn die Hand auf die Schulter. „Die Kavallerie ist da!“
Dr. Kuckelkorn warf seinem Freund einen dankbaren Blick zu.
Angeführt von Frau Hagedorn marschierten sie schließlich alle gemeinsam die Treppe hinauf in den ersten Stock der Buchhandlung. Dort standen schon ein Schreibtisch, zwei Stühle und ein Mikrofon auf einer Bühne bereit.
Als wäre sie eine Reiseleiterin und müsste ihre Touristengruppe zu der richtigen Stelle lotsen, quetschte sich Frau Hagedorn mit erhobenem Regenschirm bis zu den ersten freien Plätzen durch.
„Paula, Max, ihr setzt euch zu mir, damit ich euch im Auge habe!“, sagte die Haushälterin.
Als Paula sich neben Frau Hagedorn niederließ, schaute sie sich suchend nach Sherlock um. „Ach, du liebes Lieschen!“, zischte sie und zupfte Max am Ärmel. „Siehst du das, was ich sehe?“ Paula nickte in Richtung Bühne.
Mit auf dem Rücken verschränkten Armen stolzierte Sherlock Freiherr von Schlotterfels über die Bühne, während Lilly bei jedem Schritt ihres Herrn zwischen dessen Beinen durchhuschte.
„Das kann ja nicht gut gehen“, hauchte Max.
„Was soll denn diese Schwarzmalerei!“, schnalzte Frau Hagedorn, die natürlich keine Ahnung hatte, wovon Max und Paula sprachen. Sie ging einfach von dem Naheliegendsten aus. „Der Professor ist ja noch nicht mal da.“
„Wir müssen ihn da wegholen“, flüsterte Paula jetzt so leise, dass Max große Mühe hatte, sie zu verstehen.
„Zu spät“, raunte Max zurück.
Das gespannte Publikum begann zu applaudieren, als jetzt Professor Steinbrecher in Begleitung zweier Männer die Bühne betrat.
„Guten Abend, meine Damen und Herren“, begrüßte einer der Männer die Zuschauer. „Ich freue mich sehr, dass ich heute Abend im Namen der Buchhandlung am Markt Herrn Professor Steinbrecher begrüßen darf. Er wird Ihnen wie angekündigt Geheimnisse unserer Stadt verraten. Sie dürfen gespannt sein, denn noch nie war ein Vortrag über die Stadtgeschichte so aufregend, wie er es heute sein wird.“ Applaus brandete auf und Professor Steinbrecher
Weitere Kostenlose Bücher