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Sheylah und die Zwillingsschluessel

Sheylah und die Zwillingsschluessel

Titel: Sheylah und die Zwillingsschluessel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lolaca Manhisse
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man dachte, oder schon länger nichts mehr getrunken. »Also gut, ich werde sehen, was ich machen kann. Wie lange habe ich Zeit ?« »Eine Woche. Meine Frau und ich werden so lange im Hotel absteigen.« Fast entglitten mir meine freundlichen Gesichtszüge. Eine Woche war verdammt wenig, wenn man einen Haushalt, eine Teilzeitanstellung in einer Immobilienfirma und nebenbei noch einen Hochschulabschluss als technische Gebäudemanagerin zu bewältigen hatte. In nicht einmal mehr als einem Monat würde die mündliche Prüfung sein, und die Masterarbeit musste ich nächste Woche abgeben. Ich sagte jedoch nichts dergleichen, sondern nickte höflich und hoffte, dass mein Vater bald zurück war. Seit siebenundzwanzig Jahren leitete er Dark Immovable Property , kurz D.I.P genannt, eine Immobilienfirma, die sich auf die Bedürfnisse von Untoten spezialisiert hatte.
    Panzer- und Sonnenschutzglas gehörten da zur Grundausstattung. Er war vor zwei Wochen nach New York gereist, um sich mit einigen Klienten zu treffen, und wollte nach drei Wochen zurück sein. Da gab es zwar noch Louis, unseren französischen Stellvertreter, doch der war weniger für die Kunden als für den Papierkram zuständig, und so lag es an mir, unsere Kundschaft zu bedienen. Die Meiers bedankten sich und gaben mir ihre Visitenkarte mit einer neuen Nummer. Ich heftete sie in den Ordner und begleitete sie zur Tür. Es war riskant für einen Vampir, so knapp vor Sonnenaufgang noch herumzuspazieren. Sie gehen zwar nicht sofort in Flammen auf, wie uns Hollywood immer glauben machen will, aber sie verlieren ihre übernatürlichen Kräfte. Schlimmer noch, im direkten Sonnenlicht sind sie meist schwächer als ein gewöhnlicher Mensch und träger als ein Faultier, und irgendwann sterben sie natürlich, aber bis dahin ist es dann ein qualvoller Weg. Am Fahrstuhl verabschiedeten sie sich dann endgültig und fuhren dreizehn Stockwerke tiefer in die Tiefgarage. Erschöpft schaute ich auf die Uhr. Es war vier Uhr nachts, und ich war hundemüde. Eigentlich machte ich nie Spätschichten – oder in diesem Fall Frühschichten –, aber Gina war im Urlaub und unsere Aushilfe krank. Und da ich weder Zeit noch Lust hatte, eine Vertretung zu suchen, musste ich wohl oder übel in den sauren Apfel beißen.
    Ich spielte bereits mit dem Gedanken, die Nacht einfach hier zu verbringen. Wir hatten einen Schlafraum, der speziell für solche Schichten gedacht war, aber ich mochte es nicht besonders in der Firma zu schlafen, und schon gar nicht, wenn ich alleine war. Ja, ich bin dreiundzwanzig Jahre alt und fürchte mich immer noch im Dunkeln. Na und? Zwanzig Minuten später schnappte ich mir meine Tasche, stopfte Schlüssel und Zigaretten hinein, schaltete den Computer und das Licht aus und ging zum Fahrstuhl. Ihm haftete ein leicht süßlicher Geruch an, den ich gelernt hatte, mit Vampiren in Verbindung zu bringen. Während ich nach unten fuhr, fragte ich mich, warum das eigentlich so war. Sollten Vampire nicht eher nach Tod und Verwesung riechen? Noch bevor sich die Fahrstuhltür öffnete, erstarrte ich, denn in meine Nase drang der Geruch von Blut. Ich hockte mich auf den Boden, streifte die Tasche ab und zog meine Waffe. Es war eine SIG P226 X Five, die einen extrem schnellen Magazinwechsel hatte – eine Eigenschaft, die man in der Nähe von Vampiren zu schätzen lernte. Mein Vater hatte sie mir zum achtzehnten Geburtstag mitsamt einem Kurs und dem dazugehörigen Waffenschein geschenkt. Sehr fürsorglich, oder? Die SIG war mit Silberkugeln geladen, der einzigen Substanz, mit der man Vampiren ernsthaft schaden konnte, weil sie ihren Körper vergiftete. Als sich die Türen mit einem ‚Ding‘ öffneten, kauerte ich am Boden und zielte in die schwach beleuchtete Tiefgarage hinein. Das Deckenlicht flackerte und gab mir das Gefühl, in einem schlechten Horrorfilm gelandet zu sein. Ich blähte die Nasenlöcher und versuchte, etwas zu wittern, wusste aber, dass meine Nase in Menschenform so gut wie nutzlos war, auch wenn sie bei Weitem besser funktionierte als die eines gewöhnlichen Sterblichen.
    Gewöhnlich war ich allerdings seit meinem siebten Lebensjahr nicht mehr. Nicht, seit ich damals in Amerika von irgendetwas gebissen worden war. Meine Eltern und ich hatten früher dort gewohnt, und eines Nachts schlich ich aus dem Haus. Weswegen weiß ich nicht mehr und auch nicht, was in jener Nacht geschah. Nur dass ich mich am nächsten Morgen in einer Gasse wiederfand und mich wie ein

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