Sheylah und die Zwillingsschluessel
war sie eine Abenteurerin und wollte nicht auf einem Thron versauern. Zumal sie Abenteuer sicher mehr ablenken würden, als Urteile zu fällen und Friedensabkommen zu schließen. Graf Aresto und der übrige Rat – was aus Marces geworden war, wusste niemand - waren anfangs nicht begeistert gewesen, da die Blutlinie ja weitergeführt werden musste. Aber Sheylah konnte sie schließlich davon überzeugen und hatte nach einem heimlichen Gespräch mit Aros, ihrem Lieblingsratsmitglied, herausgefunden, dass sie ein Recht darauf hatte, auf die Krone zu verzichten. Allerdings konnte sie sich nicht endgültig von ihrem Erbe freisprechen, sondern musste bei jeder Krönung eines neuen Herrschers dabei sein und die Krönung vollziehen. Vielleicht war es doch nicht so schlecht, dass sie immer die Möglichkeit hatte, zurückzukehren und sich als Prinzessin zu versuchen. Die Truhe von Guanell brachte Sheylah nach Torentell, der Stadt der Ernte. Sie konnte sich noch gut an das Gespräch mit Melissa und Hanna erinnern und hatte ihr Versprechen nicht vergessen. Sie wollte den Mädchen Vieh und Gelder beisteuern, doch sie tat noch viel mehr darüber hinaus. Sie kaufte die beiden von Lisa frei und setzte sich somit wohl endgültig auf die schwarze Liste der Gräfin, doch das war ihr egal. Jetzt, wo Andrey tot war, verband die beiden nichts mehr und sie hoffte, nie wieder von der unheimlichen Hellseherin zu hören. Da die Schatzkammern des Königs hoffnungslos überfüllt waren, beschwerte sich niemand, dass sie so viel herausnahm, dass die beiden Städte wieder aufgebaut werden konnten. Es würde zwar noch einige Monate dauern, bis sie wieder erblühen würden, aber die Anwesenheit der Truhe in Torentell machte sich schon nach einer Woche bemerkbar. Sheylah bekam wöchentlich von den Mädchen Bescheid und so freute sie sich, dass sich in Torentell bereits wieder fruchtbarer Boden bildete.
Das Bündnis der Basa und Torger wurde erneuert und Neelas Geschwister und einige andere angesehene Basa, darunter Tobus, Mondingo und Medäha, wurden nach Torga eingeladen. Neela war sehr aufgeregt und zeigte ihren Geschwistern jeden Winkel der Stadt. Von dem Tag an durfte sich jeder Basa frei in Torga bewegen, was natürlich auch andersherum galt. Graf Aresto benahm sich zu Anfang noch etwas steif. Sheylah rechnete es ihm jedoch hoch an, dass er die Basa überhaupt duldete – sie wusste ja, wie der Graf war. Aber schon bald eröffnete das Bündnis ganz neue Handelsmöglichkeiten, von denen beide Seiten profitierten. Man sprach sogar davon, neue Geschäfte zu eröffnen, in denen Baser ihre Heilkräuter verkaufen und von Schulen in Basa, die von torgischen Lehrkräften geleitet werden sollten. Beide Völker blickten also einer friedlichen und lohnenden Zukunft entgegen und so erklärten sie sich zu Handelspartnern. Das war jetzt zwei Wochen her und Sheylah genoss jede Sekunde des Nicht-Prinzessinnenseins. „Was machen wir jetzt?“, fragte Neela und riss ein paar Grashalme aus dem Boden. Sheylah wusste, was sie meinte. Seit einer Woche lungerten die drei herum, ohne eine richtige Beschäftigung zu haben. Da Sheylah nicht mehr offiziell Prinzessin war, hatte sie keinerlei Verpflichtungen mehr. Neela war immer schon eine Kriegerin gewesen, aber wo es keinen Kampf gab, hatte sie auch nichts zu tun. Nur Djego stand noch im Dienste des Grafen, bekam aber auch nicht viele Aufträge. Er war Truppenführer gewesen, aber jetzt gab es keine Truppen mehr und so saß auch er tatenlos herum. „Wir könnten uns die große weite Welt anschauen“, schlug Sheylah vor. „Und wo sollen wir anfangen? Außer unserem Königreich und das der Basa kennen wir keines. Wer weiß, was dort draußen lauert“, bemerkte Djego. Sheylah und Neela sahen sich an und dachten das Gleiche: Feigling. „Du hast doch bloß Angst vor dem Unbekannten“, neckte Sheylah ihn, doch Djego war nicht zum Scherzen aufgelegt. „Du etwa nicht?“, fragte er beleidigt. Sheylah zuckte mit den Schultern. „Hör mal“, begann Djego und seine eindringliche Stimme sagte ihr, dass sich das Gespräch in keine erfreuliche Richtung endete. „Wenn du das nur tust, um dich von Andrey …“, sagte er, doch Sheylah unterbrach ihn. „Es geht hier nicht um Andrey!“ „Bist du dir sicher?“, hakte er nach und Sheylah wurde wütend. „Ich weiß verdammt noch mal selbst, dass Andrey nicht wieder zurückkommt und dass nicht einmal alle Abenteuer der Welt genug wären, um ihn zu vergessen, aber was soll
Weitere Kostenlose Bücher