Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shimmer

Shimmer

Titel: Shimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
Vom Netzwerk:
nördlich.
    Erneut kamen Funksprüche herein, und Martinez strengte sich an, sie über den Motorenlärm hinweg zu hören.
    »Sie haben den Cruiser ausgemacht!«, rief er.
    »Wo?«, brüllte Sam zurück, während sie auf den Atlantik hinausdonnerten.
    »Was ist das? « Grace hatte die Reling losgelassen und versuchte, irgendetwas durchs Fernglas hindurch zu erkennen. Sie beugte sich vor. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, und sie drückte sich an die Bootswand, um besseren Halt zu haben. »Genau vor uns.«
    »Das ist er!«, rief Martinez. »Das muss er sein!«
    Sie alle sahen ihn: einen kleinen weißen Baha Cruiser ein paar Kilometer Richtung Osten.
    Er schien nicht zu fahren, sondern auf dem Meer zu schaukeln.
    Die Windswept sprang noch immer über die Wellen.
    »Du solltest lieber abbremsen«, sagte Martinez zu Sam.
    »Sam, langsam! «, rief Grace.
    Sam zog den Gashebel zurück, und das Boot reagierte sofort.
    Wir kommen, Joshua. Wir holen dich.
    Sam war sich der anderen Boote bewusst, die von Norden und Süden in ihre Richtung kamen. Er war sich auch der Lichter und Geräusche bewusst, und der Bewegung auf dem Wasser. Alle kamen, um zu helfen. Das Funkgerät verstummte gar nicht mehr.
    »Vielleicht sollten wir das lieber der Küstenwache überlassen!«, rief Martinez.
    Dabei wusste er genau, dass Sam sich niemals darauf einlassen würde.

104
     
    Die Baby lag jetzt still im Wasser.
    Sie fuhr nirgendwohin.
    Dieser alte Cruiser hat schon viel Leben gesehen , sinnierte Cal. Viel Leben und viel Tod.
    Er konnte nirgends mehr hin.
    Es war Zeit.

105
     
    Sie waren nur noch knapp dreihundert Meter entfernt, und Sam hatte die Windswept fast vollständig abgebremst.
    »Al, übernimm mal«, rief er und zog die Schuhe aus.
    »Was tust du da, Mann?« Martinez sprang herbei und packte das Steuerrad.
    »Ich gehe unseren Sohn holen.« Sam kletterte bereits auf die Reling.
    »Sam, ich weiß nicht.« Grace hielt ihn am Arm fest, ließ ihn dann aber wieder los. Plötzlich sah sie alles glasklar.
    »Bitte sei vorsichtig«, sagte sie. »Ich brauche euch beide noch.«
    Martinez schaute zum Hubschrauber hinauf und sah die grün-weißen Markierungen. »Wenn du schon gehen musst, dann am besten jetzt.«
    Sam sprang.
    Er hatte schon den halben Weg zurückgelegt, als plötzlich die Welt explodierte.
    Sam spürte die Schockwellen in seinem ganzen Leib. Sie jagten durch Wasser und Luft und zogen ihn viel zu lange unter die Wasseroberfläche. Als er wieder auftauchte, würgte er und spuckte Salzwasser.
    Er sah Sterne am Himmel, überall feurige Sterne ...
    Nein, das waren keine Sterne.
    »Joshua!« , rief er.
    Die Explosion hatte ihn taub gemacht, sodass er nicht einmal seine eigene Stimme hörte.
    »Sam!« , kreischte Grace.
    » Mein Gott«, stieß Martinez hervor. Er spürte, wie die Windswept hin und her geworfen wurde. Kurz fragte er sich, ob da noch mehr kam und ob er Grace von hier wegbringen sollte.
    Dann endete das wilde Schaukeln.
    Eine seltsame Stille breitete sich aus.
    »Ich kann nichts sehen!«, schrie Grace, denn der Rauch war dicht wie Nebel.
    »Sam!« , brüllte Martinez.
    Dank einer frischen Brise verzog der Rauch sich langsam.
    Sie standen beide an der Reling, nahe beieinander, und versuchten, etwas zu sehen.
    »Mein Gott!« Martinez schnappte nach Luft.
    Die Baby war verschwunden.
    Bruchstücke, Splitter und winzige Teile von Gott weiß was prasselten noch immer wie ein unheimlicher Regen vom Himmel und legten sich auf die Wasseroberfläche.
    »Joshua!«, kreischte Grace. »Sam!«
    Plötzlich setzte sie sich in Bewegung und versuchte, über die Reling zu klettern und ins Wasser zu springen.
    »Nein!« Martinez schlang die Arme um ihre Hüfte.
    »Lass mich los!«
    »Das kann ich nicht.«
    Und dann sah er ihn.
    »Da!«, rief er. »Da ist Sam!«
    Grace erstarrte. Nun sah sie ihn auch. Sein dunkler Kopf hüpfte auf der Wasseroberfläche, und er schnappte nach Luft. Dann tauchte er wieder unter.
    Die Erkenntnis traf Martinez wie ein Schlag.
    »Mein Gott!«
    Denn da war nichts mehr, wonach man hätte tauchen können.
    »Joshua«, flüsterte Grace und brach zusammen.
    Martinez fing sie auf.
    Es war lange her, seit er zum letzten Mal geweint hatte.
    Sam tauchte zum fünften Mal wieder auf. Sein Herz drohte vor Trauer und Zorn zu explodieren, doch er sah es, bevor die Funkleitstelle die Sichtung aus dem Helikopter meldete.
    »Schlauchboot auf Nordost.«
    Moses als Säugling.
    Kurz trat Sam Wasser, schnappte nach Luft, rieb sich das

Weitere Kostenlose Bücher