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Shining Girls (German Edition)

Shining Girls (German Edition)

Titel: Shining Girls (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Beukes
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schreiben. Zum Beispiel:
    Raumschiff heb ab
    Bring mich weit weg von hier
    Die Sterne warten
    Oder:
    Sie verschwindet
    Gefaltet wie Origami
    In ihren eigenen Träumen
    Rachel applaudiert immer begeistert, wenn sie ihr einen neuen Haiku vorliest. Aber Kirby denkt inzwischen, dass sie auch den Text auf der Seite der Cocoa-Krispies-Schachtel abschreiben könnte, und ihre Mutter würde genauso laut jubeln, besonders, wenn sie stoned ist, was dieser Tage immer häufiger vorkommt.
    Sie gibt So-John die Schuld. Oder wie er sonst heißt. Rachel wird es ihr nicht erzählen. Als ob Kirby nicht morgens um drei das Auto vorm Haus hören würde, oder die gezischelten Unterhaltungen, unverständlich, aber voller Anspannung, bevor die Tür zuknallt und ihre Mutter versucht hereinzuschleichen, ohne sie zu wecken. Als ob sie sich nicht fragen würde, woher das Geld für ihre Miete kommt. Als ob das nicht schon
jahrelang
so ginge.
    Rachel hat ihre sämtlichen Bilder auf dem Rasen ausgelegt – sogar das große von Lady Shalott in ihrem Turm (das ist Kirbys Lieblingsbild, obwohl sie es nie zugeben würde), das normalerweise zusammen mit den anderen Gemälden, die ihre Mutter anfängt, aber irgendwie nie fertigbekommt, hinten in der Besenkammer verstaut ist.
    «Veranstalten wir einen Flohmarkt?», fragt Kirby, obwohl sie weiß, dass Rachel diese Frage ärgern wird.
    «Oh, Honey», ihre Mutter wirft ihr ein unaufmerksames Halblächeln zu, so wie sie es macht, wenn sie von Kirby enttäuscht ist, was zur Zeit ständig der Fall zu sein scheint. Und zwar gewöhnlich, wenn Kirby etwas sagt, das nach Rachels Meinung zu erwachsen für sie ist. «Du verlierst dein kindliches Staunen», hat sie ihr vor zwei Wochen mit solcher Schärfe in der Stimme erklärt, als wäre es das Schlimmste auf der Welt.
    Merkwürdigerweise scheint es Rachel nichts auszumachen, wenn Kirby in echte Schwierigkeiten gerät. Nicht, wenn sie sich in der Schule mit anderen prügelt, und nicht einmal, als sie aus Rache Mr. Partridges Briefkasten in Brand gesetzt hat, weil er sich ständig darüber beschwert, dass Tokyo immer seine Erbsenpflanzen ausgräbt. Ihre Mutter hat sogar ein großes Pseudodrama aufgeführt, sie hatten sich laut genug angebrüllt, dass dieser selbstgerechte Schwätzer von nebenan es durch die Wände hören konnte, und ihre Mutter hatte geschrien: «Weißt du denn nicht, dass es ein Kapitalverbrechen ist, den US -Postdienst zu behindern?», bevor sie kichernd zusammengebrochen waren und sich mit der Hand den Mund zugehalten hatten.
    Rachel deutet auf ein Miniaturbild, das genau zwischen ihren bloßen Füßen liegt. Ihre Fußnägel sind in einem hellen Orange lackiert, das ihr nicht steht. «Findest du das hier nicht zu
brutal
?», fragt sie. «Zu viel grausame Natur, rot an Zahn und Klaue?»
    Kirby weiß nicht, was das bedeutet. Sie hat Mühe, die Bilder ihrer Mutter auseinanderzuhalten. Alle zeigen bleiche Frauen mit langem, fließendem Haar und traurigen, für ihre Köpfe viel zu großen Insektenaugen in feuchten Landschaften aus Grün- und Blau- und Grautönen. Rot kommt überhaupt nicht vor. Rachels Kunst erinnert sie an das, was die Lehrerin im Sportunterricht gesagt hat, als sie immer wieder den Absprung aufs Pferd verfehlt hatte. «Mein Gott, jetzt versuch’s mal ein bisschen weniger angestrengt!»
    Kirby zögert, weiß nicht, was sie sagen soll, ohne ihre Mutter aufzuregen. «Ich finde es eigentlich ganz gut.»
    «Oh, aber ganz gut ist gar nichts!», ruft Rachel, packt sie an den Händen und zieht sie in einem wirbelnden Foxtrott über die Bilder. «Gut ist die exakte Definition von Mittelmäßigkeit. Das ist höflich. Das ist gesellschaftlich akzeptiert. Wir müssen besser und intensiver leben als nur
gut
, Darling!»
    Kirby windet sich aus ihrem Griff und schaut auf all die schönen, traurigen Mädchen hinunter, die ihre dürren Arme emporrecken wie Gottesanbeterinnen. «Mm», sagt sie. «Soll ich dir helfen, die Bilder wieder reinzubringen?»
    «Oh, Honey», sagt ihre Mutter so mitleidig und verächtlich, dass Kirby es nicht aushält. Sie rennt zum Haus, poltert die Verandatreppe hinauf und vergisst, ihrer Mutter von dem Mann mit dem dünner werdenden Haar und den zu hoch gezogenen Jeans und der Boxernase zu erzählen, der im Schatten der Platane neben Mason’s Tankstelle gestanden und mit einem Strohhalm aus einer Flasche getrunken hat, während er sie beobachtete. Die Art, auf die er sie ansah, hatte Kirbys Magen hochsteigen lassen, wie

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