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Shining

Shining

Titel: Shining Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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alptraumhafter Maskenball statt, und er war schon seit Jahren im Gange. Ganz allmählich waren hier Kräfte entstanden, heimlich und stumm, so wie ein Bankkonto Zinsen trägt. Kraft, Gegenwart, Gestalt, das waren alles nur Worte, und keins von ihnen spielte eine Rolle. Es trug viele Masken, aber es bedeutete alles dasselbe. Jetzt, irgendwo, kam es, um ihn zu holen. Es versteckte sich hinter Daddys Gesicht, es imitierte Daddys Stimme, es trug Daddys Kleidung.
    Aber es war nicht sein Daddy. Es war nicht sein Daddy.
    »Ich muss ihnen helfen!« schrie er.
    Und jetzt stand Tony direkt vor ihm, und Tony anzusehen, war wie in einen Spiegel zu schauen und sich selbst in zehn Jahren zu sehen, mit weit auseinander liegenden, sehr dunklen Augen, festem Kinn und einem gutgeschnittenen Mund. Das Haar war so blond wie das seiner Mutter, und doch waren es die Züge seines Vaters, als ob Tony – als ob der Daniel Anthony Torrance, der er eines Tages sein würde – eine Mischung zwischen Vater und Sohn war, beider Geist, eine Verschmelzung.
    »Du musst versuchen zu helfen«, sagte Tony. »Aber dein Vater … er steht jetzt auf der Seite des Hotels. Dort will er sein. Es will auch dich, Danny, denn es ist sehr gierig.«
    Tony ging an ihm vorbei und verschwand in den Schatten.
    »Warte«, rief Danny. »Was kann ich –«
    »Er ist jetzt ganz nahe«, sagte Tony und ging weiter. »Du musst rennen … dich verstecken … dich von ihm fernhalten. Halte dich von ihm fern.«
    »Tony, das kann ich nicht.«
    »Aber damit hast du doch schon angefangen«, sagte Tony. »Du wirst dich an das erinnern, was dein Vater vergessen hat.« Tony war verschwunden.
    Und von irgendwo aus der Nähe kam die Stimme seines Vaters, kalt und beschwörend: »Danny? Du kannst rauskommen, Doc. Nur eine kleine Tracht Prügel, das ist alles. Nimm sie wie ein Mann, und es wird alles vorbei sein. Wir brauchen sie nicht, Doc. Nur du und ich, okay? Wenn wir die paar … Prügel … hinter uns haben, sind es nur noch du und ich.«
    Danny rannte.
    Hinter ihm kam der wahre Charakter der Kreatur durch die Scharade von Normalität zum Vorschein.
    »Komm her, du kleiner Scheißkerl! Auf der Stelle!«
    Einen langen Korridor entlang, keuchend und schwer atmend. Um die Ecke herum. Eine Treppe hoch. Und während er lief, schrumpften die hohen und weit entfernten Wände; der Teppich, den er nur verschwommen unter seinen Füßen gesehen hatte, nahm jetzt das vertraute schwarzblaue Muster an, dessen Ranken sich geschmeidig ineinander verwoben; die Türen hatten wieder Nummern, und hinter ihnen gingen die Partys weiter, die nur eine einzige Party waren, besucht von Generationen von Gästen. Die Luft um ihn herum schien zu flimmern, und laut hallte das Echo der dröhnenden Schläge wider. Er schien aus dem Schlaf heraus durch irgendeinen dünnen Schleier hindurchzutreten und stand auf dem Teppich vor der Präsidentensuite im dritten Stock; in seiner Nähe lagen wie ein blutiges Bündel die Leichen von zwei Männern in Anzügen und mit schmalen Krawatten. Sie waren durch Schüsse aus einer Schrotflinte getötet worden, und jetzt fingen sie vor seinen Augen an sich zu bewegen, und sie standen auf.
    Er atmete tief ein, um zu schreien, aber er blieb stumm.
    (!!FALSCHE GESICHTER!1NICHT WIRKLICH!!)
    Sie verblassten vor seinem Blick wie alte Photographien und waren verschwunden.
    Aber unter ihm wurde der Schläger immer wieder gegen die Wand gedonnert, und schwach klangen die Geräusche durch den Fahrstuhlschacht und über die Treppe herauf. Die beherrschende Macht des Overlook irrte in Gestalt seines Vaters im ersten Stock herum.
    Mit einem leisen quietschenden Geräusch öffnete sich hinter ihm eine Tür.
    Eine verfallene Frau in einem verrotteten Seidenkleid stolzierte heraus, die vergilbten, klaffenden Finger voll grünspanüberzogener Ringe. Dicke Wespen krochen ihr träge über das Gesicht.
    »Komm herein«, flüsterte sie ihm zu und grinste mit schwarzen Lippen. »Komm herein, dann tanzen wir den Tango …«
    »Falsches Gesicht!« zischte er. »Nicht wirklich!« Sie zog sich mit allen Anzeichen der Bestürzung zurück, verblasste und war verschwunden.
    »Wo bist du?« schrie es, aber immer noch war die Stimme nur in seinem Kopf. Er hörte immer noch das Ding unten im ersten Stock, das Jacks Gesicht trug … und noch etwas hörte er.
    Das hohe, jaulende Geräusch eines Motors, der sich näherte.
    Mit einem leisen Keuchen hielt Danny den Atem an. War das nur noch ein Gesicht im Hotel,

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