Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen
hatte.
Doch statt hinter Gitter zu kommen, war Christian schließlich in der Anstalt Our Lady of Virtues gelandet, wo er sich einer Gruppe aggressiver soziopathischer Jugendlicher in seinem Alter anschloss, die ihre gewalttätigen Neigungen pflegten.
Während seiner Zeit im Krankenhaus hatte Christian Faith Chastain kennen und lieben gelernt und vermutlich eine Affäre mit ihr gehabt.
Im Kellergeschoss des alten Krankenhauses entdeckte die Polizei Pomeroys Unterschlupf, einen alten OP-Saal, den der Serienmörder in eine skurrile Wohnung verwandelt hatte.
Bibelverse und religiöse Sprüche waren an die Wände geschrieben worden. Darüber hatte Pomeroy in Leuchtfarbe die sieben Todsünden notiert und jeder einzelnen die entgegengesetzte Tugend zugeordnet.
Die Einrichtung bestand aus einer Pritsche mit Schlafsack und einem altmodischen Sekretär, in dem Pomeroy die Schätze hortete, die er seinen Opfern abgenommen hatte. Courtney LaBelles Gelöbnisring lag in einem kleinen Fach neben Luke Giermans Rolex, um Asa Pomeroys Geldspange war Gina Jeffersons Goldkettchen mit Kreuz arrangiert, um Billy Zachary Furloughs kostbaren Revolver hatteder Mörder Maria Montoyas Lieblingsrosenkranz gewunden …
Wie es aussah, hatte Christian Pomeroy seine Rache jahrelang geplant, als so genannte Wiedergutmachung, geprägt durch die antiquierten Ansichten seiner Mutter über Sünde und Sühne.
Er hatte Courtney LaBelle sogar das Brautkleid seiner Mutter übergestreift, das er über die Jahre hinweg aufbewahrt hatte.
Die Polizei hatte auf einem in dem Sekretär verborgenen Blatt Papier eine Liste mit vierzehn Namen potenzieller Opfer gefunden, denen jeweils ihre angeblichen Sünden und Tugenden zugeordnet waren. Sechs Namen waren durchgestrichen – die Namen der sechs Opfer, die bereits ihr Leben gelassen hatten. Von den verbleibenden Namen waren vier umkringelt, und zwar Simón Montoya, Dana Chastain, Thaddeus Heller und Susanna Chastain. Stolz, Demut, Trägheit des Herzens und Streben nach Gerechtigkeit. Die verbleibenden vier Personen, deren Namen Abby nicht kannte, repräsentierten Neid, Großmut, Völlerei und Mäßigung und waren ihrem Schicksal entronnen. Das glaubte man zumindest. Die Polizei war noch mit der Prüfung ihrer Aufenthaltsorte befasst.
Pomeroys letzte Worte ließen Abby jedoch immer noch keine Ruhe.
Heute Abend fängt alles erst an.
Blödsinn! Er war tot. Und sie glaubte nicht an seine Auferstehung.
Warum überfiel sie dann bei dem Gedanken an ihn immer noch diese leise Angst? Diese Eiseskälte, die tief in ihre Seele kroch?
Weshalb suchte er sie jetzt in ihren Albträumen heim?
»Hast du Sorgen?«, fragte Montoya und schloss die Tür hinter sich.
»Immer noch dieselben«, gestand sie, wollte aber nicht über Pomeroy und das Grauen, das er bewirkt hatte, reden. Es war vorbei. Erledigt.
»Wie wär’s, wenn ich dich zu einem Bier einlade?«
»Klingt gut.«
Sie gingen in die Küche, wo Abby den Kühlschrank öffnete. Montoyas Handy klingelte. Er zog das Gerät aus der Tasche und warf einen Blick auf das Display.
»Die Pflicht ruft. Es ist Bentz«, sagte er mit einem Lächeln und drückte die Annahmetaste. »Montoya.«
Abby öffnete zwei Bierflaschen. Sie reichte Montoya eine davon und stellte fest, dass sich, während er Bentz stumm lauschte, sein Gesichtsausdruck veränderte. Er biss die Zähne zusammen. »Nein, ich hatte keine Ahnung«, sagte er schließlich. »Das ist mir völlig neu.« Er trank einen Schluck Bier und hörte weiter zu. Sein Blick schweifte zu Abby.
Abbys Magen krampfte sich zusammen. Da stimmte etwas nicht.
»Ja, ich bin bei ihr … Ich frage sie und melde mich dann wieder.«
»Was sollst du mich fragen?«, wollte sie wissen, sobald er das Gespräch beendet hatte. Ihre Finger spannten sich um die kalte Bierflasche.
»Es geht um deine Mutter.«
Abby verspürte den kalten Hauch der Angst im Nacken.
»Was ist mit ihr?«, fragte sie.
»Sie hat außer dir und deiner Schwester keine weiteren Kinder bekommen, oder?«
»Nein. Nur Zoey und mich.« Was für eine Frage … Ihr wurde flau im Magen. Sie stellte ihr Bier auf den Tresen.
»Und du bist mit einem Kaiserschnitt auf die Welt geholt worden?«
»Nein!« Abby schüttelte den Kopf.
»Und Zoey?«
»Auch nicht. Ich bin mir ganz sicher. Ich habe die Geschichten von unseren Geburten von Mom und Dad gehört. Und früher habe ich Mom schon mal nackt gesehen. Sie hatte keine Narbe. Wieso?«
»Bentz hat gerade die Akte deiner
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