Shon'jir – die sterbende Sonne
den bedeutenden Mächten von Kesrith, im besonderen mit Stavros, dem Ehrenwerten George Stavros, Gouverneur der neuen, von den Menschen eroberten Gebiete. Duncan hatte sich auf seinem Posten still durch einen militärischen medizinischen Gehilfen ersetzt gefunden, einem Evans, E. Er war aus den Hinterlanden von Kesrith und dem Lazarett zurückgekehrt, um diese Situation vorzufinden, und obwohl er es gehofft hatte, hatte er keine Aufforderung dazu erhalten, in sein altes Quartier im Vorraum von Stavros' Apartment zurückzukehren, diesen Posten des Regul Protokolls, den die Menschen inmitten ihrer unterworfenen Gastgeber doch noch peinlich genau in der Öffentlichkeit wahrnahmen. Ein Ältester von Stavros' hohem Rang mußte zumindest einen Jungling haben, der sich um seine Bedürfnisse kümmerte und unwillkommene Besucher abwies; und diese Pflicht oblag jetzt Evans. Duncan wurde auf Abstand gehalten; sein Kontakt mit Stavros, einst eng, war plötzlich formell: ein gelegentlicher Gruß, wenn sie in der Halle aneinander vorbeikamen, das war schon alles. Selbst die Befragung nach seiner Mission war von anderen durchgeführt worden, durch die Wissenschaftler, die Mediziner und die Militärs.
Duncan begriff seine Ungnade jetzt als dauerhaft. Sie war Stavros' Konzession an die Regul, die ihn haßten und seinen Einfluß fürchteten. Und welches seine Position auf Kesrith hiernach sein würde, wußte er nicht.
Für seine persönlichen Hoffnungen war es das Ende. Durch die Pflege von Stavros' Gunst hätte er sich in eine Position im kolonialen Stab hinaufarbeiten können. Ihm stand immer noch aufgrund seiner Anstellung für fünf Jahre während des gefährlichen Stadiums der Kesrithi-Mission eine lukrative Bezahlung zu – Gehalt, Prämie und Transport zu der Welt seiner Wahl, oder Niederlassung auf Kesrith selbst, wenn der Gouverneur zustimmte. Einst hatten solche Hoffnungen, die er halb glaubte, ihn kurz angelockt. Er hatte den Posten angenommen, weil er ein Angebot war, in einem Gebiet und zu einer Zeit, wo Angebote selten waren; und weil er sich seinem statistischen Überlebenslimit bei gefährlicheren Missionen genä- hert hatte. Damals war ihm der Posten als Möglichkeit zum Überleben erschienen, wenigstens knapp – wie er immer überlebt hatte.
Er hatte wieder überlebt, war zernarbt, sonnenverbrannt und geistig erschüttert von Stavros' Dienst zurückgekehrt, nach einem Marsch durch die Kesrithi Hinterlande, den die kürzlich angekommenen regulä- ren Truppen nie überlebt hätten. Er hatte Kesrith kennengelernt, wie es kein anderer Mensch nach ihm tun würde; und er war unter Mri gewesen und lebendig zurückgekehrt, was kein Mensch vor ihm geschafft hatte.
Und in seinem Schmerz hatte er Stavros die Wahrheit von dem berichtet, was er erfahren hatte, direkt und vertrauensvoll.
Das war sein großer Fehler gewesen.
* * *
Er ging an der Tür von Stavros und Evans vorbei und öffnete sein eigenes Apartment, spartanisch eingerichtet und ohne den kleinen Vorraum, der für den Status im Nom wesentlich war, was die Regul anging. Er berührte den Schalter, der die Tür schloß, und öffnete an derselben Schalttafel die Sturmschilde. Die Fenster gewährten Ausblick auf den Weg, den er gekommen war, auf die FLOWER auf ihrer Kuppe, ein geducktes halbes Ei auf Stelzen; auf den Himmel, der zumindest im Augenblick wolkenlos war und von rostigem Blaßrot. Seit Tagen hatte es keinen Sturm mehr gegeben. Wie die verschiedenen Bewohner von Kesrith schien auch die Natur ihre Gewalt verausgabt zu haben; es lag eine erschöpfte Ruhe über der Welt.
Duncan zog sich aus und wusch sich mit einer Spezial-Lotion ab, eine Praxis, die wegen des ätzenden Staubes von Kesrith ratsam war, auf der sein Arzt nach wie vor bestand, und zog sich dann seine leichtere Uniform an. Er wollte in die Bibliothek gehen, in das Gebäude jenseits des Nom-Platzes, das durch einen unterirdischen Tunnel zu erreichen war, ein Teil des Universitätskomplexes der Regul, den jetzt die Menschen hielten.
Dort verbrachte er seine Nachmittage und Abende; und jeder, der Sten Duncan zu Hause in den Heimatterritorien der Menschheit gekannt hatte, hätte das unglaublich gefunden. Er war kein Gelehrter. Er war in seinem Beruf gut ausgebildet: er kannte die Mechanik von Schiffen und Waffen, verstand etwas von Geologie und Ökologie und der Arbeitsweise von Computern – von allen Gebieten, die für wirksamen Kampf notwendig waren, und in denen er von einer Kriegszeitjugend
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