Showdown
verhindern. Andreas Papandreou hatte in den USA studiert, bei der US -Marine gedient und besaß von 1944 bis 1963 sogar die amerikanische Staatsbürgerschaft. Diese legte er ab und zog ins griechische Parlament. Sein Vater Georgios war zu jener Zeit Ministerpräsident Griechenlands. Andreas Papandreou wandte sich zunehmend gegen die USA , ihre Militärpräsenz und die Abhöraktionen des CIA in den griechischen Regierungsgebäuden.
Der Obristen-Putsch brachte eine nun sehr US -freundliche Militärregierung an die Macht, Vater und Sohn Papandreou wanderten erst ins Gefängnis, später ging Andreas ins schwedische Exil. Immer wieder machte er die CIA öffentlich für den Militärputsch verantwortlich. Es folgten Jahre der Militärdiktatur und Unterdrückung. Erst 1974 gelang es den Griechen, die Diktatur abzuschütteln und eine Demokratie und zumindest so etwas Ähnliches wie ein modernes Staatswesen aufzubauen. Und erst seit diesen wenigen Jahren ist Griechenland wieder in der Lage, eine Wirtschaft zu entwickeln, die diesen Namen tatsächlich verdienen könnte.
Fassen wir alles zusammen, müssen wir feststellen, dass das griechische Volk seit fast 2200 Jahren der Herrschaft und Willkür fremder Mächte ausgesetzt war. Mächten, die nie das Wohl der griechischen Bevölkerung, sondern stets nur das des eigenen Volkes oder überhaupt die eigenen persönlichen Interessen im Blick hatten. Über zwei Jahrtausende lernten die Griechen, dass »die Regierung« – »der Staat« – der Feind war. Es war längst keine Sache des Volkes (Republik = res publica = Sache des Volkes), sondern stets nur ein feindseliges Gebilde, dem man möglichst aus dem Weg ging. Nur allzu verständlich, dass sich hier ein System etablierte, in dem man dem Staat bei jeder nur denkbaren Gelegenheit etwas abtrotzte, Steuern hinterzog und dabei nicht ansatzweise ein schlechtes Gewissen haben musste. Man sah zu, dass man untereinander klarkam. Man hat sich auf den Familienbund und den Freundeskreis verlassen. Hier hat man sich, so gut es geht, gegenseitig geholfen, unterstützt und protegiert. Nur so war ein Durchkommen gewährleistet.
Ist es nicht naiv anzunehmen, dass solch ein aus der Not geborenes Verhaltensmuster, das sich über 2000 Jahre ins kollektive Gedächtnis eingrub und zum Selbstverständnis eines Volkes führte, sich binnen gerade einmal einer Generation ( 35 Jahre) ändern ließe? Es bedarf größter Anstrengungen und vieler Jahre, in denen der Staat und seine Bediensteten das so lange verlorene Vertrauen der Bevölkerung wieder zurückgewinnen müssen. Erst dann ist damit zu rechnen, dass sich über lange Zeiträume ein Wir-Gefühl mit dem Staat einstellt, das auch die Sinnhaftigkeit von Steuerzahlungen plausibel werden lässt. Davon ist Griechenland vermutlich noch viele Jahre entfernt. Der Umstand, dass die Politiker, die heute in Amt und Würden stehen, es ihren Vorgängern der letzten Jahrhunderte in bewährter Weise nachmachen, erschwert diese Entwicklung massiv. Aus den Besatzern von einst sind inzwischen Politiker aus den eigenen Reihen geworden, die sich zu großen Teilen wiederum nur um die persönlichen Pfründe und die ihrer »Vettern« kümmern. Was hat sich also für die griechische Bevölkerung geändert? Ist es da so verwunderlich, dass der Bericht des »Schlei-Boten« von 1897 solche Aktualität besitzt?
Die vorangegangenen Zeilen sollen keinesfalls eine Rechtfertigung darstellen gemäß dem Gedanken: »Ach, die armen Griechen können nichts dafür, lasst uns weiter zahlen, sie können nicht anders.« Da bin ich weit von weg. Aber vielleicht bereiten sie Verständnis dafür, warum die für uns so sehr irritierende Situation in Griechenland so ist, wie sie ist. Vielleicht hilft es uns ein wenig, die gepflegte Arroganz beiseitezulegen und auch ein wenig Respekt vor einem Volk zu haben, dessen Geschichte über 2000 Jahre eine traurige und beschwerliche war. Vielleicht hilft es uns zu verstehen, warum die Griechen auf die Barrikaden gehen gegen Verwaltungsbeamte aus Deutschland, gegen neue Herren aus Brüssel, gegen neue Vorschriften, die ihnen mal wieder fremde Mächte machen wollen. Dass ein Volk nach 2000 Jahren die Schnauze voll hat und angesichts des zarten Pflänzchens von 35 Jahren Selbstbestimmung sagt: »Auf eure Einmischung haben wir gerade gewartet!«, finde ich zumindest nachvollziehbar.
Griechenland muss einen völlig neuen Staatsapparat aufstellen, jenseits der gewohnten Pfade. Die alte Riege der
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