Showtime! (German Edition)
und glaubte, Georgias Berührungen zu spüren, ihre zarten Lippen...
Zu gern hätte sie gewusst, was wohl in ihr vorging. Ihre eigenen Gefühle schossen Kapriolen, ihr ganzes Weltbild brach buchstäblich in sich zusammen - und was war mit ihr? War ihr «ich bin ganz high von dir» wie eine kleine Liebeserklärung zu werten, oder nichts weiter als eine Verführungsphrase, mit der sie gut durchkam bei den Frauen?
Georgia war ein bisschen zu geübt in der erotischen Disziplin und leider - doppelt leider - auch viel zu gut in Übung, wie Sabrina fand. Und das wirkte auch im heftigsten Sinnestaumel noch etwas ernüchternd, teuflischer Charme und Verliebtheit hin oder her, verflixt.
Warum ging ihr Ramon, eine Prachtausgabe der Gattung Mann, gutaussehend, geist- und humorvoll, noch dazu sehr an ihr interessiert, buchstäblich am Allerwertesten vorbei? Sie hatte sich kaum mit ihm unterhalten. Er und Carlas Neuer waren für sie lediglich Mittel zum Zweck gewesen. Sie hatten die Männer nicht einmal lange überreden müssen, mit ihnen in diesen zwielichten Club zu fahren, und bestimmt war Ramon enttäuscht gewesen, denn sie hatte trotz der anregenden Atmosphäre nicht einen Blick für ihn gehabt. Sicherlich wäre er die weit bessere Alternative zu Georgia, die, wie Carla es auf ihre skrupellos direkte Art auf den Punkt gebracht hatte: in eine technisch hochentwickelte, leider noch nicht existente Verhaltensentstörungsmaschine gehörte, bevor sie auch nur halbwegs für mehr als eine Bettgeschichte zu gebrauchen war.
«Eine Frau wie diese» hatte sie lebenserfahren von sich gegeben, «hat Vergangenheit - und davon `ne ganze Menge - aber keine Zukunft, Liebes. Lebt einfach zu exzessiv. Wenn du es willst, kannst du eine Zeitlang an so einem verrückten Leben teilhaben, aber verändern, Sabrina, kannst du Georgia nicht. Nicht mit aller Liebe und allem Verständnis der Welt.»
Hieß zu gut Deutsch: Sie brauchte professionelle Hilfe und den festen Willen, sich selbst zu retten; Keinen Strohhalm, um sich daran festzuhalten.
«Was mach' ich nur mit dir ...?, murmelte Sabrina in Gedanken, die Vergrößerung von Georgias Portrait in der Hand, auf dem sie ihr liebevoll entgegen lächelte. «Von wegen: Ich bin kuriert, wenn ich dich mit eigenen Augen dort sehe, wo du arbeitest ... es hat mich nicht kuriert. Du warst großartig auf der Bühne. Du tanzt wunderbar. - Wenn du nur nicht mit diesem Mann mitgegangen wärest. - Himmel, Georgia, was willst du denn nur von mir ? Du kannst jede haben ... wieso ich?»
Am Abend saß sie mit einer Nachbarin im Wohnzimmer und tratschte, um auf andere Gedanken zu kommen. Man tauschte Erfahrungen aus, lästerte über dies und das, bewunderte sich gegenseitig für die gute Wahl der Wohnungseinrichtung und redete allerlei unbedeutenden Kram, wie Gefrierbrand, geeignete Lichtschutzfaktoren in Sonnencremes und wann das Auto das letzte Mal knapp an einem Kolbenfresser vorbeigeschrammt ist, weil den Ölstand zu testen einfach lästig ist.
Durch die offenstehende Balkontür klang plötzlich Musik herauf. Neugierig geworden, was sich wohl da unten im Hof tat, traten sie hinaus auf den Balkon.
Sabrina traf fast der Schlag, als sie Georgia erblickte: sommerlich in ausgeblichenen Jeans, T-Shirt und Lederweste, eine akustische Gitarre im Arm, brachte sie ihr ungeniert ein kleines Ständchen, das bereits auch andere Nachbarn an Fenster und Balkone lockte.
Das dezente Rot eines Feuermelders im Gesicht, blickte Sabrina über die Brüstung, wünschte sich ein Loch, das sie gnädigst verschlingen möge, und murmelte: «Kneif' mich doch bitte mal in meine Problemzone, Elke.»
Elke kniff sie nicht. Sie schien nur ein wenig befremdet. «Na hör' mal, so außergewöhnlich sind Musiker im Hof nun auch nicht» bemerkte sie. «Denk' mal an diesen Typen neulich - den mit der Quietschkommode. Ich find' das süß. So eine alte Tradition sollte beibehalten werden. Es ist viel zu selten - »
«Schsch!» machte Sabrina, bemüht, zu verstehen, was Georgia ihr zu sagen, vielmehr zu singen hatte. I may not be here tomorrow , sang sie mit weicher, klarer Stimme zum Klang ihrer Gitarre, but I'm close beside you today ... so lie to me a little, say you love me a lot and I'll be true to you in my way ...
«Das ist ein Lied von Elvis Presley» kommentierte Elke, offenbar versiert im Musikalischen, und begann, sich ein wenig zu wundern, warum die Sängerin nur zu ihnen hinaufschaute.
Sabrina erblickte Frau Heinemann am
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