Showtime! (German Edition)
dann hat er schon mal zu tun.»
«Lass' dir Zeit» erwiderte Georgia gelassen und reichte ihm die in ein Tütchen verpackte Gegenleistung für seine Mühe. «Ich will, dass er eine Weile beschäftigt ist.»
«Ist mir ein Vergnügen.» Er ließ seine Handfläche gegen Georgias klatschen. «Dem wird ganz schön der Arsch auf Grundeis gehen.»
Höchst befriedigt gönnte sich Georgia im Park zwei Stunden in der Frühlingssonne, die ihrem Teint seinen sanft gebräunten Schimmer gab. Sie las ein Buch von Patrick White und versuchte zu entspannen, obwohl es in ihrem Kopf wild rotierte.
Um ihre Ungeduld, Sabrina wiederzusehen, im Zaum zu halten, beschloss sie erst, Bekannte zu besuchen und sich abzulenken. Sabrina bräuchte Zeit, hatte sie gesagt. Allerdings stand zu befürchten, dass sie, räumte sie ihr diese Zeit zum Nachdenken tatsächlich ein, womöglich zur Besinnung kam, und dies war weniger in ihrem Interesse. Sie wusste selbst, dass die negativen Aspekte die positiven bei dieser Sache überwiegen würden und ihre Chancen dann mehr schlecht als recht standen.
Die einzige Möglichkeit, Sabrina für sich zu gewinnen, war, sie eben nicht zur Ruhe kommen zu lassen. Sie mit Charme, Süßholzraspelei und allem, nach dem sie hungerte, einzuwickeln, denn sonst würde sie ihr unweigerlich vom Haken springen.
Es würde vermutlich nicht von Dauer sein. Sie würde sich Sabrinas konventioneller Art nicht anpassen können, obwohl sie es gern würde, und Sabrina würde schnell erkennen, dass ein Leben auf der schnellen Spur viel zu viel Energie verbrauchte.
***
Liebes Tagebuch... dachte Sabrina und schlug eine neue Seite in ihrem Tagesablaufs-Berichtsheft auf.
Wo früher seitenlang leeres, weißes Papier gegähnt hatte, gelegentlich von Langeweile und Frust in stenografischer Kürze die Rede gewesen war, von öden Jobangelegenheiten und Eintragungen über das kontrollierte monatliche Übel, fand sich nun ellenlanger Text. Georgias Name tauchte öfter und öfter auf. Gedanken, Philosophien über Sinn und Unsinn, sich von einer Frau, die sich weigerte, erwachsen zu werden und Verantwortung für sich zu übernehmen, dazu verleiten zu lassen, die Welt mit ihren Augen zu sehen. Bedenken, dass sie selbst nicht ganz rund lief, sich von ihr begeistern, ganz und gar kirre machen zu lassen.
Sie fragte sich, was aus dem strahlenden Prinzen geworden war, Georgias Vorgänger in Sachen spätpubertärer Schwärmerei. Verblasst wie Aufdrucke auf T-Shirts nach Kochwaschgängen, verloren gegangen im Strudel neuer, aufregender Eindrücke, die Georgia ihr zu geben vermochte. Gänzlich aus dem Rennen geworfen.
«Ziemlich flatterhaft, Frau Sommerfeld» rügte sie sich selbst, während sie das Datum eintrug. «Heute der ... » Sie musste lachen, «morgen die ... lieber Gott, was fange ich Übermorgen an? Läuft mir da ein Massai über den Weg? ... Wieso eigentlich» sie blickte fragend gen Himmel, «bin ich gar nicht so erschrocken darüber, dass es eine Frau ist?»
Meine Mutter, begann sie zu schreiben, würde mir sicherlich vorschlagen, zum Doktor zu gehen. Sie hat's ja so mit Zipperlein, und ein Arzt macht alles wieder gut. Mein Vater... na ja... weiß nicht, ob der das lustig finden würde. Bin ich jetzt aus der Art geschlagen? Na, wenn schon. Warum auch nicht? Muss denn wirklich immer alles im Voraus geplant werden? Wahrscheinlich bin ich die erste Geisteskranke in der Familie. Soll ja vorkommen. Wer sich willenlos einer Verliebtheit ergibt, die nur mit einem Aua! Enden kann, der muss schon ein bisschen meschugge sein. Carla sagt, sie hat das geahnt, aber nicht so recht für möglich gehalten, obwohl sie schon Pferde hat kotzen sehen - hurra, wir verrohen auch schon von der Sprachweise her... danke, Georgia - sie hat es in ihrer Glaskugel gesehen, Madame Salomé, die Allwissende, bevor ich es überhaupt geschnallt habe. Natürlich ist Carla nicht erschüttert. Nur ein globales Erdbeben kann diese Frau erschüttern. Ganz Frau Doktor Psych., rät sie mir, meinen Horizont zu erweitern und es, wenn es mir halt so wichtig ist, auszuprobieren. Fein. Das habe ich schon. Gestern Abend. Und ich befürchte, es gefällt mir. Es gefällt mir sogar so sehr, dass ich alles andere als sicher bin, ob ich noch warten möchte ... und wenn ja, worauf überhaupt? Wie viel Zeit bleibt mir mit ihr? Und wenn ich mich an sie gewöhnt habe, muss ich sie dann nicht sowieso wieder hergeben...?
Sabrina legte Stift und Tagebuch beiseite
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