Showtime! (German Edition)
geschehen war, blieb er gelassen. Er riet Sabrina, die Ruhe zu bewahren und versprach zu kommen.
Notdürftig wurde wieder hergerichtet, was noch herzurichten war. Einiges ging gleich in den Müll, anderes war relativ unbeschadet geblieben.
«Typisch» hatte Siggi gesagt, als er angekommen war. «So hinterlässt mein Tasmanischer Teufel sein Aktionsgebiet. Aber das geht noch, ich hab's schon schlimmer gesehen. Außerdem wollte sie einmal gleich zum Fenster raus. Aus dem vierten Stock. Wir konnten es gerade noch verhindern. Vorher hat sie sich noch mit einem Küchenmesser den Arm aufgeschnitten. Sie hat's mit scharfen Gegenständen, und Autobahnbrücken und so was machen sie ganz high.»
«Hör auf!» ächzte Sabrina. «Gott, Siggi - ist Georgia krank? Ich meine: Schau dir das hier an! Sie ist völlig durchgedreht, und wenn du sagst, das sei normal, dann kann doch Georgia nicht normal sein!»
«Ist sie auch nicht» entgegnete Siggi gleichmütig und ging daran, die Funktionen der Stereoanlage zu überprüfen. «Ein Anderer würde mal heulen, wenn er down und traurig ist. Georgia heult nicht, die schlägt lieber alles kurz und klein, statt mal `ne Träne zu vergießen, und bevor jemand sie verletzt, verletzt sie den Anderen oder sich selbst. Von normal kann da gar nicht die Rede sein, oder?»
«Was mach' ich denn jetzt? Ich weiß nicht mal, wo ich sie suchen soll - und ob ich sie überhaupt suchen soll! Soll sie doch kommen und sich erst mal entschuldigen! Ich sehe überhaupt nicht ein, wieso ich ihr noch nachrennen sollte, verdammt! Was mach' ich bloß, Siggi...? Stellt sie irgendwelchen Mist an in dem Zustand, in dem sie ist...?»
«No worries» entgegnete Siggi im O-Ton Georgia, «so schnell geht das nicht. Da musst du schon mit `ner Packung Psychoterror kommen. Wie Kim. Die kann das. Die hat sie so weit gekriegt.»
Der Fassungslosigkeit folgten nun endlich die Tränen, teils aus Wut, teils aus Verzweiflung. « ... Dieses verflixte Miststück... warum tut sie mir das an? Das kann doch alles nicht wahr sein...!»
«Hey, komm, das regelt sich schon alles wieder» sagte Siggi und drückte zuversichtlich ihre Hand. «Wahrscheinlich kommt sie Übermorgen angeschissen und schenkt dir wegen ihres schlechten Benehmens einen Gutschein von Ikea. Oder sie bietet dir an, die Wohnung zu renovieren. Immer schön geschmeidig bleiben.»
Georgia kam nicht, um zu renovieren. Tage verstrichen, doch sie tauchte nirgends auf.
Rita und Siggi rieten Sabrina, sich nicht unnötig zu sorgen. So ungewöhnlich sei es schließlich nicht, das sei es schon eher, wäre sie nicht abgehauen.
Manuel gab vor, nichts zu wissen, sagte aber, er wäre sicher, dass es ihr gut ginge. Er hielt das Telefonat sehr kurz.
Nach einigen Tagen waren Georgias Seesack, ihre Kleider, ihre Gitarre und einige gerahmte Bilder aus der Wohnung verschwunden. Auf dem Küchentisch lagen ein Umschlag mit Geldinhalt, der Wohnungsschlüssel und ein kleines Herz aus Plüsch, auf dem «Für immer» stand. Aber es fand sich kein Zettel, kein Brief, kein Hinweis darauf, wo Georgia sein könnte.
Nach weiteren vierzehn Tagen rief Rita an und sagte, sie sei fort. Wahrscheinlich im Ausland. Sie erzählte, Georgia hätte Sheila von der Schule abgeholt, mit ihr geredet und ihr gesagt, sie würde eine Weile fortgehen. Sie würde zurückkommen, hätte sie ihr versprochen, und ihr ihren Talisman, ihre massive Silberkette mit dem keltischen Kreuz, gegeben, damit sie ihn bei sich trug und darauf aufpasste, bis sie sich wiedersahen.
Es war Rita aufgefallen, dass Sheila Georgias Kette trug, sonst hätte sie es nicht erfahren. Sheila hatte versprochen nichts zu sagen, außer, dass sie ‚okay' war; Es hatte Rita viel Überredungskunst gekostet, Sheilas und Georgias Geheimnis im Ansatz herauszubekommen. Sheila hatte sich standhaft geweigert, mehr zu erzählen.
«Sie kommt zurück» hatte Rita Sabrina optimistisch erklärt. «Wenn sie es Sheila verspricht, dann tut sie es auch.»
***
Am Flughafen in London wurde sie bereits erwartet.
Joey schloss sie in die Arme und hielt sie so fest an sich gedrückt, dass ihr fast die Luft aus ging.
Georgia boxte ihn sanft in die Rippen und rügte ihn mit einer flapsigen Bemerkung. Er küsste sie lachend, griff ihren Rucksack und ihren ausgebeulten Seesack als seien sie nichts, und hielt sie bei der Hand, als befürchte er, sie könne es sich anders überlegen und den nächsten Flieger zurück nach
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