Showtime! (German Edition)
mich hassen.»
Joey half Georgia, eine Wohnung und auch kurzfristig einen Aushilfsjob zu finden, bevor ihre Therapie begann. Als sie nicht mehr fähig war zu arbeiten und ihre mitgebrachten Reserven aufgebraucht waren, unterstützte er sie auch finanziell. Er verbrachte viel freie Zeit damit, mit seiner Schwester und für sie zu kämpfen.
Den größten Kampf jedoch focht Georgia mit sich selbst aus. Den, nicht alles hinzuschmeißen, und den, sich nicht das Leben zu nehmen und den, auf hartem, steinigem Weg zu sich selbst zu finden. Meist tat sie das allein, denn das, was sie durchmachte, war für andere unzumutbar.
Nur Joey wusste, was es bedeutete, diesen Weg zu gehen. Er hatte ihn auf allen Vieren vor ihr gehen müssen und war beinahe selbst daran verzweifelt. Die Unterstützung und Liebe seiner Frau war ihm die größte Stütze dabei gewesen. Nun konnte er seiner Schwester diese Stütze sein, mit ihr über die Dinge reden, die sie noch einmal durchlebte, denn es war ja auch ein Stück seiner eigenen Vergangenheit. Er konnte aber auch mit ihr schweigen, wenn es nötig war. Oder mit ihr weinen.
Er war froh zu wissen, dass Georgia dies alles in erster Linie für sich selbst tat, dann erst für ihre Tochter, die sich nicht eines Tages für sie schämen sollte. Und schließlich für diese Frau in Deutschland, deren Foto auf ihrem Nachttisch stand, und der sie fast drei Jahre lang Briefe schrieb, die sie nicht abschickte.
***
In Berlin fiel der erste Schnee, als Sabrina eines Morgens ein Bündel Briefe an ihrem Türknauf fand und wusste, dass Georgia O'Connor Wort gehalten hatte.
Eine lange Zeit der Trennung lag hinter ihnen, und beinahe hatte Sabrina es aufgegeben, darüber nachzudenken, ob sie sich je wiedersehen würden.
Der Abstand, den sie sich geschaffen hatte, seit Georgia fortgegangen war, hart erarbeitet und gewollt; der Zorn, von dem sie geglaubt hatte, er hätte sie ein für allemal kuriert, reichten nicht aus, gegen die Gefühle anzugehen, die ihre Rückkehr auslösten.
Sie las die Briefe, jeden einzelnen. Georgias bisheriges Leben erschien ihr wie ein aufregender und doch grauenvoller Roman, dessen einzelne Sequenzen sich ihr so detailliert geschildert eröffneten, dass es ihr kalt den Rücken hinunter lief. Sie weinte, sie litt mit ihr, empfand so viel Wut, dass sie Georgias unkontrollierte Gefühlsausbrüche, die sie vorher nicht hatte begreifen können, zu verstehen begann.
Das anschließende Wissen um den Grund ihrer fluchtartigen Abreise und darum, wo und auf welche Weise sie die zurückliegende Zeit hinter sich gebracht hatte, machten es ihr schwer, gelassen zu bleiben, den Schutzschild zu heben und stark genug zu sein, das abenteuerlichste Kapitel ihres Lebens als abgeschlossen zu betrachten.
Ich habe dir nie gesagt, las sie in einem von Georgias Briefen, wie viel es mir bedeutet hat, wenn du mir kleine Zettel geschrieben oder wenn du vom Büro aus angerufen hast, nur um zu fragen, wie es mir geht. Oder um mir zu sagen, dass du an mich denkst. Heute haben wir darüber gesprochen, was es für ein Gefühl war, als ich klein war und meine Mutter meinen Brüdern einen Gutenachtkuss gegeben hat - und ich lag im Bett daneben, und sie hat mich nicht einmal angesehen. Die Jungs hat sie gern gehabt. Mich nicht. Mich hat sie gehasst, weil ich ein Mädchen war, weil sie mich nicht gewollt hat. Sie hat mich immer nur rumgeschubst, wollte mich nicht bei sich haben. Und ich habe mir immer eingeredet, dass sie mich vielleicht doch ein bisschen lieb hat oder mich irgendwann einmal nur in den Arm nimmt. Als ich damals vor der Tür stand und dachte, sie würde sich freuen, mich zu sehen, hat sie mich angebrüllt, sie würde mich nicht einmal kennen und auch keinen Wert darauf legen. Ich sollte zusehen, wie ich klarkomme.
Niemand konnte mir je genug Aufmerksamkeit geben. Ich war süchtig danach und konnte nie genug davon kriegen. Und jetzt wird mir gesagt, das würde daher kommen, weil meine Eltern sich nicht um mich gekümmert haben. Komisch, was?
Ich habe dich vor harte Prüfungen gestellt, um sicher sein zu können, dass du mich liebst und war manchmal sehr unfair und gemein. Mit Kim konnte ich nicht leben, weil wir beide Künstlerinnen sind - und ziemlich egozentrisch. Jede von uns war auf Applaus aus, immer nach außen gerichtet, miteinander im Wettbewerb. Wir konnten nicht zusammen funktionieren. Bei dir war das anders. Wir haben uns ergänzt und viel mehr
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