Showtime! (German Edition)
Nähe zueinander gehabt als Kim und ich. Aber ich habe nicht gelernt und mein Ego durchgesetzt, weil ich immer so war. Ich hatte so schreckliche Angst davor, verlassen zu werden. Und ich konnte niemandem vertrauen, obwohl ich es wollte.
Ich hatte niemanden, dem ich wirklich vertrauen konnte. Ich konnte meiner Mutter nicht trauen, mein Vater war nicht da - und mein Onkel und meine Tante - die haben alles kaputt gemacht. Mein Onkel hat mir verboten, darüber zu reden, was passiert ist. Ich konnte auch nicht darüber reden, weil mir ja keiner geglaubt hat. Meine Tante hat mich geschlagen, statt mir zuzuhören. Und sie hat es gewusst und mich dafür verantwortlich gemacht, gesagt, ich hätte meinen Onkel verführt. Als ob ein Kind einen erwachsenen Mann verführen könnte! Aber ich habe es geglaubt und Schuldgefühle gehabt, immer gedacht, ich wäre an allem Schuld. Aber das ist nicht so. Vielleicht hätte mir das mal jemand früher sagen sollen. Mir wurde nur gepredigt, ich würde Verderben über alle Männer bringen, die mir begegnen, und dass ich durch und durch böse wäre und in die Hölle kommen würde.
Ich habe mich von jedem benutzen lassen und dachte, das wäre normal. Ich dachte auch, ich hätte kein Anrecht auf meinen Körper. Dass der anderen gehören würde, die darüber wann immer sie wollten verfügen könnten. Und auch das stimmt nicht. Ich muss lernen, dass nein zu sagen okay ist, wenn ich nicht will, was andere wollen. Mein Körper gehört mir - das ist ganz neu für mich. Das hätte ich wissen müssen, als ich nicht wusste, wo ich nachts schlafen sollte, nicht wusste, wie ich sonst an Geld kommen sollte, und erst recht, als sie mich vergewaltigt haben. Aber da wusste ich es eben noch nicht und habe alles hingenommen, weil ich dachte, ich könnte nichts dagegen tun.
Du warst die Erste, die zu mir gesagt hat, wenn ich nicht möchte, dass du mich anfasst, dann soll ich es dir sagen. Du hast das gemerkt. Und ich konnte es nicht verstehen. Nicht wirklich, weil ich dachte, wenn jemand mich nicht will, dann mag er mich nicht. Mich zu wehren kam für mich nicht in Frage, weil ich immer stillhalten musste. Ich habe mich dafür verachtet und meinen Körper gehasst. Ich habe mich selbst noch mehr verletzt, als Andere es konnten, indem sie mich abgelehnt, geschlagen, verhöhnt und beschimpft haben. Manchmal wusste ich keinen Ausweg mehr... aber eigentlich wollte ich leben. Irgendwann willst du allen beweisen, dass dich niemand unterkriegt, egal, was dir angetan wird. Dann wirst du nur noch hart und machst Alle und Jeden für das verantwortlich, was dir fehlt, was du nie hattest, was du nicht bekommst. Dann kriegen es auch die ab, die es nicht verdient haben, aber das merkst du nicht. Du würdest eines Tages über Leichen gehen, um zu kriegen, was du denkst, dass es dir zusteht. Ich habe es Allen schwer gemacht. Auch denen, die mich wirklich mochten, und eine wirkliche Bindung habe ich nie zugelassen, weil ich eine Scheißangst hatte, dass ich wieder nur verletzt werde. Ich habe mir eingeredet, dass es mir egal ist, dass ich das sowieso nicht brauchen würde, aber es war nicht so.
Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass du mir in irgendeiner Weise egal gewesen wärest. Das warst du und bist du nicht. Du warst aufrichtig von Anfang an. Du hast mehr Gefühl zugelassen, als ich es konnte und an mich geglaubt. Du hast Dir so viel Mühe mit mir gegeben - und ich habe Dich enttäuscht.
Verzeih', das ich so feige weggelaufen bin. Es hat so viel gegeben, was ich Dir noch sagen wollte. Ich konnte es nur nicht. Zum Beispiel, dass ich Dir viel ähnlicher bin, als ich zugeben wollte. Ich wollte eine feste Beziehung, in der man sich treu ist. Ein richtiges Zuhause. Eine richtige Arbeit. Gemeinsamen Urlaub und alles, was dazugehört, romantisches Weihnachten zu zweit... und mit dir zusammen etwas aufbauen, das bleibt.
Um dahin zu kommen, musste ich mein inneres Chaos beseitigen, und deshalb musste ich auch weg. So, wie ich damals war, hättest du es nicht mehr einen Tag mit mir ausgehalten.
Als ich von Berlin weggegangen bin, habe ich dir mein Herz dagelassen, und ich möchte es holen kommen, wenn ich soweit bin. Ich hoffe, du hast gut darauf aufgepasst.
In Liebe, Georgia
Der Fußboden des Wohnzimmers war von Fotos und handgeschriebenen Briefen bedeckt, als Carla - nach wie vor die liebste Weggefährtin - eintraf.
Sie legte Mantel und Schal auf der Sessellehne ab und schaute
Weitere Kostenlose Bücher