Showtime! (German Edition)
bekümmert drein. «Was wird das hier» fragte sie Sabrina mit Sorgenfalten auf der Stirn, «die O'Connor-Gedenkstunde?»
«So was in der Art, ja» entgegnete Sabrina achselzuckend und betrachtete ein Foto von Georgia, auf dem sie ihr mit ihrem liebevollen Lächeln das Jawort zu geben schien. «Kannst du glauben, dass sie wieder da ist? Nach all der Zeit? Und ich sage nicht einfach: ‚schön für sie' und bleibe ganz ruhig - nein, ich kollabiere hier fast - du kannst dir nicht vorstellen, was in mir vorgeht.»
«Was denn, sprichst du mir jede menschliche Regung ab, nur weil ich mich weigere, für Miss Australia hier ein stattliches Begrüßungskomitee zu organisieren?» beanstandete Carla und nahm Platz. «Was tust du überhaupt hier? Müsstest du jetzt nicht eigentlich in der Boutique sein und arbeiten?»
«Michelle hat mir frei gegeben. Sie schmeißt den Laden allein. Sie will sogar allein nach Hamburg fahren und unsere Kollektion vorstellen... weißt du, dass ich wohl heute immer noch blöd in der Verwaltung hocken würde, hätte Georgia sie mir nicht vorgestellt? Sie meinte nur: Ich kenn' da eine, die ist Designerin, mit der geh' mal essen, die ist klasse... »
«Ich weiß. Erzähle es Georgia, die wird sich freuen. Das wird sie wohl auch im Auge gehabt haben damals. Sie wusste Beziehungen zu nutzen, und Michelle war ein Volltreffer.»
«Ich hab' ihr so viel zu verdanken.» Sabrina glaubte zu sehen, dass Georgias Abbild ihr schelmisch zuzwinkerte, wie sie es immer getan hatte. «Sie hat mein Leben verändert. Sie hat mich verändert.»
«Sie hat dich zur Lesbe gemacht» bemerkte Carla spitz. «Das werde ich ihr nie verzeihen. - Und ich hätte mit dir so manches Mal gern ein paar Kerle aufgerissen, das kannst du wohl glauben!» Sie betonte die Tragik ihrer Worte, indem sie seufzend hinzufügte: « - Gott, waren das noch Zeiten damals...!»
«Du siehst das ganz falsch, Herzchen» widersprach Sabrina, obwohl sie natürlich wusste, dass Carla es nicht halb so ernst meinte, wie sie tat. «Du kannst einen Menschen nicht so einfach umpolen, wenn er es nicht will. Wahrscheinlich hatte ich diese Veranlagung schon immer, ich hab's nur nicht gewusst. Meine Männergeschichten haben mich nie wirklich glücklich gemacht.» Sie lachte verhalten. « - Und du weißt doch: Chers tätowierter Hintern hat mich schon immer angemacht, ich wollte es nur nicht zugeben.»
Carla betrachtete sie aufmerksam. « ... Gehst du hin?»
«Besorgst du mir Beruhigungspillen? Komm mit, ich schaff' das nicht allein.»
«He, hallo!» wurde Carla eindringlich. «Keinen Rückfall jetzt, das klingt so gar nicht nach dir! Du hast immer das letzte Wort, dir fällt auf alles immer das passende Argument ein, und wo es was zu klären gibt, bist du die Letzte, die dem aus dem Wege geht! Du wirst dich mal schön zusammenreißen und allein da hingehen, das dürfte doch wohl kein Problem sein! Sag' ihr hallo, schüttel' ihr brav das Händchen und plaudere mit ihr durch, was in der Zwischenzeit so passiert ist. Und dann wünschst du ihr alles Gute und lässt sie in den nächsten Flieger nach Australien steigen. Das wirst du ja wohl hinkriegen!»
Vom Verstand her wusste Sabrina, dass Carla Recht hatte. Ihr Herz allerdings sagte etwas ganz anderes.
«Ich konnte sie nicht vergessen» gestand sie und legte das Foto zu den anderen. «Nicht einen Tag. Monatelang hatte ich diese verflixte Kassette von Michael Bolton im Auto, und tausend Mal habe ich Georgia On My Mind rauf und runter gedudelt. Und jedes Mal habe ich wieder geheult und sie dafür verflucht, dass sie mir nicht einmal die Chance gegeben hat, Dinge ins Reine zu bringen oder mich von ihr zu verabschieden. Sie ist einfach abgehauen, einfach so, ohne ein Wort. Wir sind im Streit auseinander gegangen.»
«Michael Bolton singt von einem Staat in den USA, Sabrina, nicht von einer Frau» blieb Carla elendig nüchtern, um dann einzuräumen: «Natürlich, man tendiert zur Selbstkasteiung während der Trauerphase, das ist ganz normal, wer macht das nicht? Man heult und heult und kriegt sich nicht mehr ein, während man alles, was Einen erinnert, hervorkramt und sich wünscht, die Zeit zurückdrehen zu können, Gesagtes ungeschehen zu machen und all das. Es ist ja nicht so, dass ich nicht verstehen könnte, was in dir vorgeht, aber wenn du meinen Rat willst, und dafür bin ich ja hier, dann sag' ich dir: Lass die Heldin ziehen. Ich denke, sie hat jetzt ihre Ziele hochgesteckt. Sie ist im Grunde ihres
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