Showtime! (German Edition)
sie an einen der Tische. Den Mantel legte sie sorgfältig über eine Stuhllehne, bevor sie sich setzten.
«Ich habe geschrieben, wie sehr es mir leid tut, Brini» sagte sie, als sie einander gegenüber saßen, und beugte sich leicht zu ihr. «Weinschorle, Darling - wie früher?»
Sabrina nickte und konnte nicht aufhören, sie anzuschauen, während Georgia Bernie zuwinkte und ihm die Bestellung zurief. War sie eine Erscheinung, ein Hologramm, träumte sie das alles nur?
Da war eine sanfte Distanz inmitten der alten Vertrautheit, die sie nicht zueinander finden ließ. Die inzwischen vergangene Zeit lag zwischen ihnen, die Befangenheit, die eines sich vorsichtigen Antastens bedurfte.
«Du siehst umwerfend aus» brachte Sabrina trivial hervor.
«Oh, ich hab' ein neuen - wie sagt man? Plastic surgion?»
«Schönheitschirurgen» übersetzte Sabrina und nahm mit Erleichterung wahr, dass Georgia ihre ironische Ader nicht ganz verloren hatte.
«Exactly. Der möbelt mich auf every now and then - sorry, mein Deutsch ist - »
« - Völlig in Ordnung, Georgia. Dein Deutsch ist völlig in Ordnung.» Sabrina konnte kaum an sich halten, sie nicht zu berühren. Sie war so nah - und doch so fern.
Über ein eher mühsam dahin geplänkeltes Gespräch, immer wieder unterbrochen von Momenten der Befangenheit, fanden sie zunächst nicht zueinander. Sie lachten viel. Sie sagten Dinge, die eigentlich nicht wichtig waren. Sie saßen sich am Tisch gegenüber und es fiel schwer, einander in die Augen zu schauen. Selbst Bernies Bemerkungen, als er die Drinks servierte, lockerten nicht wirklich auf.
Georgia machte Bemerkungen über den Service am Flughafen, das Wetter, fragte, was denn so los gewesen sei, seit sie Berlin verlassen hatte.
Der liebgewonnene Akzent war durch den langen Auslandsaufenthalt stärker geworden. Sie war wieder mit Leib und Seele Australierin, keine ‚halbe Deutsche' mehr, wie Siggi oft behauptet hatte.
Sabrina erzählte ihr von ihrem Job. Was sich aus dem Treffen mit Michelle ergeben hatte. Dass sie erst für sie gearbeitet hatte und sie inzwischen Geschäftspartnerinnen geworden waren. Dass sie eigene extravagante Mode an ebenso extravagante Leute verkauften; wie aufregend ihre Selbständigkeit war. Sie erzählte, sie hätte eine größere, recht günstige Wohnung angeboten bekommen, und dass der von Georgia so heißgeliebte Ford KA seine erste größere Reparatur hinter sich hatte. Und dass sie übrigens den Einser-Führerschein gemacht hätte und über all die Arbeit noch nicht die Zeit gefunden hatte, die Honda Hornet zu kaufen, mit der sie seit Monaten liebäugelte.
Dass ihr beim Anblick einer vorbeifahrenden V-Max noch Monate nach Georgias Verschwinden die Tränen gekommen waren, verschwieg sie ihr.
Georgia hörte ihr beim Erzählen aufmerksam und sehr geduldig zu. Sie wirkte ruhiger als früher, ausgeglichener. Ihr hibbeliges Umherschauen, ihr vorlautes Dazwischenreden und ihre ideenreichen, von steter Ruhelosigkeit geprägten Vorschläge, was sie als nächstes anstellen könnten, fehlten. Sie rauchte noch. Benson & Hedges Extra mild. Genussvoll, nicht mehr, um sich für einen Europawettbewerb im Kettenrauchen vorzubereiten. Auf der goldenen Packung schrie einen die Drohung: SMOKING IS ADDICTIV an, drei Mal so groß wie der Markenname. Darunter stand: Government Health Warning.
Sabrina hatte ihre Glimmstängelphase nach der Trennung recht schnell wieder aufgegeben. Es war nur eine launige Phase gewesen.
«Deinen Film haben sie im Fernsehen gebracht» fiel Sabrina auf der Suche nach Themen ein. «Den, den du noch in Babelsberg gedreht hast, bevor du weggegangen bist. Er hat mir gut gefallen. Ich habe dich in der Rolle kaum wiedererkannt. Der andere... na ja, ich mag diese Art Filme nicht sonderlich.»
«Hast du ihn gesehen?» erkundigte sich Georgia neugierig.
«Ja. Jemand rief an und sagte, er hätte dich in einem Film auf der Berlinale gesehen. Ich wollte es erst kaum glauben.»
«Er ist nicht gut» sagte Georgia geradeheraus, «aber ich wäre blöd gewesen, ihn nicht zu machen. Du brauchst ein Fuß in die Tür - in der Tür? Und anyway: Er war auf der Berlinale. Das ist gut. Das ist sogar sehr gut. Und wichtig, wenn du willst weiterkommen.»
«Gratuliere. Und was ist mit Shakespeare und dem Theater?»
«Ich spiele in London. Nicht Shakespeare. - Etwas Lustiges. Es macht Spaß. Ich... » Georgia druckste ein wenig herum, bevor sie hinzufügte: «Ich arbeite nicht mehr als Callgirl, weißt
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