Shy Black – Detektiv mit allen Sinnen (Romantica-Novellenreihe) (German Edition)
Badeunfall. Der Rest ist nur noch lästiger Papierkram. Natürlich werde ich die Leiche dieser Frau als die deine identifizieren und eine gewisse Zeit Trauer tragen. Und noch etwas: ich werde es unserem Sohn möglichst schonend beibringen.“ Wieder dieses teuflische Lachen. Es hallte noch in ihren Ohren, als sie ihn durch den Zuschauersaal zurückgehen hörte. Sie war wieder allein mit ihrer Angst, ihrem Schmerz und ihrer Verzweiflung. Nora begriff erst jetzt, wie viel Macht ihr Mann wirklich genoss. Das Sprichwort „Geld regiert die Welt“ traf auf niemanden so zu wie auf Elias Lakehurst.
* * *
Am nächsten Morgen klingelte um acht Uhr das Telefon in Shys Hinterhofbüro. Es war Richard Norton, der sich nach dem Stand der Ermittlungen erkundigen wollte. Shy überlegte kurz. „Mr. Norton, hat Ihre Freundin jemals erwähnt, dass sie nach Europa reisen wollte?“, fragte er dann geradeheraus.
Es blieb ein paar Sekunden still in der Leitung. Shy konnte im Geiste sehen, wie Norton den Kopf schüttelte. „Nein, nicht dass ich wüsste. Im Gegenteil, Nora hatte eher Angst vorm Fliegen“, gab der junge Mann dann bereitwillig Auskunft. „Warum wollen Sie das wissen?“
„Weil ein Angestellter der Lakehursts behauptet, dass die Dame sich genau jetzt dort aufhalten würde. Übrigens habe ich das Ergebnis des pathologischen Labors. Es handelt sich einwandfrei um menschliches Blut, und zwar weiblich. Mehr konnte man ohne DNA-Vergleich nicht feststellen.“
Shy wusste, dass diese Gewissheit seinen Klienten unweigerlich mit einem Verbrechen in Verbindung bringen musste! Nach wenigen Sekunden räusperte sich Richard sich am anderen Ende. „Wissen Sie in etwa, wie lange Sie noch an diesem Fall arbeiten werden?“
Aha, offenbar geht es hier um die Spesen.
Der Detektiv konnte sich denken, dass ein Versicherungsvertreter nicht gerade zu den höheren Gehaltsklassen zählte.
„Ich schlage Ihnen eine Pauschale vor, Mr. Norton. Zweihundertfünfzig für den Rest des Monats, keine weiteren Kosten. Ich rechne damit, dass einer meiner Informanten sich in Kürze meldet. Dann weiß ich hoffentlich bald mehr. Ich melde mich bei Ihnen.“
Norton gab sich zufrieden und legte auf. Nur fünf Minuten später schrillte der Apparat erneut. Diesmal war es Irvine. Shy verabredete sich mit dem Privatsekretär der Lakehursts nach dessen Feierabend in seinem Büro. Inzwischen würde er nach der Edelkatze der reichen Mrs. Turner suchen, die fest davon überzeugt war, dass das Tier gestohlen worden war. Wahrscheinlich streunte es wieder in der Nachbarschaft herum, wo man es mit normalem Katzenfutter verwöhnte statt mit importiertem Thunfisch aus Japan. Zumindest konnte er mit einem guten Finderlohn rechnen. Für einen kurzen Augenblick kam ihn in den Sinn, dass sein Vater sich bestimmt dafür geschämt hätte, dass er auch solche Jobs übernahm. Ach, was soll´s, ich bin genauso für die Menschen meiner Stadt da, wie ihr Polizisten. Dass er sich überhaupt zu rechtfertigen glaubte, ärgerte ihn.
Viertel nach fünf fand sich Irvine, noch in eleganter Bürokleidung, in Shys Büro ein. Sein Blick glitt abfällig über die abgewetzte Einrichtung, die fast aus einem der alten Philipp-Marlowe-Filme zu stammen schien, wäre da nicht ein Laptop, ein Faxgerät und ein schnurloses Telefon vorhanden gewesen. Die hochmodernen Geräte standen im krassen Gegensatz zu der schäbigen, altmodischen Einrichtung und wirkten wie von einem anderen Planeten. Shy folgte mit den Augen amüsiert den unverhohlen neugierigen Blicken seines Besuchers. Er wusste genau, dass dem verwöhnten Irvine diese schlichte und nicht gerade ordentliche Umgebung missfiel, hoffte jedoch, dass er darüber hinwegsehen würde. Er bat ihn daher, Platz zu nehmen und servierte ihm einen Espresso aus einer ebenfalls hochmodernen Kaffeemaschine. Irvine prüfte mit kritischem Blick die Sauberkeit des Geschirrs, bevor er daraus trank, und sah dann zu Shy hoch. „Also, wie stellst du dir unsere Zusammenarbeit vor?“, kam er gleich auf den Punkt. Am liebsten wäre er wieder gegangen, doch er wollte nicht unhöflich sein. In seinen Augen funkelte es ironisch. Shy nahm ihm gegenüber hinter dem Schreibtisch Platz. In wenigen Sätzen erläuterte er Irvine das Geschehene, ohne natürlich seinen Klienten zu erwähnen. „Und was soll ich dabei tun?“, wollte der Sekretär wissen und schlug lässig die Beine übereinander.
„Ich brauche Zugang zu Mr. Lakehursts Arbeitszimmer und seinem Computer.
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