Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
wie Mäuse auf einen Käse! Das hängt an mir. Woher nimmst du bloß diese Ruhe, Victor Ifanowitsch?!«
    »In die offenen Arme wird er uns laufen, Brüderchen«, sagte Krasnikow mit Überzeugung. »Nicht zu bemühen brauchen wir uns. Er kommt von allein. Einmal hat er uns ausgespielt, jetzt beobachtet er uns. Und was sieht er? Freunde sind wir zu allen Leuten von Lebedewka, die Geiseln haben wir befreit. Noch ist er voller Mißtrauen, wer kann's ihm verübeln! Doch sobald er von unserer Freundschaft überzeugt ist, wird er aus seinem Bau hervorkriechen. Er braucht noch Männer, Mitkämpfer, Genossen mit Kopf, so wie er von Usbekistan bis zum Tobol seine Spur hinterlassen und überall Widerstandsgruppen gegründet hat. Hier wird er auch eine gründen – mit uns als Mitgliedern! Nur zu warten brauchen wir, Babrak Awdejewitsch. Sei ein guter Russe und hoffe auf die Zeit.«
    Meteljews Art war es indessen nicht, zu warten. Es widerstrebte seinem Temperament und seinem Tätigkeitsdrang. Zutiefst befriedigt hatte er sich gefühlt, als die beiden Posten vor dem Geiselzelt lautlos zu Boden fielen. Und sein Herz hatte im Triumph schneller geklopft, als er Nasarow die tödliche Giftnadel in den Körper stieß. Wie sagte Oberst Tobombajew auf der SPEZNA-Schule zu ihm: »Meteljew, Sie haben das Zeug, ein begehrter Mann zu werden. Einer der besten sind Sie seit Jahren. Sie werden die Welt kennenlernen und Großes leisten für Ihr Heimatland.« Man kann nichts Großes leisten, indem man wartet. Helden liegen nicht im Bett.
    Meteljew lieh sich wieder Noskows Rad; es war unauffällig, gut verstecken konnte man es, und man kam mit ihm auch dorthin, wo sich ein Auto nicht mehr fahren ließ. Beweglich mußte man sein; das brauchte Meteljew bei seinem Unternehmen.
    Noskow wehrte sich zunächst. Er hatte vor, mit seinem Fahrrad in den Sonntag zu radeln. Mit Buscha, dem Küchenmädchen, auf dem Gepäckträger. Ein stilles Fleckchen wollte er suchen, um ungeachtet des im Lager grassierenden Trippers einem biologischen Drängen nachzugeben. Nicht viel zu tun hatte die mollige Buscha, denn die Küche war ja in die Luft geflogen. Allerdings waren die Ruinen und der Platz davor von dem stinkenden Brei gereinigt worden, und man hatte begonnen, die Trümmer mit den großen Räumern wegzudrücken und aus Fertigteilen eine provisorische neue Küche zu bauen mit anschließenden Magazinen – in der großen Hoffnung, daß aus Tobolsk bald entweder Lastwagenkolonnen oder Flugzeuge mit neuen Lebensmitteln und neuen Küchenkesseln kommen würden. Am Damm für den Kanal wurde nicht mehr gearbeitet; alle Arbeitskräfte bauten im Lager Flußsteinöfen, erneuerten die Straßen, und Schemjakin hatte sogar die verwegene Absicht, eine Straße mit fester Decke bis nach Lebedewka zu bauen.
    »Wenn erst der große Schlamm kommt, liegt selbst Lebedewka für uns auf dem Mond!« sagte er zu seinen Ingenieuren und Zeichnern, also auch zu Krasnikow und Meteljew. »Einen Dreck frage ich danach, ob das in Tobolsk gefällt oder nicht. An den Genossen Koskajew habe ich meinen Plan durchgegeben. Was sagt er, das fette Schweinchen? ›Alles Material, das Sie haben, ist zweckgebunden. Eine feste Straße war nicht vorgesehen; die müßte von Swerdlowsk genehmigt werden. Ich gebe den Antrag weiter.‹ Das sagt er! Ich nehme es auf meine Verantwortung: Wir befestigen die Straße! Für dreihundert Männer habe ich zu sorgen, nicht für einen Speckarsch wie Koskajew.«
    »Eine Strafe ist's, ein Fahrrad zu besitzen!« klagte also Noskow, als Meteljew es wieder entleihen wollte. »Kommt keinem der Gedanke, daß ich es mal selbst benutzen möchte? Genosse Geologe … morgen geht es. Morgen den ganzen Tag. Aber heute am Sonntag? Ich weiß ja nicht mehr, wie man auf einem Sattel sitzt.«
    »Heute brauche ich das Rad«, sagte Meteljew und griff in die Tasche. »Drei Rubel Leihgebühr zahle ich freiwillig.«
    »Was sollen mir die Rubel?!« rief Noskow verzweifelt. »An die Wand kann ich sie mir kleben. Wo kann ich hier noch Rubel ausgeben? Genosse …«
    »Nur für den Vormittag, ist das ein Wort? Du bekommst dein Rad wieder für den Nachmittag. Zeit genug für Buscha, auch du hältst nicht ein paar Stunden durch. Sei kein Angeber, Foma Pjotrowitsch. Fünf Rubel, mein letztes Wort.«
    Tief seufzend gab Noskow nach. Es ist nicht gut, einen höheren Genossen wie so einen Geologen zu verärgern. Er gab das Fahrrad heraus, ließ sich noch einmal versprechen, daß er es am Nachmittag

Weitere Kostenlose Bücher