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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gesäuerten Kohl, rote Rüben, weiße Rüben und dicke Bohnen. Nur wie er diese Köstlichkeiten zusammenbekommen sollte, das wußte er noch nicht. Erleichtert atmete er auf, als Jugorow und Walja eintrafen, denn hinter ihrem langsam fahrenden Jeep trottete an einem Strick ein protestierend blökendes Schaf.
    »Woher?« rief Korolew sofort.
    Und als Walja lachend zurückrief: »Von Großväterchen Beljakow!«, da lachte auch er, denn wenn man Beljakow überredet hatte, dürften die anderen keine unüberwindlichen Schwierigkeiten machen.
    Jugorow und Korolew begrüßten sich wie zwei Fremde oder wie zwei, denen der Anblick des anderen Unbehagen bereitete. Zu viele Augen beobachteten sie, aber in einem günstigen Moment blinzelte Korolew ihm zu. Alles in bester Ordnung, Igor Michailowitsch, hieß das. Unseren zehn Freunden geht es gut.
    Auf der Rückfahrt nahmen die Männer der Baubrigade bereits eine Kuh, zwei Schafe und Säcke voll Mehl und Grütze und vier Fässer Sauerkohl mit. Korolew hatte das ›vorgestreckt‹ aus eigenem Bestand. Wenn er nachher im Dorf herumging und sammelte, würde es sicher ein großes Geschrei geben. Schemjakin hatte alles in bar bezahlt; den Preis, den Korolew ihm genannt hatte. Die Rubelscheine auf dem Tisch beschwerte Korolew mit einer Tonvase und begleitete die Besucher vor die Haustür. Walja und Jugorow hatten sich schon vorher auf den Rückweg gemacht, das Schaf hinter sich herziehend.
    Niemand ahnte oder bemerkte, daß in der Gabelung eines Baumes, hoch oben in der breiten, kräftigen Krone, ein Mann hockte und mit einem starken Fernglas die Dorfstraße und die nähere Umgebung von Lebedewka kontrollierte. Ein Fahrrad – es war das von Vorarbeiter Noskow, der sich jedesmal in die Hand versprechen ließ, eventuelle Reparaturen nicht mehr bezahlen zu brauchen – lag versteckt in einem dichten Gebüsch.
    Es war kein bequemer Sitz da oben im Baum, aber Meteljew hatte von dort einen guten Überblick und beobachtete vor allem Walja und Jugorow. Sein Mißtrauen gegenüber Jugorow konnte er nicht erklären, ein vages Gefühl war's nur, eine innere Unruhe, obwohl Krasnikow ihn ausgelacht und gesagt hatte: »Babrak Awdejewitsch, warum so nervös? Noch ist die Woche nicht herum, und wenn du Igor Michailowitsch im Visier hast, läuft uns der ›Spezialist‹ davon. Du suchst in der verkehrten Richtung.«
    »Ich nehme an, daß Walja weiß, wo die Geiseln sich versteckt halten, und in diesem Fall weiß es auch Jugorow!« sagte Meteljew stur. »Und wo die Geiseln sind, finden wir den ›Spezialisten‹. Walja oder Jugorow wird uns zu ihnen führen … ist das logisch?«
    »Kaum.« Krasnikow hatte den Kopf geschüttelt. »Wäre es so, dann müßten Jugorow und Walja Borisowna auf der anderen Seite stehen, dann müßten sie zu den Terroristen gehören.«
    »Walja ist Ärztin, eine fanatische Ärztin; nur Kranke kennt sie und macht keine Unterschiede. Den Saboteur behandelt sie genauso, wie sie uns behandeln würde. Ein Kranker ist für sie nur ein Mensch, gleichgültig, woher er kommt und wer er ist.«
    »So muß ein Arzt denken, mein Lieber.«
    »Und weil sie so denkt – ich wiederhole es, Victor Ifanowitsch –, führt sie uns unbewußt zu den Geiseln. Sie muß nachsehen, wie es ihren Patienten geht. Dieser Gedanke läßt mich nicht mehr los …«
    Hier oben im Baum nun, in der Astgabel hockend, wurde Meteljew enttäuscht. Er beobachtete das Gespräch mit Großväterchen Beljakow und die Schafübergabe; er sah, wie Walja und Jugorow zu Korolew fuhren und dort die anderen aus dem Bau trafen, wie man die Kuh, die Schafe und die Lebensmittel in den großen Lastwagen lud – vor allem die Kuh machte große Schwierigkeiten und mußte von sechs Mann die schräge Laderampe hinaufgedrückt werden – und wie dann alle wieder zurück nach Nowo Gorodjina fuhren.
    Walja und Jugorow hielten noch einmal kurz vor Beljakows Haus. Der Alte hatte mit seinem Stock gewunken und das bekannte »Stoj! Stoj!« geschrien.
    »Noch eine Antwort, Jüngelchen!« rief er. »Wie ist das mit den sechstausend Klopsen? Keiner kann's mir erklären, alle lachen mich aus, wie ein Stiefelpisser stehe ich da … aber du hast's gesagt, du mußt wissen, was damit los ist.« Die sechstausend Klopse hatten ihn die ganze Zeit verfolgt.
    »Sechstausend Cheops!« rief Jugorow zurück und lachte nun auch. »Cheops …«
    »Was ist Cheops?« brüllte Großväterchen. Jugorows Lachen reizte ihn maßlos. Noch denke ich klar, noch hab' ich

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