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einem englischen Teich ein Hecht einen kleineren Fisch verschlingt, nur tausendmal heftiger und wilder, und plötzlich stieß der Löwe ein fürchterliches Gebrüll aus und sprang, etwas Schwarzes hinter sich her ziehend, auf die Sandbank.
»Allah!« schrie Mahomed, »ein Krokodil hat ihn am Bein gepackt!« Er hatte recht. Wir sahen den langen Rachen mit den schimmernd weißen Zähnen und dahinter den Körper des Krokodils.
Und dann folgte ein ganz außergewöhnliches Schauspiel. Der Löwe erklomm die Sandbank ganz, während das halb darauf, halb im Wasser liegende Krokodil sein Hinterbein festhielt. Er brüllte, daß die Luft von dem Geräusch erzitterte, und dann drehte er sich mit einem wilden Knurren um und umklammerte mit seinen Pranken den Kopf des Krokodils. Das Krokodil, dem er, wie wir später feststellten, ein Auge ausgerissen hatte, ließ das Bein los und drehte sich auf die Seite, und im gleichen Moment biß es der Löwe in die Kehle, und sie wälzten sich, schrecklich miteinander ringend, auf der Sandbank. Es war unmöglich, ihren Bewegungen zu folgen, doch als sich uns wieder ein klareres Bild bot, hatte sich das Blatt gewendet: das Krokodil, dessen Kopf nur noch eine einzige blutige Masse war, hatte den Löwen mit eisernem Biß um die Weichen gepackt und schüttelte ihn hin und her. Das gequälte Tier biß, in seinem Todeskampf laut aufbrüllend, um sich, schlug mit seinen Pranken nach dem schuppigen Kopf seines Feindes und zerfetzte mit den Klauen seiner Hinterbeine den weichen Hals des Krokodils.
Ganz plötzlich kam das Ende. Der Kopf des Löwen sank auf den Rücken des Krokodils, und er starb mit schrecklichem Stöhnen, während das Krokodil noch einen Augenblick regungslos dastand und dann langsam, die Zähne immer noch in den Rumpf des Löwen eingegraben, auf die Seite rollte.
Dieses Todesduell war ein zugleich wundervolles und entsetzliches Schauspiel, wie es wohl nur wenige Menschen gesehen haben. Als es zu Ende war, befahlen wir Mahomed Wache zu halten und verbrachten die restliche Nacht so ruhig, wie die Moskitos es uns gestatteten.
6
Ein frühchristlicher Brauch
Am nächsten Morgen erhoben wir uns bei der ersten Dämmerung, säuberten uns, so gut es ging, und rüsteten uns zum Aufbruch. Als es so hell war, daß wir unsere Gesichter erkennen konnten, mußte ich laut auflachen. Jobs feistes rundliches Gesicht war durch die Moskitostiche zum nahezu doppelten Umfang angeschwollen, und Leo sah nicht viel besser aus. Von uns dreien war ich noch am besten weggekommen, vermutlich infolge der größeren Zähigkeit meiner dunklen Haut und der Tatsache, daß sie größtenteils mit Haaren bedeckt war, denn seit unserer Abreise aus England hatte ich meinen von Natur aus üppigen Bart ungehindert wuchern lassen. Die beiden anderen hingegen waren verhältnismäßig gut rasiert, was dem Feind natürlich ein viel größeres Angriffsfeld geboten hatte. Nur Mahomed hatten die Moskitos gänzlich verschont – wahrscheinlich weil sie in ihm den wahren Gläubigen witterten. Wie oft wünschten wir uns in den nächsten Wochen, so zu riechen wie ein Araber!
Als wir uns, soweit das unsere geschwollenen Lippen zuließen, ausgelacht hatten, war es hell, und vom Meer her wehte eine frische morgendliche Brise, welche die über dem Sumpf hängenden Nebelschwaden zerriß und sie da und dort in großen bauschigen Ballen vor sich her trieb. Wir setzten unser Segel, warfen noch einen Blick auf die toten Löwen und das Krokodil, deren Häute wir leider zurücklassen mußten, da uns die Mittel, sie zu präparieren, fehlten, und verließen die Lagune. Als gegen Mittag der Wind abflaute, entdeckten wir zum Glück einen Fleck trockenen Landes, der sich zum Kampieren eignete. Wir zündeten ein Feuer an und brieten uns zwei wilde Enten und ein Stück Fleisch von dem erlegten Wasserbock. Das restliche Bockfleisch schnitten wir in Streifen und hängten es zum Trocknen in die Sonne, um nach Art der Buren ›Biltong‹ daraus zu machen. Auf diesem trocknen Fleck Land blieben wir bis zum nächsten Morgen und brachten die Nacht natürlich wieder im Kampf mit den Moskitos zu, doch ansonsten ohne Störung. Auch die nächsten ein, zwei Tage vergingen ohne besondere Abenteuer, abgesehen davon, daß wir einen überaus graziösen hornlosen Bock schossen und mancherlei Arten von Wasserlilien in voller Blüte sahen; einige davon waren blau und von besonderer Schönheit, doch kaum eine unversehrt, da es in dieser Gegend
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