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Titel: Sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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vorbei. Nun ist die Reihe an mir, doch er flitzt dahin wie ein Pfeil, schon über hundert Meter weit entfernt. Beim Himmel! Er strauchelt und überstürzt sich! »Es scheint, Master Leo, ich habe ein besseres Auge als du«, sage ich und kämpfe gegen den unedlen Jubel an, der in einem so herrlichen Moment selbst in der Brust des wohlerzogensten Sportsmannes aufsteigt.
    »Verflucht, ja«, knurrte Leo; doch dann huscht rasch ein Lächeln über sein Gesicht, und er fügt hinzu: »Verzeih, alter Junge. Ich gratuliere dir; es war ein prächtiger Schuß, und die meinen waren nichts wert.«
    Wir sprangen aus dem Boot, liefen zu dem Bock und stellten fest, daß die Kugel ihn ins Rückgrat getroffen hatte. Wir brauchten über eine Viertelstunde, um ihn zu reinigen und so viel von dem besten Fleisch herunterzuschneiden, wie wir tragen konnten. Nachdem wir es im Boot verstaut hatten, blieb uns gerade noch genügend Zeit, um zu der Lagune zu rudern, zu welcher sich der Fluß, an dieser Stelle in den Sumpf vorstoßend, erweiterte. Als wir etwa dreißig Faden vom Ufer Anker warfen, verschwand das Licht. An Land zu gehen, wagten wir nicht, da wir nicht wußten, ob wir trockenen Boden zum Kampieren finden würden, und außerdem fürchteten wir die giftigen Ausdünstungen der Sümpfe, vor denen wir auf dem Wasser sicherlich besser geschützt waren. So entzündeten wir eine Laterne, verspeisten zum Abendbrot wieder eine eingemachte Rindszunge und versuchten sodann zu schlafen, was jedoch, wie wir bald feststellen mußten, unmöglich war. Ob sie durch die Laterne angelockt wurden oder durch den ungewohnten Geruch weißer Männer, auf die sie seit tausend Jahren gewartet hatten, weiß ich nicht; jedenfalls wurden wir plötzlich von Zehntausenden der blutdürstigsten und größten Moskitos, die mir je untergekommen sind, angegriffen. In ganzen Wolken stürzten sie sich auf uns und stachen und summten, bis wir fast verrückt wurden. Tabakqualm schien sie nur noch mehr anzustacheln, und schließlich blieb uns nichts anderes übrig, als uns bis über den Kopf in Decken einzuhüllen und uns schwitzend und kratzend und fluchend ihrer zu erwehren, so gut es ging. Während wir so saßen, ertönte plötzlich wie ein Donnergrollen in der Stille das Brüllen eines Löwen, dem gleich darauf das eines zweiten folgte; anscheinend schlichen die beiden durch das etwa sechzig Meter von uns entfernte Uferschilf.
    »Ein Glück«, sagte Leo, seinen Kopf aus der Decke hervorstreckend, »daß wir nicht an Land sind, was, Onkelchen?« (So pflegte Leo mich zuweilen in seiner respektlosen Art zu nennen.) »Verdammt! Ein Moskito hat mich in die Nase gestochen«, rief er und zog rasch wieder seinen Kopf ein.
    Wenig später ging der Mond auf, und trotz des Gebrülls, das immer wieder vom Ufer zu uns herüber drang, schliefen wir, uns völlig in Sicherheit wähnend, allmählich ein.
    Was mich veranlaßte, meinen Kopf aus der Decke hervorzustrecken, weiß ich nicht; vielleicht hatte ich bemerkt, daß die Moskitos durch sie hindurchbissen – jedenfalls hörte ich, als ich es tat, Job erschrocken flüstern: »Oh, mein Gott, sehen Sie nur!«
    Sofort blickten wir alle auf und gewahrten im Mondschein nahe dem Ufer zwei große, sich immer mehr erweiternde Kreise und in ihrem Mittelpunkt zwei dunkle, sich bewegende Gestalten.
    »Was ist das?« fragte ich.
    »Diese verdammten Löwen, Sir«, antwortete Job in einem Ton, in dem sich Gekränktsein, Respekt und Angst seltsam mischten. »Sie schwimmen hierher, um uns zu fressen.«
    Ich blickte wieder hin – kein Zweifel, ich sah deutlich das Funkeln ihrer wilden Augen. Angelockt durch das Fleisch des erlegten Bockes oder durch uns selbst, schickten die hungrigen Bestien sich tatsächlich an, unsere Stellung zu stürmen.
    Leo hatte bereits sein Gewehr ergriffen. Ich riet ihm zu warten, bis sie näher heran waren, und hob ebenfalls mein Gewehr. Gleich darauf erreichte auch schon das erste Tier, die Löwin, eine fünfzehn Fuß von uns entfernte Sandbank, wo das Wasser nur etwa fünfzehn Zoll tief war. Sie schüttelte sich und brüllte laut. In diesem Augenblick feuerte Leo, und die Kugel drang ihr mitten in den offenen Rachen und kam hinten am Hals wieder heraus. Sie sank zusammen und fiel ins hoch aufspritzende Wasser. Gleich dahinter kam der andere Löwe, ein voll ausgewachsenes Männchen. Er setzte eben die Vorderpranken auf die Sandbank, als etwas Seltsames geschah. Etwas bewegte sich im Wasser, so daß es aussah, wie wenn in

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