Sie
– es ist ein Land, in dem man unsere Sprache kennt und in dem man seine Kinder zur Höflichkeit erzieht«, erwiderte er. »Doch sage mir, mein fremder Sohn, was sucht ihr in diesem Land, das seit undenklichen Zeiten keines Fremden Fuß betreten, hat? Seid ihr des Lebens überdrüssig?«
»Wir kamen hierher, um Neues zu suchen«, antwortete ich kühn. »Wir sind des Alten müde und deshalb übers Meer gezogen, um das Unbekannte kennenzulernen. Wir gehören einem tapferen Stamm an, der den Tod nicht fürchtet, mein hochverehrter Vater, wenn es Neues zu erforschen gilt.«
»Hm, mag sein«, sagte der Alte. »Ich will dir nicht voreilig widersprechen, mein Sohn, sonst würde ich sagen, daß du lügst. Es könnte jedoch sein, daß ›Sie‹, die Herrscherin, eure Wünsche erfüllen wird.«
»Wer ist ›Sie‹, die Herrscherin?« fragte ich neugierig.
Der Alte warf einen Blick auf die Träger und sagte dann mit einem Lächeln, das nichts Gutes zu verkünden schien:
»Das wirst du bald erfahren, mein fremder Sohn, falls es ihr gefällt, sich euch im Fleisch zu zeigen.«
»Im Fleisch?« erwiderte ich. »Was will mein Vater damit sagen?« Doch der Alte stieß nur ein gräßliches Lachen aus und gab keine Antwort.
»Wie heißt das Volk meines Vaters?« fragte ich.
»Der Name meines Volkes ist Amahagger, das Volk der Felsen.«
»Und darf ich fragen, wie der Name meines Vaters ist?«
»Mein Name ist Billali.«
»Und wohin gehen wir, mein Vater?«
»Das wirst du schon sehen.« Und auf einen Wink von ihm liefen seine Träger zu der Sänfte, in der Job ruhte (wobei er sein eines Bein heraushängen ließ). Anscheinend konnte er jedoch mit Job nichts anfangen, denn gleich darauf sah ich, wie seine Träger zu Leos Sänfte eilten.
Da weiter nichts Besonderes geschah, überließ ich mich dem angenehmen Schaukeln und schlief bald wieder ein, denn ich war schrecklich müde. Als ich erwachte, sah ich, daß wir uns in einer Schlucht aus Lavagestein befanden, an deren steil abfallenden Wänden schöne Bäume und blühende Sträucher wuchsen.
Plötzlich machte diese Schlucht eine Biegung, und ein wunderbarer Anblick bot sich mir. Vor uns lag ein grünes, etwa vier bis sechs Meilen weites Plateau, das die Form eines römischen Amphitheaters hatte. Es war von mit Sträuchern bewachsenen Felsen umsäumt, doch in seiner Mitte lag üppiges Weideland, da und dort von hohen, prächtig gewachsenen Bäumen bestanden und von gewundenen Bächen durchflossen. Ziegen- und Rinderherden weideten darauf, doch sah ich keine Schafe. Zuerst konnte ich mir nicht erklären, was für ein seltsamer Ort dies war, doch dann wurde mir klar, daß es der Krater eines längst erloschenen Vulkans sein mußte, der später ein See gewesen und schließlich auf irgendeine unerklärliche Weise trockengelegt worden war. Und ich darf wohl hier gleich darauf hinweisen, daß meine späteren Beobachtungen und die Erforschung eines ähnlichen, doch noch wesentlich größeren Ortes diese Annahme bestätigten. Es erstaunte mich jedoch, daß, obwohl ich zwischen den Herden mehrere Hirten hin und her gehen sah, keinerlei menschliche Behausungen zu entdecken waren. Ich fragte mich, wo sie wohl alle wohnen mochten. Meine Neugier sollte bald gestillt werden. Die Träger unserer Sänften wandten sich nach links, gingen etwa eine halbe Meile die Kraterwand entlang und machten dann halt. Als der alte Billali aus seiner Sänfte stieg, tat ich es ihm nach, und Leo und Job folgten meinem Beispiel. Das erste, was ich sah, war Mahomed, unser armer arabischer Gefährte, der erschöpft auf dem Boden lag. Anscheinend hatte man ihm keine Sänfte zur Verfügung gestellt, sondern ihn gezwungen, den ganzen Weg zu Fuß zu gehen, und da er schon bei unserem Aufbruch sehr ermattet gewesen war, befand er sich nun in einem Zustand völliger Entkräftung.
Als wir uns umblickten, stellten wir fest, daß wir uns auf einem Hügel vor dem Eingang einer großen Höhle befanden, und auf diesem Hügel war der gesamte Inhalt unseres Bootes, bis zu den Rudern und Segeln, ausgebreitet. Um die Höhle herum standen in mehreren Gruppen die Männer, die uns begleitet hatten, sowie andere, ähnlich aussehende Leute. Sie alle waren hochgewachsen und hübsch, und ihre Hautfarbe zeigte die verschiedensten Schattierungen; manche waren dunkel wie Mahomed, andere gelb wie Chinesen. Sie waren, bis auf ein Leopardenfell um die Hüften, nackt, und jeder von ihnen hielt einen großen Speer in der Hand.
Auch einige
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