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eingelegten Elfenbeinverzierungen, und den Boden bedeckten Teppiche. Am Ende dieses Gemaches befand sich eine Art Alkoven, ebenfalls verhängt mit Vorhängen, durch welche ein Lichtschimmer drang. Außer uns befand sich niemand in dem Gemach.
Langsam und schwerfällig kroch der alte Billali durch den ganzen Raum, und ich folgte ihm so würdevoll wie möglich. Dabei war mir jedoch bewußt, daß ich keine sehr glänzende Figur machte. Es ist, wie man verstehen wird, nicht ganz einfach, würdevoll zu wirken, wenn man hinter einem alten Mann hergeht, der wie eine Schlange auf dem Bauch kriecht; und noch dazu mußte ich, um mich langsam genug zu bewegen, mein Bein bei jedem Schritt einige Sekunden in der Luft halten oder nach jedem Schritt eine Pause machen. Billali fiel das Kriechen, wohl infolge seines Alters, ziemlich schwer, und so kamen wir nur sehr langsam voran. Ich hielt mich dicht hinter ihm, und einige Male geriet ich ernstlich in Versuchung, ihm mit einem tüchtigen Fußtritt weiterzuhelfen. Es war gar zu absurd, sich einer Kannibalenkönigin wie ein Bauer zu nähern, der ein Schwein zu Markte treibt, und ich mußte bei diesem Gedanken beinahe laut auflachen. Es gelang mir, diese gefährliche Neigung zu unziemlicher Heiterkeit zu unterdrücken, indem ich mir die Nase schneuzte, was Billali zutiefst entsetzte. Er drehte sich um, starrte mich fassungslos an und murmelte: »Oh, mein armer Pavian!«
Endlich erreichten wir die Vorhänge. Billali warf sich davor der Länge nach auf den Boden und streckte die Hände vor sich aus, als ob er tot sei, während ich betreten um mich blickte. Plötzlich hatte ich das Gefühl, daß mich jemand hinter den Vorhängen anschaute. Ich sah niemanden, spürte aber ganz deutlich einen Blick auf mir ruhen, der eine ganz sonderbare Wirkung auf meine Nerven ausübte. Ohne daß ich wußte, warum, stieg Angst in mir auf. Es war freilich ein seltsamer Raum, der trotz der prächtigen Vorhänge und des sanften Lampenlichts merkwürdig leer und verlassen wirkte. Tiefe Stille herrschte, und Billali lag wie tot vor den schweren Vorhängen, durch die der Duft eines Parfüms zu der dunklen gewölbten Decke emporzuschweben schien. Minute um Minute verging, und immer noch gab es kein Lebenszeichen, rührte sich der Vorhang nicht; doch ich spürte, wie dieser Blick immer tiefer in mich eindrang und mich mit namenlosem Entsetzen erfüllte, bis mir Schweißperlen auf der Stirn standen.
Endlich bewegte sich der Vorhang. Wer mochte hinter ihm verborgen sein – eine nackte Kannibalenkönigin, eine schmachtende orientalische Schönheit oder eine junge Dame aus dem neunzehnten Jahrhundert, die ihren Nachmittagstee trank? Ich hatte nicht die leiseste Ahnung und würde mich über nichts gewundert haben. Mich konnte nichts mehr so leicht in Staunen versetzen. Der Vorhang also bewegte sich ein wenig, und plötzlich erschien zwischen seinen Falten eine wunderschöne Hand, weiß wie Schnee, mit langen schlanken Fingern und rosenroten Nägeln. Die Hand ergriff den Vorhang und schob ihn zur Seite, und zugleich vernahm ich eine Stimme, die silberhellste und doch sanfteste Stimme, die ich je gehört. Sie erinnerte mich an das Murmeln eines Baches.
»Fremdling«, sagte die Stimme auf arabisch – doch es war ein viel reineres Arabisch, als es die Amahagger sprachen –, »Fremdling, warum fürchtest du dich so sehr?«
Da ich mir einbildete, trotz meines inneren Entsetzens meine Fassung recht gut bewahrt zu haben, setzte mich diese Frage ein wenig in Erstaunen. Bevor mir jedoch eine Antwort einfiel, wurde der Vorhang ganz zurückgeschlagen, und eine schlanke Gestalt stand vor uns. Ich sage Gestalt, denn nicht nur der Körper, sondern auch das Gesicht war in einen weichen weißen schleierartigen Stoff gehüllt, so daß ich im ersten Augenblick eine Leiche im Grabgewand zu sehen glaubte.
Dennoch weiß ich nicht, wie ich auf diesen Gedanken kam, denn das Gewand war so dünn, daß darunter deutlich der Schimmer rosigen Fleisches sichtbar war – vermutlich war die Art, wie das Tuch drapiert war, schuld daran. Jedenfalls erschrak ich zutiefst vor dieser geisterhaften Erscheinung, und das Haar auf meinem Kopf sträubte sich, während mich ein Gefühl beschlich, als stünde ich einem Spukbild gegenüber. Dabei konnte ich genau erkennen, daß die eingehüllte, mumienhafte Gestalt vor mir die einer schlanken, lieblichen Frau von vollkommener Schönheit und einer merkwürdigen, schlangenhaften Anmut war, wie ich sie
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