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Titel: Sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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noch nie gesehen hatte.
    »Warum fürchtest du dich so sehr, Fremdling?« fragte die süße Stimme noch einmal – eine Stimme, die mir wie wohlklingende Musik tief zu Herzen ging. »Ist etwas an mir, das einem Manne Angst macht? Dann müssen die Männer sich sehr verändert haben!«
    Und mit einer kleinen koketten Bewegung wandte sie sich ein wenig zur Seite, hob ihren Arm und zeigte mir ihre ganze Lieblichkeit und ihr volles rabenschwarzes Haar, das in sanften Wellen über ihr weißes Gewand fast bis zu ihren mit Sandalen bedeckten Füßen hinabwallte.
    »Deine Schönheit ist es, die mir Angst macht, o Königin«, erwiderte ich demütig, ohne mir meiner Worte recht bewußt zu sein, und mir war, als hörte ich den alten Billali, der immer noch lang ausgestreckt auf dem Boden lag, leise murmeln: »Gut, mein Pavian, gut gesagt!«
    »Wie ich sehe, versteht ihr Männer es immer noch, uns Frauen durch Schmeicheleien zu betören. Nein, Fremdling«, erwiderte sie mit einem Lachen, das wie fernes Läuten silberner Glocken klang, »du fürchtest dich, weil mein Blick in dein Herz drang – deshalb fürchtest du dich. Doch da ich eine Frau bin, verzeihe ich dir, denn du hast nur aus Höflichkeit gelogen. Aber jetzt sage mir: Wie kamst du hierher ins Land der Höhlenbewohner – ins Land der Sümpfe und der bösen Mächte und der Schatten der Toten? Was sucht ihr hier? Warum ist euch euer Leben so wenig wert, daß ihr es in die Hand Hiyas, in die Hand der Herrscherin ›Sie‹ legt? Erzähle mir, woher du meine Sprache kennst? Es ist eine uralte Sprache, ein anmutiges Kind des Syrischen. Ist sie noch am Leben in der Welt? Wie du siehst, wohne ich inmitten von Höhlen und Toten und weiß nichts von den Angelegenheiten der Menschen – will auch gar nichts davon wissen. Ich lebe nur meinen Erinnerungen, o Fremdling, und meine Erinnerungen liegen in einem Grab, das ich selbst mit meinen Händen geschaufelt habe, denn wahrlich: das Menschenkind schafft sich selbst sein Geschick«, und ihre schöne Stimme zitterte und brach ab mit einem Laut, der wie Vogelzwitschern klang. Ihr Blick fiel plötzlich auf die lang hingestreckte Gestalt Billalis, und sie schien sich zu besinnen.
    »Ah, du bist ja auch da, Alter. Sag mir, warum kannst du in deinem Haushalt nicht Ordnung halten? Mir scheint, diese meine Gäste sind überfallen worden. Ja, und einer von ihnen wäre beinahe mit dem heißen Topf getötet und von diesen Ungeheuern, deinen Kindern, gegessen worden, und hätten die anderen nicht tapfer gekämpft, so wären auch sie erschlagen worden, und nicht einmal ich hätte ihnen das aus dem Körper entwichene Leben zurückgeben können. Was soll das heißen, Alter? Was hast du mir zu sagen, damit ich dich nicht jenen übergebe, die meine Rache vollziehen?«
    Sie hatte voll Zorn ihre Stimme erhoben, und sie hallte klar und kalt von den Felswänden wider. Auch war es mir, als sähe ich durch den verhüllenden Schleier ihre Augen aufblitzen, und ich bemerkte, wie der arme Billali, den ich für einen überaus furchtlosen Mann gehalten hatte, vor Angst erzitterte.
    »O Hiya! O Sie! « sagte er, ohne seinen weißen Kopf vom Boden zu erheben. »O Sie , sei so gnädig wie du groß bist, denn ich bin wie immer dein gehorsamer Diener. Es war nicht meine Absicht oder Schuld, o Sie – schuld sind jene Bösen, die sich meine Kinder nennen. Von einem Weibe aufgehetzt, welches dein Gast, das Schwein, abgewiesen hatte, wollten sie gemäß der alten Sitte unseres Landes den fetten schwarzen Fremdling verzehren, der mit deinen anderen Gästen, dem Pavian und dem kranken Löwen, hierherkam, denn hinsichtlich des Schwarzen hattest du keinen Befehl erteilt. Doch als der Pavian und der Löwe ihr Vorhaben erkannten, töteten sie das Weib und ihren Diener, um ihn vor den Schrecken des Topfes zu retten. Da befiel diese Bösen, diese Kinder des Bösen, der in dem Abgrund haust, ein Blutrausch, und sie stürzten sich auf den Löwen, den Pavian und das Schwein. Doch diese setzten sich tapfer zur Wehr. O Hiya! Sie kämpften wie wahre Männer und töteten viele und wichen nicht zurück, und dann kam ich und rettete sie und schickte die Übeltäter hierher nach Kôr, auf daß du, o Sie , in deiner Größe sie richten mögest.«
    »Ich weiß, Alter, und morgen werde ich in der großen Halle zu Gericht über sie sitzen – sei unbesorgt. Was dich betrifft, so will ich dir, wenngleich schweren Herzens, verzeihen. Sieh zu, daß du deinen Haushalt besser in Ordnung

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