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Titel: Sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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nicht, ihr zu sagen, daß ich sie in jener unheimlichen, höllischen Laune, Beschwörungen über dem Feuer in dem Grab murmelnd, gesehen hatte.
    »So«, fuhr sie fort, »iß jetzt ein wenig Obst; glaube mir, es ist die einzig richtige Nahrung für den Menschen. Oh, erzähle mir von der Philosophie dieses hebräischen Messias, der nach mir kam und der, wie du sagst, heute Rom und Griechenland und Ägypten und auch die Barbarenvölker regiert. Er muß eine seltsame Philosophie haben, denn zu meiner Zeit wollten die Völker nichts von unseren Philosophien wissen. Schwelgerei und Sinnenlust und Zechen, Blut und kalter Stahl und Schlachtgetümmel waren ihre Glaubenssätze.«
    Ich hatte mich indessen ein wenig erholt und, meiner Schwäche mich zutiefst schämend, tat ich mein Bestes, ihr die Lehren des Christentums zu erklären, doch merkte ich, daß sie ihnen mit einer Ausnahme – unserer Auffassung von Himmel und Hölle – nur wenig Aufmerksamkeit schenkte und ihr ganzes Interesse auf den Mann richtete, der sie verkündete. Ich erzählte ihr auch, daß in ihrem eigenen Volke, den Arabern, ein Prophet, Mohammed, erstanden war und einen neuen Glauben gepredigt hatte, dem nun viele Millionen Menschen anhingen.
    »Ah!« rief sie; »sieh an – zwei neue Religionen! Wie viele habe ich gekannt, und sicherlich hat es noch viel mehr gegeben, seit ich in diesen Höhlen weile. Immer wieder suchen die Menschen zu ergründen, was hinter den Himmeln ist. Der Ursprung aller Religionen ist der gleiche – Angst vor dem Ende und eine verhüllte Form von Ichsucht. Merke dir, mein Holly, jede Religion verheißt ihren Anhängern, oder zumindest den Guten unter ihnen, die Zukunft. Der Ungläubigen, die nichts von ihr wissen wollen und welche das Licht, das die Gläubigen anbeten, nur undeutlich sehen, wie die Fische die Sterne, harrt das Böse. Religionen kommen und gehen, und Kulturen kommen und gehen, und nichts hat Bestand als die Welt und die menschliche Natur. Ach! käme doch der Mensch zur Einsicht, daß die Hoffnung von innen und nicht von außen kommt – daß nur er selbst sich erlösen kann! In ihm ist der Hauch des Lebens und das Wissen um Gut und Böse. Möge er doch darauf bauen und sich stützen und nicht sich niederwerfen vor dem Bildnis eines unbekannten Gottes, der nach seinem armseligen Ich geformt ist, doch mit einem größeren Gehirn, das Böse zu denken, und mit einem längeren Arm, es zu tun.«
    Ich dachte bei mir, daß ihre Argumente ganz ähnlich klangen wie einige andere, die ich im neuzehnten Jahrhundert und an anderen Orten als den Höhlen von Kôr vernommen hatte und welche ich, nebenbei bemerkt, gänzlich verwerfe, doch mir stand nicht der Sinn danach, mit ihr über diese Fragen zu diskutieren. Mein Geist war viel zu erschöpft von all der Aufregung, die ich durchgemacht hatte, und überdies wußte ich, daß ich den kürzeren ziehen würde. Es ist schon mühsam genug, mit einem gewöhnlichen Materialisten zu streiten, der einem statistische Daten und ganze Haufen geologischer Tatsachen an den Kopf wirft, während man nur mit Deduktionen und Ahnungen und den Schneeflocken des Glaubens parieren kann, die leider in der heißen Glut solcher Scharmützel allzu leicht schmelzen. Wie wenig konnte ich also erst gegen ein Wesen ausrichten, dessen Geist übernatürlich scharf war, das über eine zweitausendjährige Erfahrung verfügte und um alle Geheimnisse der Natur wußte! Ich hatte das Gefühl, daß eher sie mich bekehren würde als ich sie, und so hielt ich es für das beste, die Sache auf sich beruhen zu lassen und zu schweigen. Wie oft habe ich seither bitter bedauert, daß ich dies tat, denn ich versäumte so die einzige sich mir bietende Gelegenheit, Ayeshas wahren Glauben und ihre ›Philosophie‹ kennenzulernen.
    »So, mein Holly«, fuhr sie fort, »mein Volk hat also auch einen Propheten gefunden, einen falschen Propheten, wie du sagst, denn er ist nicht der deine, und in der Tat, ich bezweifle es nicht. Doch zu meiner Zeit war es anders, damals hatten wir Araber viele Götter. Da gab es Allât und Saba, den Herrn des Himmels, Al Uzza und Manah, den Steinernen, für den das Opferblut floß; und Wadd und Sawâ und Jaghûth, den Löwen der Bewohner von Jemen; Yäûk, das Pferd von Morath, und Nasr, den Adler von Hamyar und viele andere. Oh, überall diese Torheit, diese Schande und jämmerliche Torheit! Doch als die Weisheit in mir wuchs und ich von ihr sprach, da wollten sie mich im Namen ihrer erzürnten

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