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Der Tote vom Strand - Roman

Der Tote vom Strand - Roman

Titel: Der Tote vom Strand - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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    21. Juli 1983
     
    Winnie Maas musste sterben, weil sie ihre Pläne geändert hatte.
    Später meldeten sich auch Stimmen zu Wort, die behaupteten, sie habe sterben müssen, weil sie schön und dumm gewesen sei. Was anerkanntermaßen eine riskante Kombination ist.
    Oder weil sie zu gutgläubig war und sich den falschen Menschen anvertraute.
    Oder weil ihr Vater ein Mistkerl war, der die Familie bereits im Stich gelassen hatte, als Winnie noch ein Wickelkind war.
    Es war auch die Ansicht zu hören, Winnie Maas habe ein wenig zu kurze Kleider und ein wenig zu enge Blusen getragen und sei deshalb im Grunde an allem selber schuld.
    Keine dieser Erklärungen ließ sich wohl ganz und gar von der Hand weisen, aber der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, war doch dieser: dass sie ihre Pläne geändert hatte.
    In der Sekunde, bevor sie auf den Boden auftraf und die erbarmungslose Stahlschiene ihren Schädel zerteilte, ging ihr das sogar selber auf.
     
    Sie wischte sich ein wenig überflüssigen Lippenstift ab und betrachtete ihr Spiegelbild. Riss die Augen auf und spielte mit dem Gedanken, etwas mehr Kajal aufzutragen. Es war so anstrengend, die ganze Zeit die Augen aufzureißen. Viel einfacher wäre es doch, unten mehr Farbe zu haben. Das hatte den gleichen Effekt. Sie zog mit dem Stift eine dünne Linie, beugte sich zum Spiegel vor und überprüfte das Ergebnis.

    Klasse, dachte sie und richtete ihre Aufmerksamkeit dann auf ihren Mund. Zeigte die Zähne. Die waren ebenmäßig und weiß, und das Zahnfleisch saß zum Glück ziemlich hoch — nicht wie bei Lisa Paaske, die mit ihren schräg stehenden grünen Augen und ihren hohen Wangenknochen zwar sehr gut aussah, ansonsten aber immer ein ernstes Gesicht machen musste oder höchstens ganz leicht und rätselhaft lachen durfte. Eben, weil ihr Zahnfleisch so weit nach unten reichte. Igitt, dachte Winnie Maas. Wirklich ungeil.
    Sie schaute auf die Uhr. Viertel vor neun. Höchste Zeit, sich auf den Weg zu machen. Sie stand auf, öffnete ihre Kleiderschranktür und musterte sich von oben bis unten. Testete einige Posen aus und schob mal die Brüste und mal den Unterleib vor. Es sah gut aus, oben wie unten. Sie hatte eben erst vier Haare ausgezupft, die sich in gefährlicher Nähe der Bikinizone breit gemacht hatten. Helle Haare zwar, aber trotzdem.
    Perfekt, hatte Jürgen gesagt. Verdammt, du besitzt einen perfekten Körper, Winnie.
    Umwerfend, das war Janos’ Meinung gewesen. Du bist einfach umwerfend, Winnie, ich krieg schon einen Ständer, wenn ich nur an deinem Haus vorbeigehe.
    Sie lächelte, als sie an Janos dachte. Von allen, mit denen sie zusammen gewesen war, war Janos sicher der Beste gewesen. Er hatte alles genau richtig gemacht. Hatte Gefühl und Zärtlichkeit gezeigt, auf diese Weise, von der so oft in »Flash« und »Girl-Zone« die Rede war.
    Janos. Ja, eigentlich war es schon ein bisschen traurig, dass sie nicht mit Janos zusammengeblieben war.
    Aber egal, dachte sie und schlug sich auf die Hinterbacken. Bringt nichts, über vergossene Milch zu jammern. Sie fischte einen String-Tanga aus der Schublade, konnte aber keinen sauberen BH finden und verzichtete deshalb darauf. Sie brauchte ja auch keinen. Ihre Brüste waren ziemlich klein und straff genug, um sich aus eigener Kraft oben zu halten. Wenn sie an ihrem Körper überhaupt etwas auszusetzen hatte, dann
hätte sie sich größere Brüste gewünscht. Nicht viel größer, nur eine Spur. Dick hatte zwar behauptet, sie habe die tollsten Titten der Welt, und er hatte so energisch daran gelutscht und herumgespielt, dass es noch Tage später wehgetan hatte — aber ein paar Gramm mehr hätten eben doch nicht geschadet.
    Aber das kommt schon noch, dachte sie. Zog das T-Shirt über den Kopf und zwängte sich in den engen Rock. Ja, bald würden die Gramme gleich dutzendweise angetanzt kommen, das war nur noch eine Frage der Zeit. Falls sie nicht ...
    Falls sie nicht.
    Verdammt, dachte sie und nahm sich eine Zigarette. Ich bin doch erst sechzehn. Mama war damals siebzehn, und was ist aus der bloß geworden!
    Sie warf einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel, leckte sich vorsichtig die Lippen und ging los.
     
    Halb zehn, Frieders Pier, hatte er gesagt. Er kam mit dem Zug um halb neun und wollte zuerst zum Duschen nach Hause. Wogegen sie natürlich nichts hatte, sie mochte Typen, die sich sauber hielten. Saubere Haare und kein Dreck unter den Nägeln, das brachte es einfach. Und sie trafen sich zum

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