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Sie bauten eine Kathedrale

Sie bauten eine Kathedrale

Titel: Sie bauten eine Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Macaulay
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im
Jahr 1330 konnte schließlich das Hauptschiff vollendet werden.

     
     
     
    In der Gießerei von Chutreaux wurden
vier große Glocken gegossen. Zunächst stellte man ein Modell aus Ton und Gips
her, das mit einem Wachsmantel von der Stärke der zukünftigen Glocke umgeben
wurde. In das Wachs hinein schnitt man Verzierungen, wie sie das Äußere der
Glocke schmücken sollten. Bevor das Modell einen Überzug aus Ton und Gips
erhielt, wurden Bronzezapfen durch das Wachs hindurch in den Kern gesteckt.
    Beim Erhitzen des Gebildes lief das
schmelzende Wachs aus, und ein Hohlraum blieb zurück zwischen der äußeren
Schale und dem Kern. Die Form, durch die Bronzezapfen zusammengehalten, wurde
nun in Sand gebettet und der Hohlraum mit flüssiger Bronze ausgegossen. Nach
dem Abkühlen zerstörte man die Gipsform und schlug die kleinen Metallreste weg.
Jetzt konnte die fertige Glocke in den Glockenturm hinaufgebracht werden.

     
    Für die Fensterrose an der Fassade der
Kathedrale wurden die steinernen Mittelpfosten den Plänen entsprechend
gemeißelt. Gewölbesteine für die Giebelbogen der drei Eingangsportale waren in
Arbeit, und für jedes Portal entstand ein halbkreisförmiges Skulpturenfeld, das
Tympanon.

     
    Im Jahr 1331 hatten Zimmerleute und
Dachdecker ihre Arbeit am Vierungsturm beendet. Er erhob sich über dem
Schnittpunkt von Hauptschiff und Querschiff und bestand aus einem
Holzrahmenunterbau, der mit Bleiplatten gedeckt war. Skulpturen und reiches
ornamentales Schmuckwerk verzierten ihn.
     

     
    In der Zimmermannswerkstatt wurden
jetzt die Türen gezimmert. Allein die Mitteltür hatte eine Höhe von beinahe
fünfundzwanzig Fuß. Sie war aus mächtigen, durch Querrippen miteinander
verbundenen Holzplanken gemacht. Ein Schmied stellte den Nagelbeschlag für die
Türen her, und ein Kunstschlosser fertigte Riegel, Schlösser und Scharniere an.
     
     
    Im Jahr 1332 wurden die Arbeiten an der
Westfassade, der Eingangsseite der Kathedrale, vorangetrieben. Den Bau der
Türme beaufsichtigte Meister Etienne von Gaston. Er hatte die Nachfolge von
Robert von Cormont angetreten, der 1329 beim Sturz von einem Gewölbegerüst ums
Leben gekommen war.
     

     
    Im Nordturm baute man ein stabiles
Holzgerüst auf, wodurch die Glocken vorsichtig hochgezogen und dann im
Glockenstuhl aufgehängt werden konnten. Vier Seile hingen von den Glocken
herab. Wenn man an ihnen zog, schwangen die Glocken hin und her, und die
Klöppel schlugen an. Das Geläut war meilenweit zu hören.

     
     
    Die Maurer setzten die einzelnen Teile
der Fensterrose zusammen und befestigten die Tympana und Gewölbesteine über den
Portalen. Dann kamen die Glaser und füllten das Innere der Fensterrose, deren
Durchmesser zweiunddreißig Fuß betrug, mit Hunderten von farbigen Glastafeln.

     
    Im Hochsommer des Jahres 1338 wurden
die letzten Skulpturen in ihre Nischen gestellt. Die Kathedrale war vollendet.
Am neunzehnten August führten der Bischof Roland und das Domkapitel eine große
Prozession an, die sich durch die engen Straßen von Chutreaux bewegte. Die
gesamte Bevölkerung der Stadt schloß sich an. Mit Gebet und Gesang zogen sie
zum Dankgottesdienst in die neue Kathedrale ein.
     

     

Riesige farbige Banner hingen vom
Triforium herab, und an allen Pfeilern brannten die Kerzen. Als der Chor zu
singen begann, füllte sich der Raum mit wundervollen Klängen, und Ehrfurcht und
große Freude ergriff die Menschen. Die meisten waren Enkel der Männer, die den
Grundstein gelegt hatten.
    Sechsundachtzig Jahre lang hatten die
Stadtbewohner dieses gemeinsame Ziel vor Augen gehabt, und nun war es erreicht.
     
    Die Menschen von Chutreaux hatten die
höchste und die schönste, die längste und die breiteste Kathedrale in ganz
Frankreich erbaut.
     

Glossar
     
     
    APSIS
    Halbrunder oder polygonaler
Raumabschluß, meist an der Ostseite der Kirche gelegen und Teil des Chores.
     
    CHOR
    Raum, in dem der Hochaltar steht und
der sich meist östlich an das Querschiff anschließt. Er war der Geistlichkeit
Vorbehalten. Manchmal liegt er mehrere Stufen über dem Niveau der übrigen
Kirche.
     
    GEWÖLBE
    Bogenförmig gekrümmte Konstruktion der
Raumdecke, aus Natur- oder Backsteinen gemauert.
     
    GOTISCHE ARCHITEKTUR
    Baustil, der um 1150 in Nordfrankreich
entsteht und sich bis zum 15. Jahrhundert über ganz Europa verbreitet. Das
feste Mauerwerk wird durch Spitzbogenarkaden, Emporen, Triforien und durch
große, mit farbigem Glas gefüllte Maßwerkfenster

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