Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sie haben sich aber gut gehalten!

Sie haben sich aber gut gehalten!

Titel: Sie haben sich aber gut gehalten! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilli Beck
Vom Netzwerk:
Wohnzimmer.
    Eilig stolpere ich hinterher und stottere: «Nein, nein, es ist nur …»
    «Da sitzt ja tatsächlich ein
Mann
!» Er hält abrupt an, als er durch das Fenster sieht und John auf der Terrasse erblickt.
    «Das ist kein Männerbesuch, sondern der Immobilienmakler», erkläre ich bemüht gelassen. «Volker hat ihn engagiert, um einen Käufer für das Haus zu finden. Zufälligerweise ist er ein Bekannter aus der Schulzeit, John Ansbach.»
    «Ansbach?» Papas Augen verengen sich. Gebannt sieht er aus dem Fenster, dann zu mir und wieder zu John. Sein Kopf geht hin und her wie bei einem Tennismatch. Schließlich dämmert es ihm.
    «Etwa
der
Ansbach?» Mein Vater klingt so entsetzt, als hätte er uns beide nackt in meinem Bett überrascht.
    «Du erinnerst dich an John?», frage ich im Plauderton. «Er war mit mir in der Abiturklasse.»
    «Natürlich», schnappt er mürrisch zurück. «Ich leide ja nicht an Alzheimer. Das ist doch dieser … dieser Tunichtgut, der zum Film wollte. Dieser Mädchenverführer. Hab ich dir den Umgang mit ihm nicht verboten?»
    «Also bitte, Papa, das soll wohl ein Scherz sein. Das ist fast dreißig Jahre her!» Mit einem Mal packt er mich am Arm und zieht mich in die Küche, wo uns John weder sehen noch hören kann. Dann stemmt er die Hände in die Hüften und holt zu einer Gardinenpredigt aus. «Diese Filmheinis sind doch alle drogenabhängig. Und sie treiben es mit fünf Frauen gleichzeitig. Ich kenn mich aus in der Branche.»
    «Nun mach mal halblang. Wie ich bereits gesagt habe: John ist der Makler, den Volker geschickt hat.» Um keinen Streit zu provozieren, bemühe ich mich um einen ruhigen Tonfall. «Dein Exschwiegersohn weiß nicht mal, dass ich John aus der Schulzeit kenne. Und John wiederum wusste nicht, dass ich mit seinem Zahnarzt verheiratet war. Dergleichen Zufälle gibt es nun mal, auch wenn dir das nicht passt. Im Übrigen war ich vorhin genauso überrascht wie du jetzt, als John vor der Tür stand.»
    Meinem Vater scheinen alle Erklärungen gleichgültig zu sein. «Zufall oder nicht. Der Mann ist ein gefährliches, hinterhältiges Schlitzohr, Rosemarie! Ein selbstgefälliger Aufschneider! Mit dem ist nicht gut Kirschen essen.»
    Genau diese Worte hat er auch schon damals benutzt, als John mir das Herz brach. Aber das ist, wie gesagt, fast dreißig Jahre her!
    «Wieso regst du dich eigentlich so auf?» Herausfordernd hebe ich den Kopf. «Ich will ihn ja nicht heiraten. Er soll nur das Anwesen verkaufen. Wo liegt denn da das Problem?»
    Nachdenklich verzieht mein Vater den Mund, wie er es immer tut, wenn ihm etwas nicht passt.
    «Also», sage ich versöhnlich und schiebe ihn aus der Küche. «Ich mache uns jetzt etwas zu trinken, und du wirst dich benehmen und John als den Makler begrüßen, der unser Haus an den Käufer bringen wird.»
    Eine unschöne Szene zwischen John und meinem Vater hat mir gerade noch gefehlt. Für heute ist mein Bedarf an Aufregung bereits gedeckt.
    Mit einem unwirschen Schnaufen marschiert mein Vater los.
    Ich stelle die Plastiktüte mit der Schmutzwäsche ab, lege die Spülmaschinendichtung auf die Arbeitsplatte und atme einige Male tief durch. Ich spüre die nervliche Anspannung und brauche dringend was Starkes zur Beruhigung.
    Doch das Stärkste, was ich im Kühlschrank finde, ist eine Flasche Prosecco. Das geht zur Not auch.
    Zusammen mit dem Saft von drei Orangen und einem Rest Kirschsaft mixe ich drei harmlose Cocktails, stelle die Gläser auf ein Tablett und begebe mich an die «Front».
    Bereits durch das Wohnzimmerfenster sehe ich, wie sich John und Papa am Tisch gegenübersitzen, aneinander vorbei ins Leere starren und sich anschweigen. Na, das kann ja heiter werden.
    «Ah, da bist du ja endlich», empfängt mich mein Vater mürrisch, als ich die Terrasse betrete.
    Was heißt hier
endlich
? Ich bin doch keine Biergarten-Bedienung! Doch um des Friedens willen unterlasse ich jeglichen Kommentar, lächele verbindlich und verteile stattdessen die Getränke. «Fruchtsaft mit einem Schuss Prosecco.»
    John greift beherzt zu. «Danke, Rosy, das schmeckt bestimmt lecker.»
    «Also, auf einen schnellen und lukrativen Verkauf», brummt mein Vater, nachdem ich ihn mahnend angesehen habe, und erhebt sein Glas. Es klingt aber beinahe ein wenig drohend. «Wie kamen Sie eigentlich zu dieser Immobiliensache, Herr Ansbach?»
    Auch wenn ich genau weiß, dass mein Vater ihn jetzt ins Kreuzverhör nimmt, ist das eine gute Frage. Auf die Antwort bin

Weitere Kostenlose Bücher