Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)
(Säfte zuerst wegen des Verfallsdatums) pro Person und Tag
• drei oder vier Snackriegel pro Person und Tag
• zwei Kekse für jeden, zu verzehren nach Ermessen des Besitzers
Das ist wirklich nicht üppig, aber es ist das Beste, was wir hinkriegen können. Es gibt noch ein paar Päckchen Beef Jerky im Kühlschrank und auch ein altes, klebrig eingewickeltes Muffin unbekannter Herkunft, das zu essen bisher niemand tapfer genug (oder blöd genug) war.
Nachdem wir die Zuteilung vorgenommen hatten, ließen wir uns zum Essen nieder. Ted und ich hielten weitgehend den Mund. Janette wirkt dieser Tage extrem zerbrechlich. Sie konnte noch nie gut mit blutrünstigen Ereignissen umgehen, weder in Büchern noch in Filmen, also ersparten wir ihr lieber die Details unserer Expedition. Der arme Phil aß in seinem Büro, immer noch auf dem Boden zusammengerollt wie ein Kind, das still eine Auszeit durchsteht. Er murmelte ein leises Danke, als ich ihm eine Tüte Doritos und eine Limonade brachte.
Der Rest von uns aß am Tisch unter dem fahlen, leicht flackernden Schein der Notbeleuchtung. Knuspernd und kauend rang jeder von uns mit seinen eigenen verwickelten Gedanken. Matt war viel freundlicher geworden. Ich hatte den Eindruck, dass er es bedauerte, anfangs so heftig gegen die Mission vorgegangen zu sein, weshalb er nun so etwas wie Begeisterung zu zeigen versuchte, jedenfalls soweit sein hängendes Basset-Gesicht das vermochte.
Es war wohl irgendwann kurz nach dem Essen, als mir etwas Seltsames auf dem Fußboden auffiel. Es klemmte halb unter dem Tresen gegenüber der Tür. Im ersten Moment dachte ich, es könnte ein Bündel Zeitungen sein oder ein Stapel uralter Motivations-Pamphlete, vor langer Zeit dort fallen gelassen und seitdem völlig vergessen. Ich wartete, bis die anderen vom Tisch aufstanden und sich in verschiedene Ecken des Raumes verdrückten. Hollianted suchten immer etwas Abstand, damit sie in Ruhe fummeln und schmusen konnten. Janette und Matt eröffneten mit einem alten Kartendeck, das sie gefunden hatten, eine Runde Poker. Matt hatte sein eines Hemd jetzt offiziell abgeschrieben, denn es war über und über voll Dreck und Zombieschleim. Ich tat so, als würde ich es versehentlich auf den Boden stoßen, und beugte mich runter, um es wieder aufzuheben. Dabei packte ich rasch das Ding unter dem Tresen und stopfte es in meine Jeans. Matt sah zufällig herüber, als ich das Hemd gerade wieder auf den Tresen drapierte, und starrte mich an, als wäre ich eine Fliege, die er gerade über seinem Kopf bemerkt hatte. Ich murmelte so etwas wie: »’tschuldige, bin ungeschickt.«
Matt richtete seine Aufmerksamkeit und seinen siedenden Todesblick wieder auf das Kartenspiel, und ich schnappte mir mein Laptop und schlurfte in den Tresorraum.
Und da sitze ich jetzt, mein Bildschirm direkt neben dem Überwachungsmonitor. Im Laden ist es inzwischen deutlich ruhiger geworden. Was für ein Chaos Ted und ich auch immer aufgewühlt haben, es hat sich inzwischen wieder gesetzt, und immer weniger schwankende Gestalten drücken sich vor den Kameras herum.
Ich bin ohnehin zu abgelenkt, um ihnen viel Aufmerksamkeit zu schenken – denn was habe ich soeben aus meiner Jeans zutage gefördert? Ein Buch. Wie durch ein Wunder hat es doch noch seinen Weg in den Pausenraum gefunden. Es muss wohl bei der Rangelei an der Tür hineingeschleudert worden sein. Vielleicht habe ich es fallen gelassen, kurz bevor Matt uns endlich hereinließ, und es dann irgendwie fertiggebracht, es unbemerkt nach drinnen zu kicken. Das verdammte Ding hat es tatsächlich geschafft, der einsame Überlebende, der verschollene Schiffbrüchige. Das allein erscheint für sich betrachtet vielleicht noch nicht besonders aufregend oder bemerkenswert, aber als ich das Buch im Tresorraum hervorholte und sah, was es war, konnte ich es schier nicht fassen. Das Erwachen – das Lieblingsbuch meiner Mutter.
Begeisterung … Freude … vollständige Ungläubigkeit. Hier kommt der nackte Wahnsinn auf Schienen und fährt in die Station ein. Tut, tuut!
Ich glaube nicht an eine höhere Macht und habe es nie getan. Aber ich muss doch zugeben, dass ich für eine kurze, aufblitzende Sekunde die Gegenwart oder gar das Eingreifen von etwas Übernatürlichem zu spüren meinte. Es war einfach ein zu grandioser Zufall, zu vollkommen, um wahr zu sein. Ich setzte mich hin, das Buch auf meinen Handflächen, und starrte den Umschlag an, als wäre er eine Opfergabe, eine Schale gesegneten
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