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Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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mochten, mit absoluter Rekordgeschwindigkeit und in völliger Auflösung.
    Unsere Amahagger verfolgten sie eine Weile, wurden jedoch bald von den Fliehenden hinter sich gelassen. Also begnügten sie sich damit, alle Verwundeten zu töten, derer sie habhaft werden konnten und kehrten zurück. Ich war nicht mit ihnen gegangen; nachdem die Schlacht gewonnen worden war, wusch ich mir metaphorisch die Hände und schickte sie im Geiste an jenen Ort, wo Menschen hingehören, von denen man zu Recht behaupten kann, daß Manieren bei ihnen nicht vorhanden sind und ihre Sitten, schlicht gesagt, bestialisch. Außerdem waren diese Nachtfledermäuse zwar aggressiv und grausam, doch keine wirklichen Kämpfer, und ich hatte nicht den Wunsch, mit solchen ihrer Art noch einmal zu schaffen zu haben.
    Darüber hinaus hatte ich Wichtigeres zu tun. Zweck dieses Unternehmens, zumindest für mich, war die Befreiung der armen Inez, denn allein ihretwegen hatte ich mich dazu bereitgefunden, diese Amahagger gegen ihre menschenfressenden Brüder, diese Rezu-Jünger, zu führen.
    Aber wo war Inez? Wenn Hans den Medizinmann recht verstanden hatte, befand sie sich in der Hütte, oder hatte sich zumindest dort befunden, und ich hoffte von ganzem Herzen, daß sie sich noch immer dort befand, da sonst die Jagd weitergeführt werden mußte. Doch das war ja leicht festzustellen. Ich rief nach Hans, der sich damit amüsierte, Weitschüsse hinter den fliehenden Feinden herzujagen, damit sie ihn nicht vergäßen, wie er sagte, und nach den Zulus, und wir gingen den Hang hinauf zu der Hütte, oder besser gesagt Schuppen, denn diese Konstruktion aus Ästen war gut zwanzig Fuß lang und zwölf oder fünfzehn Fuß breit.
    An ihrem östlichen Ende befand sich eine Zugangsöffnung, die mit einem schweren Vorhang verschlossen war. Hier blieb ich eine Weile stehen, innerlich zitternd, und lauschte, denn, um ehrlich zu sein, ich fürchtete mich davor, diesen Vorhang beiseitezuziehen, aus Angst vor dem, was ich dahinter entdecken mochte. Schließlich raffte ich all meinen Mut zusammen, riß ihn zur Seite und blickte, meinen Revolver in der Hand, hinein. Im ersten Moment konnte ich wegen des hellen Lichts draußen – die Sonne stand inzwischen ziemlich hoch – nichts erkennen, da die grünen Äste und Zweige sehr dicht miteinander verwoben waren. Doch als meine Augen sich an das Halbdunkel gewöhnt hatten, sah ich etwas Schimmerndes auf einem Thron am anderen Ende der Hütte, vor dem sechs Frauen in weißen Roben auf dem Boden knieten, die Ketten um den Hals trugen, und an deren Gürteln lange Messer hingen. Zwischen diesen Frauen und dem Thron lag ein toter Mann auf dem Boden, ein Priester irgendeiner Art, wie ich aus seiner Kleidung zu entnehmen glaubte, der noch immer einen langen Speer in der Hand hielt. So reglos war die Gestalt, die auf dem Thron saß, und auch die davor knienden Frauen, daß ich anfangs dachte, auch sie seien tot.
    »Lady Traurige Augen, Baas«, flüsterte Hans, »und ihre Brautjungfern. Zweifellos ist der alte Prediger hergekommen, um sie zu töten, als er sah, daß die Schlacht verloren war, und die Brautjungfern haben ihn mit ihren Messern erstochen, bevor er es tun konnte.«
    Hier sollte ich gleich feststellen, daß Hans' Vermutung sich als richtig herausstellte, was zeigt, wie rasch und logisch sein Gehirn arbeitete. Die Gestalt auf dem Thron war Inez; der Priester war in Wut und Enttäuschung hereingekommen, um sie zu töten, doch die Brautjungfern hatten ihn mit ihren Messern getötet, bevor er seine Absicht ausführen konnte.
    Ich befahl den Zulus, den Vorhang herabzureißen und einige der Äste am Ende der Hütte herauszuziehen, damit mehr Licht hereinfiel. Dann schritten wir auf die Frauen zu, wobei wir unsere Pistolen und Speere in Bereitschaft hielten. Die knienden Frauen wandten ihre Köpfe uns zu und blickten uns an, und ich sah, daß sie alle jung und auf ihre Art hübsch waren, wenngleich ihre Gesichter einen finsteren Ausdruck zeigten. Ich sah auch, daß ihre Hände sofort nach ihren Messern fuhren. Ich rief ihnen zu, die Messer stecken zu lassen und zu uns zu kommen, und daß sie nichts zu befürchten hätten, wenn sie es täten. Doch wenn sie meine Worte verstanden haben sollten, sie befolgten sie nicht.
    Im Gegenteil. Während Hans und ich unsere Revolver auf sie gerichtet hielten, da wir befürchteten, daß sie die Frau auf dem Thron, die wir für Inez hielten, erstechen könnten, verneigten sie sich auf ein Wort, das

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