Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sieben Siegel 02 - Der schwarze Storch

Sieben Siegel 02 - Der schwarze Storch

Titel: Sieben Siegel 02 - Der schwarze Storch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
oben im Treppenhaus, ertönte das Kratzen der Vogelkrallen auf Parkettboden.
    Kyra und Chris folgten den Geschwistern in die ausgestorbene Großküche des Hotels. Der Raum war mit weißen Kacheln ausgekleidet. Auf Kyra wirkte er wie die Kellergeschosse der Polizeistationen im Fernsehen, jene Orte, an denen Männer in weißen Kitteln die Leichen der Ermordeten aufschneiden und dabei immer ihre Pausenbrote essen.
    Die Metalloberflächen der Tische und Anrichten schimmerten silbrig. Von Abzugshauben und Regalen baumelten zahllose Töpfe, Kellen und Löffel. Als die Kinder die Tür aufrissen, brachte der Luftzug die Geräte zum Schaukeln. Einige schlugen gegeneinander und verursachten Geräusche wie ein Windglockenspiel, leises Stahlgeflüster.
    Der Dämon tobte hinter ihnen durch den Korridor, keine zwanzig Meter mehr entfernt. Und er kam näher, immer näher.
    »Los, schneller, schneller!«, feuerte Nils die anderen an und rannte voraus.
    Die drei Kühlräume lagen nebeneinander, drei große Eisentüren, die mit Hilfe großer Räder wie U-Boot-Luken geöffnet und geschlossen wurden.
    »Welche sind abgeschaltet?«, fragte Lisa mit Panik in der Stimme.
    Nils zögerte. »Ich weiß nicht …«
    Allen war klar, dass keine Zeit blieb, jede der drei Türen auszuprobieren. Sie mussten sich für eine entscheiden, auf der Stelle, und hinter ihr würden sie sich verkriechen müssen, selbst wenn dort zehn Grad unter Null herrschten.
    Nils stand immer noch unentschlossen da und starrte die drei Türen an.
    Der Dämon konnte jeden Moment die Küche erreichen.
    Kyra drängte Nils beiseite und machte sich am erstbesten Türrad zu schaffen. Das Stahltor schwang nach innen.
    »Alle rein! Beeilt euch!«
    Es war kalt in dem Raum, aber seine Regale standen leer. Als Kyra die Tür hinter ihnen zuwarf und am Rad drehte, spürte sie erleichtert, dass die Kälte hier drinnen nicht künstlich erzeugt wurde. Ja, es war kühl, aber nur, weil es hier keine Heizung gab. Die Temperatur lag über dem Gefrierpunkt.
    Ein hohes, geisterhaftes Kreischen ertönte, fast bis zur Unhörbarkeit gedämpft durch das Stahlschott. Die Tür erbebte unter mehreren heftigen Anstürmen der Kreatur, bis das Wesen endlich einsah, dass es so nicht an die Kinder herankam.
    »Was, wenn das Mistvieh durch Türen gehen kann?«, fragte Lisa sehr leise. »Oder durch Wände?«
    Kyra erschrak. Wenn sie ehrlich war, hatte sie daran bislang keinen einzigen Gedanken verschwendet. Sie sah Chris und Nils an, dass es ihnen genauso ging. Die beiden Jungs blickten äußerst unglücklich drein.
    »Wenn der Dämon durch Wände gehen könnte«, sagte Kyra schließlich, »hätte er die Türen in den anderen Stockwerken nicht zerstören müssen.«
    »Unsere Eltern werden verdammt sauer sein«, prophezeite Nils.
    Chris grinste bitter. »Wenn du Glück hast, sind wir alle nicht mehr da, um es zu erleben.«
    »Witzig«, bemerkte Lisa böse.
    Nils überlegte bereits weiter. »Was, wenn er einfach nur Spaß an der Zerstörung hat? Vielleicht steht er gerade da draußen und versucht irgendwelchen magischen Firlefanz – und, schwupps!, geht die Tür von selbst auf!«
    »Vielen Dank«, schnappte Lisa. »Wirklich vielen, vielen Dank.«
    »Hört auf herumzuspinnen«, sagte Kyra gereizt. »Das hilft uns auch nicht weiter. Erst mal müssen wir sehen, dass wir irgendwie wieder hier rauskommen.«
    Nils schnaubte. »Wir könnten das Vieh höflich darum bitten.«
    »Wir könnten es bitten, sich mit einem von uns zufrieden zu geben«, entgegnete Chris und funkelte Nils gereizt an.
    »Im Ernst«, sagte Kyra, »ich glaube, ich hab eine Idee.«
    »Und die wäre?«
    Kyra strich sich nervös rote Strähnen aus der Stirn. »Überlegt doch mal. Warum ist der Dämon überhaupt hier aufgetaucht?«
    »Die Sieben Siegel haben ihn angelockt«, meinte Lisa, »das ist doch klar.«
    »Haben sie das? Bist du dir da ganz sicher?«
    Chris runzelte die Stirn. »Wie meinst du das?«
    Ein Lächeln huschte über Kyras Züge. »Etwas an dieser ganzen Sache passt nicht zusammen.«
    »Und das wäre?«
    »Na ja, wenn der Dämon allein hier wäre, hätte ich auch keine Zweifel, dass er es nur wegen der Siegel auf uns abgesehen hat. Aber was ist mit den Geistern, die Lisa heute Nacht gesehen hat? Sie hat gesagt, sie hätten sie nicht einmal wahrgenommen. Das stimmt doch, oder?«
    Lisa nickte. »Stimmt. Abgesehen von den Butlern, die mir die Tür geöffnet haben.«
    Kyra ließ sich davon nicht beirren. »Vielleicht sahen sie einen der

Weitere Kostenlose Bücher